Julian Assange wurde nach sieben Jahren Botschafts-Exil am Donnerstag verhaftet.

Foto: Lefteris Pitarakis

Die Liste seiner Gegner ist beachtlich. In den USA wurde sogar öffentlich darüber diskutiert, ob er nicht gezielt getötet werden sollte. "Ich würde den Hurensohn erschießen", meinte etwa ein Kommentator des erzkonservativen TV-Senders Fox News vor einigen Jahren. Mit der von ihm im Jahr 2006 gegründeten Enthüllungsplattform Wikileaks machte sich Julian Assange binnen weniger Jahre Geheimdienste, Militärs, Konzerne, Banken, Scientology, korrupte Beamte und Diktatoren zum Feind. Assange ist das Gesicht der Plattform, auf der brisante Geheimdokumente gesammelt und veröffentlicht werden. Dabei setzte Assange auch auf die Zusammenarbeit mit renommierten Medien wie der "New York Times".

Erstmals für weltweite Schlagzeilen sorgte Wikileaks im April 2010 mit der Veröffentlichung eines Videos der US-Streitkräfte, das zeigt, wie zehn irakische Männer aus einem Hubschrauber heraus erschossen wurden. Darunter ein Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters und sein Fahrer. Die Piloten hatten sie für Aufständische gehalten.

Das Wikileaks-Video "Collateral Murder" zeigt wie irakische Männer aus einem Hubschrauber heraus erschossen wurden.
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Danach folgten weitere Veröffentlichungen geheimer Informationen des US-Militärs, darunter nahezu 92.000 Dokumente über den Afghanistan-Krieg sowie fast 400.000 Militärakten zum Irak, in denen auch Gräueltaten dokumentiert sind.

Chelsea Manning in Haft

Im Herbst 2010 publizierte Wikileaks Depeschen US-amerikanischer Botschaften, in denen sich Einschätzungen des State Department und der CIA finden. Informationen, die den Arabischen Frühling befeuerten. Erstmals konnten etwa die Einwohner Tunesiens lesen, dass die USA vom damaligen Diktator Zine el-Abidine Ben Ali nicht mehr viel hielten. Für viele seiner Untertanen eine Motivation gegen ihn aufzustehen.

Einen Teil dieser Informationen lieferte Bradley (heute: Chelsea) Manning, der als IT-Experte bei den US-Streitkräften arbeitete. Die heute 31 Jahre alte Manning saß deswegen sieben Jahre lang in Militärhaft. Sie kam 2017 frei, nachdem Präsident Barack Obama sie begnadigt hatte. Ursprünglich war Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt worden. Derzeit sitzt sie wieder in Haft, da sie sich zuvor geweigert hatte, vor Gericht Fragen über Wikileaks zu beantworten.

Trump war entzückt

Zuletzt sorgten Assange und Wikileaks im US-Wahlkampf 2016 für Aufregung: Während der heißen Wahlkampfphase wurden vertrauliche E-Mails von Servern der Demokraten gestohlen und teils, offenbar gezielt, auf Wikileaks veröffentlicht.

Es war ein Störfeuer gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Die Server der Demokraten waren nach Erkenntnissen von Sicherheitsexperten von russischen Hackern geknackt worden. Der heutige US-Präsident Trump war von diesen Enthüllungen entzückt und nutzte den Inhalt mancher Mails für seinen Wahlkampf.

Rechercheplattformen

Vergleichbar große Leaks gab es in den vergangenen drei Jahren nicht, manche wurden von der Öffentlichkeit aber auch kaum mehr wahrgenommen. An die Stelle von Wikileaks sind mittlerweile journalistische Rechercheplattformen getreten.

Assange, der am 3. Juli 1971 in Australien auf die Welt kam, begeisterte sich schon früh für Computertechnik und das Hacken fremder Rechner. Mit 18 Jahren heiratete er und wurde Vater. Die Ehe ging bald in die Brüche.

Hilfe für Snowden

Der Wikileaks-Gründer ist umstritten. So gab es etwa Kritik an seinem autoritären Umgangsstil und auch wegen der Vorwürfe sexueller Vergehen, die in Schweden gegen ihn erhoben worden waren. Die Ermittlungen dort waren 2017 aus Mangel an Perspektiven zur Weiterverfolgung eingestellt worden. Andere verehren Assange allerdings wie einen Helden.

Edward Snowden über die Verhaftung von Julian Assange.

Seit 2012 lebte er in der Londoner Botschaft Ecuadors, in die er sich geflüchtet hatte, um einer Auslieferung zu entgehen. Während seines Asyls hatte er auch Besuch von Prominenten wie der Sängerin Lady Gaga und der Schauspielerin Pamela Anderson bekommen. Von der Botschaft aus half er, die Flucht des NSA-Whistleblowers Edward Snowden nach Moskau zu organisieren. (Markus Sulzbacher, 11.4.2019)