Der Saturnmond Titan ist nach Ganymed, einem der vier Galileischen Jupitermonde, mit einem Durchmesser von rund 5.150 Kilometern nicht nur der zweitgrößte Mond im Sonnensystem, er ist auch für Astrobiologen von höchstem Interesse: Kein anderer Himmelskörper zeigt eine größere Ähnlichkeit mit unserer Erde. Der Titan verfügt über ausgedehnte Dünenlandschaften, eine dichte Stickstoffatmosphäre und vor allem einen komplexen Flüssigkeitskreislauf mit Wolken, Regen, Flüssen und stehenden Gewässern.
Eiskalte Kohlenwasserstoffe
Der entscheidende Unterschied zu unserem Heimatplaneten besteht allerdings darin, dass dort nicht Wasser, sondern flüssige Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan zirkulieren. Außerdem herrschen auf seiner Oberfläche vergleichsweise lebensfeindliche Temperaturen von rund minus 180 Grad Celsius. Ein weiterer rätselhafter Unterschied zu den terrestrischen Gewässern ist, dass die Oberflächen der Titanseen trotz starker Winde offenbar stets spiegelglatt erscheinen, wie Radarbilder der Nasa-Sonde Cassini zeigen.
Eine Hypothese für die Ursache dieses seltsamen Phänomens haben nun Daniel Cordier von der Université de Reims und Nathalie Carrasco von der Université de Versailles Saint-Quentin-en-Yvelines in einer Studie präsentiert. Laut ihrer nun im Fachjournal "Nature Geoscience" vorgestellten Idee liegt auf den Oberflächen der Titanseen möglicherweise eine dünne Molekülschicht.
Partikelregen aus dem gelben Dunst
Quelle dieser eisähnlichen Decke dürften nach Ansicht der Forscher komplexe chemische Verbindungen in der Atmosphäre sein, die in Form von Aerosolpartikeln fortwährend auf die Oberfläche herabregnen. Cordier und Carrasco nehmen an, dass der Niederschlag aus dem gelben Dunst eine langfristig stabile Schicht auf den Gewässern des Titan bildet, die verhindert, dass größere Wellen entstehen.
Eine solche Auflage könnte die Wellen, die man aufgrund der heftigen Winde durchaus erwarten würde, weitgehend unterdrücken. Cordier und Carrasco rechnen in ihrer Untersuchung vor, dass ein solcher Effekt bei einem Methan-Ethan-See um ein Vielfaches stärker sein dürfte als bei Wasserseen auf der Erde.
Filmriss mit Folgen
Dem entsprechend würden die Winde die Oberfläche nicht stark genug aufrauen, um Turbulenzen und damit letztlich auch Wellen entstehen zu lassen. Allerdings könnte es freilich auch Ausnahmen geben: Laut den Forschern dürfte es in Bereichen, wo der molekulare Oberflächenfilm eingerissen ist, sehr wohl zu Wellen kommen. (tberg, 26.4.2019)