In der Koalition ist derweil wieder Friede eingekehrt.

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Wien – Zwischen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und seinem blauen Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat wieder Harmonie Einzug gehalten. Denn die FPÖ will allen Verbindungen und Naheverhältnissen zur Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) künftig entsagen. In manchen politischen Büros hatte dies sofort Konsequenzen. In anderen schweigt man vorerst oder relativiert Kontakte zwischen Mitarbeitern und Identitären.

Schweigen im Sportministerium

Nachdem DER STANDARD darüber berichtet hatte, dass ausgerechnet im Sportministerium von Vizekanzler Strache ein junger Mann arbeitet, der bei mehreren Gelegenheiten im Umkreis des Führungskaders der Identitären Bewegung in Wiens aufgetaucht war, räumte man im Kabinett des Sportministers zwar ein, dass der Mann in der Vergangenheit an Demos der Identitären teilgenommen hatte, stritt aber eine engere Verbindung ab.

Der junge Mann ist innerhalb des Sportministeriums in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit tätig. Auf die Frage, ob dieses Dienstverhältnis auch künftig aufrecht bleiben soll, erhielt DER STANDARD auf Nachfrage am Montag keine Antwort der insgesamt drei Pressesprecher und einer Pressesprecherin, die für das Ministerium und Strache zuständig sind.

Sozialministerium: Referent distanziert sich

Der persönliche Referent von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, Dominic Keuschnig, hat für sein Alter bereits eine beachtliche Karriere innerhalb der Partei gemacht: Der 22-jährige Kärntner ist im Vorstand des Rings Freiheitlicher Jugend, stellvertretender FPÖ-Bezirksobmann von Klagenfurt-Land und FPÖ-Parteichef in seiner Heimatgemeinde Ferlach. Keuschnig streitet jegliche Verbindungen zur IBÖ ab, im Kabinett scheint man ihm zu glauben. Allerdings ist er auf einem Foto beim gemeinsamen Bier mit dem bekannten Identitären Mario S. zu sehen. Zudem machte die Kärntner "Kleine Zeitung" am Wochenende publik, dass S. ausgerechnet in Ferlach als Wahlbeisitzer für die FPÖ fungierte.

Nachdenken und Kündigung in Linz

Nachdem der oberösterreichische FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner seinen politischen Referenten Jan Ackermeier und Ulrich Püschel aus dem Büro des Linzer Vizebürgermeisters Markus Hein (FPÖ) am Wochenende aufgefordert hat, über ihre Anteile beim rechtsextremen Magazin "Info Direkt" nachzudenken, tun dies beide intensiv. Ackermeier meinte auf STANDARD-Nachfrage, er könne dazu derzeit nichts sagen, "da es sich um laufende Geschäfte handelt, es wird aber im Laufe der Woche zu einer Entscheidung kommen".

In der Linzer Villa Hagen gab es Konsequenzen: Ein FPÖ-naher Verein ist nicht mehr Vermieter der Identitären. Der Vertrag wurde am Donnerstag gelöst, so das Büro Haimbuchner.

Verteidigungsminister zog im Bundesheer die Reißleine

Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) musste nach Bekanntwerden der Spende des mutmaßlichen Attentäters von Christchurch an die IBÖ im Heer die Reißleine ziehen. Wie DER STANDARD enthüllte, hatte das Heer für einige Wochen den Umgang mit Identitären und deren Sympathisanten gelockert. Nach Aufregung, auch seitens der Opposition, gab Kunasek bekannt, dass die alte Regelung, wonach besagte Personen automatisch mit einem Sperrvermerk oder der Entorderung zu versehen sind, wieder gelte. Auch in der "Kronen Zeitung" fand Kunasek plötzlich klare Worte: Wer sich mit der IBÖ "auch nur solidarisiert, hat in der FPÖ nichts zu suchen. Das ist parteischädigendes Verhalten und hat den Ausschluss zur Folge."

Grazer FPÖ geht nun doch auf Distanz

Noch am Donnerstag sah FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio keinen Grund, sich von der IBÖ zu distanzieren. In einem gemeinsamen Interview mit Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) in der Krone sagte Eustacchio, der selbst auf einer Identitären-Demo 2015 mitmarschiert war, nun, dass das Mietverhältnis zwischen FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl und der IBÖ aufgelöst werde. Auf Nachfrage im Gemeinderatsklub der FPÖ am Montag sei das auch sofort geschehen. Sickl, der mehrmals an IBÖ-Veranstaltungen teilgenommen hat, soll Gemeinderat bleiben. Auch ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl vollzog einen Schwenk: "Ein nur ansatzweises Sympathisieren" mit der IBÖ würde zur Auflösung der Koalition führen, so Nagl. (Colette M. Schmidt, 9.4.2019)