Am 4. April empfing Donald Trum Chinas Vizepremier Liu He.

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Washington – US-Präsident Donald Trump hat im Handelskrieg mit China den Druck drastisch erhöht. Die Sonderzölle auf Einfuhren im Wert von 200 Milliarden Dollar sollen schon ab Freitag von zehn auf 25 Prozent erhöht werden, kündigte er am Sonntag auf Twitter an. Daraufhin verloren die an den wichtigsten Börsen Chinas gehandelten Aktien rund sechs Prozent an Wert – der stärkste Einbruch seit mehr als drei Jahren. Die chinesische Währung Renminbi fiel auf ein Viermonatstief, und auch die Ölpreise gaben nach. China erwägt einem Medienbericht zufolge noch in dieser Woche den Abbruch der Handelsgespräche mit den USA.

Auch die europäischen Leitbörsen rutschten sofort ab. Der Euro-Stoxx-50 stand gegen 12.30 Uhr mit zwei Prozent im Minus. Der deutsche Dax und der Wiener ATX starteten ebenfalls negativ.

Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen kämen zu langsam voran, schrieb Trump zur Begründung. China versuche nachzuverhandeln, das wolle er nicht zulassen. In der vergangenen Woche hatte eine neue Verhandlungsrunde in Peking stattgefunden. Der neue Schritt des US-Präsidenten kommt überraschend. Er hatte den Fortgang der Verhandlungen stets gelobt und sein gutes persönliches Verhältnis zu Chinas Staatschef Xi Jinping betont.

Kritik an neuerlicher Eskalation

Trump hatte vor zehn Monaten Einfuhren bestimmter Waren aus China im Volumen von 200 Milliarden Dollar mit Sonderzöllen von zehn Prozent belegt – und zugleich eine Erhöhung auf 25 Prozent für Jänner signalisiert. Im Dezember verständigten sich beide Seiten dann beim G20-Gipfel in Argentinien auf einen vorläufigen Waffenstillstand und beschlossen, Verhandlungen aufzunehmen. Für weitere Importe im Volumen von 50 Milliarden Dollar – vor allem im Hightech-Sektor – liegt der Satz bereits bei 25 Prozent.

Warenimporte im Wert von 325 Milliarden Dollar blieben zunächst frei von Sonderzöllen, erklärte Trump. Das werde sich aber kurzfristig ändern. Auch diese Waren sollen mit 25-prozentigen Sonderzöllen belegt werden, drohte er. Das würde bedeuten, dass praktisch alle US-Importe aus China Sonderzöllen unterlägen. Trump schrieb auf Twitter: "Der Handelsdeal mit China geht weiter, aber zu langsam, weil sie versuchen nachzuverhandeln. Nein!"

Der Präsident des renommierten Peterson-Instituts für Wirtschaftsforschung in Washington, Adam Posen, kritisierte die Eskalation. "Trumps Aktion wird nichts erreichen. Sie wird nicht das amerikanische Wirtschaftswachstum oder die Beschäftigung anheben", sagte er der "Welt". "Stattdessen werden US-Haushalte quasi mit einer Steuer belegt." Außerdem werde China vermutlich Vergeltung üben. "Das macht es nahezu unmöglich für Vertreter der chinesischen Regierung, eine gesichtswahrende Vereinbarung zu treffen. Sie können nicht den Eindruck erwecken, unter Druck nachzugeben."

Wie es weitergeht, ist unklar

Trump argumentierte, die in den vergangenen zehn Monaten erhobenen Zölle hätten zum Erfolg der US-Wirtschaft und zum Wachstum in den USA beigetragen. Allerdings werden Einfuhrzölle in der Regel zunächst einmal vom Importeur bezahlt. Dieser kann sie auf die Konsumenten abwälzen oder versuchen, einen Ausgleich über günstigere Einkaufspreise zu erlangen – oder Einfuhren aus dem Land zurückzufahren. Nur dann würde China belastet.

Für den US-Haushalt allerdings sind die Zölle in der Tat eine zusätzliche Einnahmequelle. Die Einnahmen seien im Oktober 2018 gegenüber dem Vorjahr um rund 40 Prozent auf 5,5 Milliarden Dollar gestiegen, berichtete die "New York Times".

Ob die Handelsgespräche in den nächsten Tagen – wie eigentlich vorgesehen – nun in Washington weitergehen, ist unklar. In weniger als zwei Wochen steht auch eine Entscheidung über Sonderzölle auf die Einfuhr von Autos und Autoteilen aus der EU an. Das würde vor allem die deutsche Wirtschaft treffen. Die EU versucht ein Abkommen über Zollfreiheit aller Industrieprodukte – inklusive Autos – auszuhandeln.

Verhandlungen sollen weiter gehen

Trotz der Eskalation im Handelsstreit hält China die Tür für die Fortsetzung der Verhandlungen offen. Die chinesische Delegation bereite sich auf die Reise in die USA vor, teilte das chinesische Außenministerium am Montag mit. Dabei blieb jedoch offen, ob auch Vizeregierungschef Liu He wie geplant als Verhandlungsführer teilnehmen wird.

Auch die "South China Morning Post" berichtete, die Handelsgespräche sollten diese Woche fortgesetzt werden, wenn auch die Lius Reise abgekürzt werden sollte. Zuvor hatten verschiedene Medien berichtet, dass China nach Trumps abruptem Kurswechsel einen Abbruch der Gespräche plane. (APA, 6.5.2019)