Johannes Dürr stand am Montag in Innsbruck vor Gericht.

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Innsbruck – Am Landesgericht Innsbruck hat am Montag der Zivilprozess des ÖSV gegen den ehemaligen Langläufer Johannes Dürr begonnen. Der Skiverband hatte den (ehemaligen) Langläufer auf Unterlassung und Widerruf der Behauptungen geklagt, der ÖSV dulde Doping stillschweigend, er verschließe die Augen davor und nehme Doping hin, solange sich niemand erwischen lasse. Dürrs Rechtsanwalt, Michael Lehner, hatte die Aussagen seines Mandanten später als Meinungsäußerung bezeichnet.

Die Verhandlung ging unter großem Medieninteresse los. Dürr blieb bei seinen Behauptungen. "Bei uns im Langlaufteam war Doping allgegenwärtig. Es ist die Wahrheit, was ich gesagt habe, so habe ich es erlebt und empfunden", sagte Dürr, der seit 2003 im ÖSV war. Seine Aussagen hätten sich aber auf die Zeit vor 2014 bezogen, denn nach den Olympischen Winterspielen in Sotschi, wo er des Dopings überführt worden war, sei er aus dem ÖSV ausgeschlossen worden.

Dürr war im Sommer bei einer sogenannten Fuck-up-Night in Wattens aufgetreten, bei der Betroffene ihr berufliches Scheitern, Fehler und den Weg zurück schildern, damit andere daraus lernen können. Er hatte dabei, befragt zur Rolle des ÖSV hinsichtlich Dopings, zwar von keiner aktiven Unterstützung, aber von einer Art stillschweigender Duldung berichtet. Der ÖSV hatte daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen Dürr erwirkt sowie einen Widerruf verlangt.

ÖSV: Nulltoleranz-Politik und Machtlosigkeit

Beim Prozess in Innsbruck betonte ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner in seiner Zeugenaussage, dass sich der ÖSV einer Nulltoleranz-Politik gegenüber Doping verschrieben habe. "Wir wehren uns gegen die Behauptungen zurecht, weil es schlicht und einfach nicht zutrifft", so der Generalsekretär. Der ÖSV habe alle Möglichkeiten, um gegen Doping vorzugehen ausgeschöpft. Leistner verwies dabei auf ein "e-learning Programm", einen eigenen Anti-Doping-Beauftragten sowie einer Kooperation mit der NADA für zusätzliche Kontrollen. Die Sportverbände seien gegen "organisierte Kriminalität und Vorsatztäter" aber machtlos. "Wir können beraten, warnen und Kontrollen veranlassen. Das alles ist aber offenbar nicht ausreichend, um organisierte Kriminalität und Vorsatztäter zu verhindern", sagte Leistner.

Ex-ÖSV-Trainer Heigl kündigt rechtliche Schritte an

Es ist gut möglich, dass es im Zusammenhang mit Dopingfällen von ÖSV-Sportlern nicht bei dem einen Verfahren bleibt. Auch der frühere ÖSV-Trainer Gerald Heigl hat rechtliche Schritte gegen Dürr angekündigt. Dieser hatte in einem Online-Bericht der ARD-Sportschau angegeben, Heigl hätte ihn mit Dopingmitteln versorgt. Heigls Anwalt hatte die Vorwürfe umgehend dementiert.

Max Rammerstorfer, ein weiterer Rechtsbeistand Dürrs, sagte im ARD-Morgenmagazin: "Was wir bestätigen können, ist, dass unser Mandant in den polizeilichen Einvernahmen ausgesagt hat, dass er in den Wettkampfsaisonen unmittelbar vor Sotschi 2014 Dopingpräparate von Herrn Gerald Heigl erhalten hat, wobei es sich insbesondere um Epo-Präparate gehandelt hat." Laut polizeilichen Vernehmungsprotokollen Dürrs soll Heigl auch von dessen Blutdopingbehandlungen gewusst und die Trainingspläne darauf abgestimmt haben.

Heigls Anwalt Christian Horwath hielt fest: "Mein Mandant war nie in Dopingmachenschaften von Herrn Dürr verstrickt. Wenn er etwas gewusst hätte, hätte er das sofort unterbunden."

Dürr ist Kronzeuge und Beschuldigter in den Ermittlungen rund um das Netzwerk des Erfurter Arztes Mark S. Die Darstellungen des 32-Jährigen in einer im Jänner ausgestrahlten ARD-Doku hatten die Ermittlungen, die zu der Razzia während der WM in Seefeld führten ("Operation Aderlass"), ins Rollen gebracht. Wie sich später herausstellte, hatte Dürr auch noch nach seiner Sperre das Eigenblutdoping bis Dezember 2018 für sein geplantes Comeback bei der WM weiterbetrieben.

Das Urteil des Prozesses in Innsbruck ergeht schriftlich. (red, APA, 29.4.2019)