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Eine Sitzreihe und jeder Platz hat einen anderen Preis: Das ist in letzter Zeit keine Seltenheit. Error-Fares sei Dank.

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Sie suchen ein gutes Gesprächsthema für den nächsten Langstreckenflug? Dann fragen Sie doch Ihre Sitznachbarn, wie viel sie für die Tickets bezahlt haben. Nehmen wir etwa eine Verbindung von Wien nach Bangkok, für die Sie 540 Euro ausgegeben haben. In der Regeln wird keiner Ihrer Nachbarn exakt denselben Preis nennen. Das liegt an der dynamischen Preisgestaltung der Airlines: Welche Computer- oder Smartphone-Marke bei der Flugsuche verwendet wurde, kann ebenso Auswirkungen auf den Ticketpreis haben wie die IP-Adresse oder die Suchverläufe des Buchenden. Letztere verraten über Sie, ob Sie sich in einem wohlhabenden Land befinden oder welche (teuren) Hobbys Sie pflegen. So weit, so bekannt.

Sollte der Sitznachbar allerdings voller Freude damit angeben, dass er für genau dieselbe Leistung nur 54 Euro bezahlt hat, sind Sie vermutlich auf richtig interessanten Gesprächsstoff gestoßen: Error-Fares. Unter diesem Begriff versteht man alle Arten von Fehlern, die beim Einpflegen der Ticketpreise durch Airline-Mitarbeiter, aber auch durch Computerprogramme passieren können. Da kommt es schon einmal vor, dass beim angebotenen Preis einfach eine Stelle vergessen wurde – und das Ticket um 54 anstatt 540 zu haben ist. Auch völlig falsche Wechselkurse oder nicht berechnete Treibstoffzuschläge können zu lächerlich niedrigen Ticketpreisen führen.

Mühsame Suche ohne Vorgaben

Nun stellt sich die Frage, ob man gezielt nach Error-Fares suchen kann. Die einfache Antwort: Man kann. Die ausführlichere: Es dauert sehr lange, und wer den Preisvorteil nützen möchte, darf sich weder das Flugdatum noch den Zielflughafen aussuchen. Wen das nicht stört, der kann erst einmal die erweiterten Suchfunktionen von Portalen à la Skyscanner, Momondo oder Kayak ausreizen. Oft ist es dort möglich, einen großen Radius für Abflug- und Zielflughäfen zu definieren sowie Abflugtage für einen Monat oder sogar mehrere Monate im Vorhinein anzuzeigen. Dadurch werden einem hunderte, wenn nicht tausende Flugpreise ausgespuckt, unter denen besonders niedrige wie Error-Fares förmlich herausstechen.

Eine effizientere Möglichkeit besteht darin, Blogs zu abonnieren, die sich auf Error-Fares spezialisiert haben (siehe Infokasten). Ausgehend von den USA machen sich mittlerweile weltweit Vielreisende einen Spaß daraus, Error-Fares zu suchen und die Fundstücke mit Interessierten zu teilen.

Genau an diesem Punkt setzt der 28-jährige Wiener Max Leyerer an. Schon in jungen Jahren gehört er zum Club der erfolgreichen Ländersammler. 104 von 196 Staaten der Erde hat der studierte Tourismusmanager bis dato bereist. Leisten kann er sich dieses Vergnügen, weil er gezielt im Internet nach Rabatten und Error-Fares fahndet. Nun möchte er zusammen mit zwei Kollegen ein Geschäftsmodell daraus machen.

Angebote, die man finden muss

"Jeder kann Flugpreisschnäppchen oder Error-Fares finden. Man muss nur bereit sein, viel Zeit darin zu investieren, um ein gewisses Gespür zu entwickeln", sagt Leyerer. Derzeit arbeitet er im Betrieb seiner Eltern mit, und nachdem diese Arbeit getan ist, verbringt er im Schnitt zwei bis drei Stunden täglich im Internet, um Rabatte und Error-Fares aufzuspüren. "Es kommt schon vor, dass es fünf Uhr früh wird, bis ich überhaupt auf etwas Lohnendes stoße", erzählt er. Seine Funde teilt er dann per E-Mail mit Menschen, die sich auf der Plattform Geheimflug.at registriert haben.

Auch der Autor dieses Artikels hat sich vor rund einem Monat auf dieser Plattform angemeldet und reguläre Angebote wie "Wien–Singapur um 391 Euro" erhalten. Das ist nicht einmal ein Fehler der Airline, sondern nur ein Angebot, das man erst einmal finden muss. Eine der besten echten Error-Fares im Testzeitraum war ein Flug von Frankfurt nach Havanna um 190 Euro. Für diesen Flug müsste man allerdings noch Zubringerflüge von und nach Österreich finden – und zum vorgeschlagenen Zeitpunkt überhaupt verreisen können.

Personalisierte Suchen

Die Registrierung auf Geheimflug.at kostet zunächst einmal gar nichts. Zum Geschäftsfall wird das System für Leyerer erst durch Dienstleistungen, die sein Team in Zukunft anbieten will. Überlegt werden Modelle wie die bevorzugte Versorgung mit Error-Fares oder individualisierte Suchen nach Zielen und Reisezeiträumen gegen eine monatliche Gebühr. Noch ist Geheimflug.at aber nicht in der finalen Version online, Leyerer rechnet mit einem Produktstart "Anfang Mai". Die Kosten für das monatliche Abo sollen sich dann im einstelligen Eurobereich bewegen. Gebucht wird die Error-Fare übrigens nie über den Aussender direkt, sondern immer über einen Online-Travel Agent à la Skyscanner.

Wer vor der Buchung steht, erkennt dann auch rasch die Nachteile: Error-Fares sind meist nur wenige Stunden verfügbar, bevor sie durch die Airlines korrigiert werden. Menschen in regulären Arbeitsverhältnissen müssten also zu einem Zeitpunkt buchen, zu dem sie noch nicht einmal wissen können, ob sie überhaupt Urlaub bekommen. Überdies ist unklar, ob eine gebuchte Error-Fare nicht nachträglich von der Airline storniert wird. In den meisten Fällen haben diese das Recht dazu.

Error-Fare-Blogs raten deshalb dazu, sich nach der Buchung auf keinen Fall bei der Airline zu melden, geduldig die Zustellung des E-Tickets abzuwarten und immer mit Kreditkarte zu bezahlen. Oft kommt es eine Airline, die ihrerseits das Ticket storniert, nämlich teurer, das Geld dafür zurückzuüberweisen, als einen Luftikus um 54 Euro nach Bangkok fliegen zu lassen. (Sascha Aumüller, 5.5.2019)