Vor allem die aktuelle Bundesregierung baut die technische Überwachung massiv aus.

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Notwendige Werkzeuge für die Polizei, um technisch immer versierteren Gesetzesbrechern auf die Spur zu kommen? Oder doch Ausdruck einer Überwachungswut der Staatsgewalt, die auf Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger herzlich wenig gibt? Regelungen, die sich mit dem Einsatz technischer Überwachung befassen, sorgen immer wieder für Aufregung. DER STANDARD bietet einen Überblick über die Entwicklung der Maßnahmen.

· 2005 Videoüberwachung Unter der schwarz-blau/orangen Regierung Schüssel II begann die Polizei in Wien die Überwachung mit eigenen Kameras. Auf dem Schweden- und dem Morzinplatz wurden schwenkbare Kameras installiert, Polizisten beobachteten live das Geschehen. Im Lauf der Jahre wuchs die Zahl der Polizeikameras in der Bundeshauptstadt bis auf 17, bis auf drei wurden alle aufgrund zu hoher Kosten wieder abgebaut. Für Aufregung sorgte Ende 2005 auch die Meldung, dass es Hackern gelungen sei, auf den Polizeistream zuzugreifen – auch private Wohnungen seien beobachtet worden. Seit 2018 darf die Polizei auf die Überwachungskameras öffentlicher Einrichtungen zugreifen.

· 2012 Vorratsdatenspeicherung 2012 führte die damalige rot-schwarze Koalition die Vorratsdatenspeicherung (VDS) ein, die Telekomunternehmen verpflichtete, Verbindungsdaten sechs Monate zu speichern und bei Verdacht auf eine schwere Straftat an Behörden weiterzureichen. Lange hielt die Regelung nicht: 2014 erklärte der Europäische Gerichtshof die VDS aufgrund eines Antrags des österreichischen Verfassungsgerichtshofes für ungültig, das heimische Höchstgericht hob das Datensammelgesetz daher auf. Aktuell arbeitet die EU an einer legalen Version, Österreich ist federführend an den Gesprächen beteiligt.

· 2017 Vermummungsverbot Am 1. Oktober 2017 wurde das Anti-Gesichtsverhüllungs-Gesetz, das von der damaligen rot-schwarzen Regierung beschlossen wurde, Realität. War seit 2002 nur das Verhüllen der Gesichtszüge bei Versammlungen verboten, wurde es nun an allen öffentlichen Orten und in öffentlichen Gebäuden untersagt – was den Einsatz von Gesichtserkennungsprogrammen naturgemäß deutlich erleichtert.

· 2018 Überwachungspaket Im vergangenen Jahr verabschiedete die Bundesregierung ein Gesetzespaket, das einen umfassenden Ausbau der Überwachung vorsieht. So wird aktuell an einer staatlichen Spionagesoftware, dem Bundestrojaner, gearbeitet. Auch wurde die Videoüberwachung erweitert und Geräte zur Handyortung gesetzlich geregelt. Zudem wurde das Briefgeheimnis gelockert – Briefe dürfen seitdem beschlagnahmt werden, wenn eine Straftat, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, aufgeklärt gehört. Davor war eine Beschlagnahmung von Briefen nur zulässig, wenn der Verdacht auf eine vorsätzliche Straftat vorlag und der Verdächtige in Haft war oder eine Anordnung zur Festnahme vorlag.

· 2018 Kennzeichenerfassung Die Möglichkeit, verdeckt Kennzeichen vorbeifahrender Autos aufzunehmen und beispielsweise mit Fahndungslisten abzugleichen, wurde bereits im Jahr 2005 in das Sicherheitspolizeigesetz aufgenommen. Am 15. August 2018 wurden – als Teil des Überwachungspakets – die Möglichkeiten erweitert – mittlerweile dürfen auch die Type, Marke sowie die Farbe des Fahrzeugs und Bilder des Fahrzeuglenkers ausgewertet werden. Ziel der Regierung ist es, auch auf die Section-Control-Kameras des Autobahnbetreibers Asfinag zugreifen zu können. Noch scheitert das an den technischen Gegebenheiten: Die Bandbreite der Anlagen reicht nicht aus, um die Daten an die Polizei zu übertragen.

· 2019 Wertkartenhandys Seit dem jüngsten Jahreswechsel soll auch das Telekomgesetz wieder bei der Kriminalitätsbekämpfung helfen. Käufer von Wertkartenhandys müssen sich ab dem 1. Jänner beim Mobilfunkbetreiber registrieren lassen. Wer bereits ein derartiges Mobiltelefon besitzt, muss das bis zum 1. September erledigen.

· 20?? De-Anonymisierung Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) will die Anonymität im Netz abschaffen. Zwar soll es auch in Zukunft möglich sein, unter einem Pseudonym zu posten, im Hintergrund müssen Nutzer aber ihren Namen und ihre Adresse hinterlegen. Plattformbetreiber müssen die Echtheit der Daten verifizieren – und sie Behörden, sofern ermittelt wird, weiterreichen. Auch Private sollen sie erhalten, wenn beispielsweise der Verdacht auf Rufschädigung besteht. Details dazu, wie Plattformen das bewerkstelligen sollen, sind noch offen. (Muzayen Al-Youssef, Michael Möseneder, 19.4.2019)