Diätshakes tragen klingenden Namen wie Slimmy, Feelgood oder Leichter Leben. Damit soll der Verkauf angekurbelt werden.

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Zu viel Fleisch, Wurst, Fett und Süßes, zu wenig Fisch, Obst, Gemüse: Der Ernährungsbericht für Österreich listet auf, was auf den Teller sollte und was tatsächlich aufgetischt wird. Das Empfohlene unterscheidet sich meist deutlich vom Verzehrten. Die Folge: Mit dem zunehmenden Wohlstandsbäuchlein sprießen auch die Geschäfts- und Produktideen. Ein ganzer Wirtschaftszweig profitiert vom Frust, der uns je nach Vorlieben und Dringlichkeit zu Diäten, Abspeckprogrammen, Ratgeberliteratur und einschlägigen Kochbüchern greifen lässt.

Lebensmittelhersteller servieren Diätnahrungsmittel oder Light-Versionen von Althergebrachtem dazu: Von schlankmachendem Kaffee über Diätsuppen über Endlich-abnehmen-Kapseln bis hin zu Diätshakes, die klingende Namen wie Slimmy, Feelgood oder Leichter Leben tragen und unwiderstehliche Eigenschaften besitzen: ruck, zuck fertig, sättigend, kalorienarm.

Auch bei den Preisen wird geklotzt. Ein stolzer Kilopreis von 50 Euro und mehr ist bei solchen Produkten keine Seltenheit. Biofleisch oder qualitätsvollen Fisch gibt es um das halbe Geld. Anstatt zu Obst und Gemüse mit durchschnittlichen Kilopreisen von 2,50 bis fünf Euro zu greifen, finden sich für die "Natürlich-abnehmen-Produktpakete" wie Flohsamen und Hanfspaghetti offensichtlich Abnehmer – trotz des zehnfachen Preises.

Milliardenschwerer Markt

Vom Markt für Diät und Gesundheit profitieren große wie kleine Unternehmen. Etwa Inngreen, ein Tiroler Start-up, das mit Diätriegeln überflüssigen Pfunden den Kampf ansagen will. Andere wie das Start-up Selfapy versprechen, Gewichtsprobleme mit psychologischer Beratung zu lösen. Die Grenzen zwischen dem umkämpften Ernährungs- und dem Digital-Health-Markt sind fließend. Es werden wochenweise Kuren, Produkte, Abo-Modelle und Ernährungspläne verkauft oder Health-Coaches erklären via Smartphone, wann, was zu essen und wann Zeit für eine Runde Sport ist.

Auch für alteingesessene Schwergewichte tun sich in diesem Feld Möglichkeiten auf. Coke Zero Sugar erweist sich für Coca-Cola als echter Bestseller und ließ den US-Getränkeriesen bei der Präsentation der letzten Quartalszahlen regelrecht jubeln. Der Schweizer Nahrungsmittelriese Nestlé wendet sich seit Jahren mehr und mehr vom Süßen ab, um tatsächlich oder vermeintlich Gesundheitsförderndes ins Portfolio zu nehmen. Mit der kanadischen Atrium hat Nestlé sich um Milliarden einen Anbieter für natürliche, diätetische und hyopallergene Nahrungsergänzung zugelegt.

In Deutschland soll der Umsatz mit homogenisierten und diätetischen Nahrungsmitteln im Jahr 2020 rund 2,56 Milliarden Euro ausmachen. Vor gut zehn Jahren war es rund die Hälfte. Weltweit wird der Markt im kommenden Jahr geschätzte 420 Milliarden Dollar schwer sein. Jeder, der kann, wirft erfolgsversprechende Produkte auf den Markt. Sollten die menschlichen Familienmitglieder allesamt fit wie ein Turnschuh sein, gibt es immer noch den tierischen Anhang. Auch Hund und Katz werden immer dicker. (Regina Bruckner, 6.5.2019)