Einig in der Ablehnung der linken Politik ihres Nachfolgers Mitterlehner: Michael Spindelegger und Josef Pröll (bei der Übergabe der Parteiführung 2011).

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Wien – Die ÖVP um ihren Obmann Sebastian Kurz will zur kritischen Abrechnung von Ex-Parteichef Reinhold Mitterlehner offiziell nichts sagen. Stattdessen tauchten am Mittwoch Mitterlehners sonst in ihrer Kommentierung sehr zurückhaltende Vorgänger Michael Spindelegger und Josef Pröll auf, um den früheren Vizekanzler zu tadeln. In einer der APA übermittelten Stellungnahme erklärt Spindelegger, dass Mitterlehners Abgang keine Intrige, "sondern die Rettung der Volkspartei" gewesen sei.

Linksruck bei den Schwarzen

Pröll ging noch weiter ins Grundsätzliche und merkte an, dass die ÖVP mit Mitterlehner "immer mehr nach links gerückt" sei. "Die ÖVP hatte kein Profil mehr", meinte Pröll in seiner Stellungnahme. Zentraler Inhalt der großen Koalition sei nur noch die Verwaltung des Stillstandes gewesen.

Mit seiner linken Positionierung hätte Mitterlehner "niemals mehr eine Wahl gewonnen", meinte der Niederösterreicher, der zu seiner Zeit gute Umfragewerte, aber keine Wahlerfolge vorzuweisen hatte. Pröll war von 2008 bis 2011 ÖVP-Obmann, er verließ den Job aus gesundheitlichen Gründen.

Die ÖVP sei von einer Wahlniederlage in die nächste getaumelt "und war unter Mitterlehner auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit", schrieb der wegen des Antretens der Neos gegen ihn 2013 selbst beim Wähler glücklose Spindelegger.

Spindelegger war selbst im August 2014 überraschend zurückgetreten und hatte damit Mitterlehner Platz gemacht. Dieser wurde von seiner Partei einige Zeit lang seinem Couleurnamen "Django" entsprechend gefeiert. Nach dem Wechsel an der SPÖ-Spitze – Christian Kern folgte im Frühjahr 2016 auf Werner Faymann – fielen aber die Umfragewerte von Mitterlehner und der von ihm geführten ÖVP.

Endlich Kanzlerschaft

Spindelegger resümiert: Das Resultat der Parteiübernahme durch Kurz sei endlich wieder die ÖVP-Kanzlerschaft, so viel ÖVP-Politik wie schon lange nicht mehr und die Verhinderung von Rot-Blau unter einem Kanzler Heinz-Christian Strache, so der Altvizekanzler in der übermittelten Stellungnahme.

Spindelegger galt als Förderer von Kurz und hat ihn als Staatssekretär überhaupt erst in Regierungsverantwortung genommen.

Platter auf türkiser Linie

In den Chor der Mitterlehner-Kritiker stimmte auch der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter ein, der vielfach dem alten "schwarzen" Parteiestablishment und nicht der "türkisen" Truppe um Sebastian Kurz zugerechnet wird. Dies offenbar zu Unrecht: Er sei "erster Unterstützer für den neuen Weg von Sebastian Kurz" gewesen, erklärte Platter dem "Kurier", und bekundete, froh zu sein, "dass er damals die schwierige Aufgabe als Parteiobmann und Spitzenkandidat übernommen und hervorragend erfüllt hat".

Platter weiter: "Leider hat es Mitterlehner nicht geschafft, den damaligen Regierungspartner SPÖ dazu zu bringen, die notwendigen Reformen in Österreich einzuleiten. Die Bevölkerung wollte einen neuen Stil, die Signale waren eindeutig!" Ohne Kurz wäre die ÖVP bei den Nationalratswahlen 2017 auf 20 Prozent abgestürzt.

Zangerl widerspricht dem Landeshauptmann

Der Tiroler AK-Präsiden Erwin Zangerl nützte die Gelegenheit hingegen für eine weitere Abrechnung mit der Bundesregierung. "Weltmeister" sei Türkis-Blau nur, "wenn man unter Reform Verschlechterungen, politisches Umfärben und Dialogverweigerung versteht". "Absolute Verlierer" der "Reformen" – vom 12-Stunden-Arbeitstag über die Zerschlagung der Krankenkassen und Entmachtung der Arbeitnehmervertreter bis hin zur Steuerreform, "die nur jene entlastet, die es sich ohnehin leisten können" – seien die Arbeitnehmer. (APA, red, 17.4.2019)