Josh. singt auf seinem Album Von Mädchen und Farben über Cordula Grün und ein Dutzend andere Probleme des Alltags.

Foto: Fischer

In Tracht, Dirndl und in der Welle heben Hunderte die Krüge und singen aus voller Brust den Namen Cordula Grün. Es ist eine Liebeserklärung mit Bierschaum an der Oberlippe. Keine anständige Partyband eines Zelt- oder Oktoberfests hat dieses Lied im Vorjahr nicht im Programm gehabt. Auch auf der Wiener Wiesn war es letzten Herbst nicht zu überhören. Cordula Grün dröhnte aus den Radios, wurde zuerst ein Sommer-, dann ein Wiesn-Hit, lief von Spielfeld bis Hamburg. Dort, im deutschen Norden, saß eine echte Cordula Grün vor ihrem Computer und schrieb eine Nachricht an den Sänger: "Danke für das schöne Lied."

Trifft man Johannes Sumpich, bringt man ihn mit Bierzelt und Lederhose nur schwer in Verbindung. Da musste schon das Schicksal nachhelfen: Cordula Grün war ein Zufallshit, ein "lucky accident", der ihm in Deutschland und Österreich jeweils ein halbes Jahr Chartpräsenz bescherte. Dass das Einzugsgebiet seines Erfolgs Zeltfeste einbezogen hat, überraschte ihn zwar, seltsam fühlte er sich deshalb nicht. So etwas sei ohnehin nicht steuerbar, und er stehe zu hundert Prozent hinter dem Song und fühle sich durchaus geehrt, dass so viele Bands sein Lied covern würden.

Mit Bart und Ringelsocken

Als Musiker nennt Sumpich sich Josh. und schreibt das mit Punkt hintendran. Er ist 32, Wiener, bärtig und in Ringelsocken und bestellt zum Gespräch ein kleines Bier. Er wirkt ein bisschen müde, aber es geht schon. Es gilt, sein diesen Freitag erscheinendes neues Album zu promoten. Das bedeutet eine Ochsentour quer durch Österreich und Deutschland. Frühstücksradio hier, Pressetermine dort, TV am Abend, immer ist etwas. Aber er beklagt sich nicht. "Ich quatsche ja gerne", sagt er und nimmt einen Schluck.

Sein Album heißt Von Mädchen und Farben, und der Titel ist wohl eine Anspielung auf das darauf befindliche Lied Cordula Grün. Dafür wird er am Donnerstagabend sehr wahrscheinlich den Amadeus für den besten Song in Empfang nehmen, in zwei Kategorien des österreichischen Musikpreises ist er nominiert.

Der Überraschungshit des Vorjahrs, vor allem für seinen Schöpfer Josh.: Cordula Grün.
Josh.

Cordula Grün hat das Leben des Songwriters auf den Kopf gestellt, denn eine Karriere zwischen Ballermann und Wiesn hatte er nicht anvisiert. Der Erfolg in diesem Segment bedeutete also zuerst einmal, jede Menge lukrativer Angebote abzulehnen. Einschlägige Discos und Veranstaltungen boten viel Geld für kurze Playbackauftritte um Mitternacht, doch der Verführung gab er nicht nach. "Irgendwann habe ich meinem Manager gesagt, er soll mir gar nicht mehr sagen, wie viel sie mir zahlen würden. Obwohl ich nach dem Video zu Cordula Grün total pleite war."

Grundsätzlich positiv

Die Standhaftigkeit hat sich ausgezahlt, bald fragten die ersten Indie-Festivals an, mittlerweile spielt Josh. in vollen Clubs oder zusammen mit Bands wie Wanda vor tausenden Leuten bei diversen Open Airs oder Ski-Openings. Solche Veranstaltungen buchen mittlerweile Acts aus dem Alternative-Bereich genauso wie aus dem Schlager oder Pop.

Wenige Jahre zuvor hat der Gitarrist noch in Kommerzbands gespielt, mit einem Jazzquartett oder in der Klassik. Durch die Anfrage, einen Popsong zu schreiben, bemerkte er, dass er das selbst gerne tun würde. Die ersten Versuche beschreibt er als zu bemüht. Dann hat er seinen Gesang verändert, das Gefühl vor das Denken gestellt – und plötzlich hat es funktioniert.

Josh. – Songs mit Gassenhauer-Qualität: Vielleicht.
Josh.

Josh. spielt deutschsprachige Rockmusik, in die ein wenig Wiener Idiom einfließt. Seine Songs klingen hemdsärmelig, aber nicht mit aufgeblasenem Bizeps gespielt, wie es Bruce Springsteen tut. Sie behandeln Alltag und Beziehungen, vorgetragen wird mit vollen Lungen und einem grundsätzlich positiven Lebensgefühl.

Vollbad in der Melancholie

Die Einschränkungen der Hochstimmung sind den Widrigkeiten geschuldet, die Beziehungen mit sich bringen – aus dem Szenario entstehen seine Geschichten in einer, wie er sagt, "Wolke aus Realismus und Fiktion". Und: "Es ist ein Vollbad in der Melancholie, aber mit einer gelben Badeente." Mit Vergleichen mit der von ihm geschätzten Band Wanda kann er leben, findet es aber falsch, wenn man die nun beständig als Maßstab für alle heimischen Gruppen heranzieht. "Die haben das ja auch nicht erfunden."

Josh. mit Sowieso.
Josh.

Mit dem Erfolg scheint er gut klarzukommen. Alles, was zum ersten Mal passiert, ist natürlich aufregend – sogar die Seltsamkeiten. Damit meint Josh. einschlägige Angebote von Absolventinnen der Groupie-Akademie genauso wie Unterbringungen in Hotelzimmern, die größer als seine Wiener Wohnung sind. Mit dem Status des neuerdings Prominenten hadert er noch. Vor allem, was die Festlegung bei politischen Themen betrifft. Da fühlt er sich, als würde er eben erst von der Arbeit nach Hause kommen und müsste bereits einen Kommentar zur Weltlage abgeben, obwohl er noch nicht einmal aus der Jacke ist.

"Hansi Hinterseer? Warum denn nicht?"

"Da denk ich mir, lasst mich doch bitte erst einmal ankommen. Wenn ich auf meinem Album über Frauen und Gefühle singe, ist das einfach nicht politisch. Außerdem fällt mir auf, dass sich links und rechts auch in der Musik nichts schuldig bleiben. Was da geschimpft wird! Ich habe Leute aus dem Schlagerbusiness kennengelernt, von denen hat kein Einziger über Rock-'n'-Roll- oder Popmusiker geschimpft, umgekehrt fast immer. Schlager ist da lockerer – ohne dieses Gekeif. Ich meine, wem tut denn der Hansi Hinterseer weh? Wenn der Gabalier Politik zum Musikpreis bringt, passiert halt, was dann passiert. Aber wenn der Hansi jemanden glücklich macht, ja warum denn nicht?" (Karl Fluch, 25.4.2019)