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Millionen Schweine werden in China gekeult, um die Ausbreitung der Schweinepest zu bremsen. Das lässt auch in Europa die Preise rasant steigen.

Reuters

Es ist des Österreichers liebstes Tier, zumindest auf dem Teller. Rund fünf Millionen Schweine werden hierzulande im Jahr zu Fleischwaren für Mensch, Hund und Katz' verarbeitet. Kaum ein anderes Land in Europa hat einen höheren Pro-Kopf-Verbrauch an Schnitzel, Braten und Ripperln. Supermärkten dienen sie mit Rabatten von 30 Prozent als Lockartikel. Systemgastronomen setzen sie als billige Massenware auf die Speisekarten. Nun aber dürfte mit Schnitzelfleisch für fünf Euro das Kilo vorerst einmal Schluss sein.

Europas Schweinemarkt erlebt derzeit eine starke Erschütterung – ein Beben, das mittlerweile auch in Österreich deutlich spürbar ist. Das Epizentrum liegt in China. Im Sommer 2018 erkrankten dort erste Tiere an Afrikanischer Schweinepest. Seither breitet sich das für Menschen ungefährliche, aber bei Schweinen kaum kontrollierbare und mit hohem Fieber einhergehende Virus rasant aus, vor allem in Regionen, die Schwergewichte in der Schweinemast sind.

Sog aus Asien

Derzeit werden in China Millionen Schweine radikal gekeult, oft unter Bedingungen, die nicht nur Tierschützer aufschreien lassen. In Alarmbereitschaft ist auch die gesamte internationale Fleischindustrie. Denn China saugt in Ermangelung eigener Zuchtsauen und Ferkel riesige Fleischmengen aus großen Exportnationen ab.

Vermehrt importiert wird nicht nur aus den umliegenden Ländern und Südamerika. Auch von Europa aus drehen sich die Ströme an Schweinernem gen China. In der Folge steigen die Preise international in einem Tempo, mit dem keiner in der Branche rechnete und das die üblichen Verteuerungen vor Ostern bei weitem sprengt.

Europas Fleischverarbeiter zahlen für den Rohstoff aktuell bereits um 30 Prozent mehr als noch vor zwei Wochen, sagt Karl Schmiedbauer, Obmann des Verbands der Fleischwarenindustrie und Chef von Wiesbauer, dem STANDARD. Ein Ende der Preishausse sei nicht absehbar – Fleisch werde auch für die Konsumenten teurer.

Die Verhandlungen der Industrie mit Lebensmittelhändlern starteten, betont Schmiedbauer. "Wir kalkulieren gerade." Er hält Preiserhöhungen von 60 bis 70 Cent fürs Kilo für realistisch.

"Eine Schande"

In Österreich erhalten Schweinebauern dafür nun um 30 Cent mehr als vor einem Monat, das ist ein Plus von 20 Prozent, resümiert Johann Schlederer, Geschäftsführer der Schweinebörse. Was Verarbeitern Kopfzerbrechen bereite, sei für sie eine dringende Notwendigkeit. Die Mäster hätten in den Jahren zuvor aufgrund des enormen Preisdrucks stark draufgezahlt. Es sei eine Schande, was Schweinefleisch im Handel bisher kostete, sagt Schlederer. "Es gibt keinen Puffer, keine Luft nach oben entlang der Wertschöpfungskette."

Vorerst sei mit ausufernder Aktionitis Schluss. "Statt fünf Euro wird Schnitzelfleisch künftig wohl sieben Euro das Kilo kosten."

Das ist so viel wie vor 40 Jahren, erinnert Franz Kirchweger, der im Mostviertel Schweine aufzieht. Er ist überzeugt, dass Landwirte reihenweise aus der Produktion aussteigen, wenn die Preise nicht anziehen. "Wir können kein Ferkel um 50 Euro und keine Mastsau um 100 Euro erzeugen."

Frittierte Ohren, fette Bäuche

Österreichs Betriebe verarbeiten jährlich 7,5 Millionen Schweine. 2,5 Millionen werden importiert, ebenso viele als Fleischware exportiert. Asien ist ein wachsender Abnehmer. Chinesen etwa geben für die hierzulande ungeliebten Schweinefüße gleich viel aus wie für ein Steak, erzählt Anka Lorencz, Chefin der Innung Lebensmittelgewerbe in der Wirtschaftskammer. Korea nehme in rauen Mengen fette Schweinebäuche ab. Und die elf Millionen Ohren, die Österreicher nach Fernost liefern könnten, wo sie zu Chips frittiert werden, gelten dort als Peanuts.

In den Niederlanden und Belgien stiegen die Preise durch den Sog Chinas infolge der Schweinepest noch extremer als in Österreich, berichtet Lorencz. Österreich reagiere stets zeitversetzt auf die deutsche Entwicklung, dort erlebe man gerade Erhöhungen von 30 Prozent.

Tierwohl führt Schattendasein

Debatten um Tierschutz führen im weltweiten Ringen um Marktanteile ein Schattendasein. Allein zwei Prozent der österreichischen Schweine werden nach Biorichtlinien gehalten – ein Niveau, an dem sich seit 20 Jahren nichts änderte, sagt Schlederer. "Das ist die Schizophrenie des Konsumenten. Vom Tiere gernhaben, aber dafür nichts bezahlen wollen haben die Bauern nichts." Er sei oft von Pontius zu Pilatus gerannt, um Garantien für Abnahmen und Preise für höhere Tierwohl-Standards zu bekommen. "Allein es gibt sie nicht." (Verena Kainrath, 11.4.2019)