Andreas Gabalier bedankte sich bei Bundeskanzler Sebastian Kurz für dessen Beistand per Video. Kurz teilte mit, er würde nie "auf die Idee kommen", das Abspielen von Gabalier-Liedern zu verhindern.

Screenshot/Facebook Andreas Gabalier

Im Grunde ist es ein Traumjob, um den sie viele Genossinnen beneiden. Die Partyplanerin der SPÖ Graz tritt jedes Jahr genau einmal in Erscheinung: am Tag der Arbeit, dem 1. Mai. Und in der Tat, es gibt gewiss einfachere Aufgaben, als die Partymuffel von der Landeshauptstadt-SPÖ – die verlässlich jede Wahl in den Sand setzt – dazu zu bewegen, eine kesse Sohle auf den Grazer Asphalt zu legen.

Soweit sich ihr Wirken aus der Ferne beurteilen lässt, versieht die Genossin ihr Amt mit Umsicht und einigem Geschmack. Das Abspielen von Andreas-Gabalier-Liedern durch die anwesende Partykapelle unterband sie. Die Sache scheint klar: Wer als Rote für die Gleichberechtigung der Frauen eintritt, wird sich von einem lederbehosten Reaktionär keine rosa Schürze aufbinden lassen wollen.

Freie Musikäußerung

Der Volks-Rock’n’Roller reagierte auf den Akt parteilicher Zivilcourage nicht beleidigt. Er tat geradezu so, als wäre in Graz das Recht auf freie Meinungs- und Musikäußerung mit Tanzfüßen getreten worden. Gabalier nannte den Vorgang "Zensur und Faschismus in reinster Form". Da ihm der Grad der Reinheit offenbar nicht hoch genug sein kann, müssen ihm noch einmal unverfälscht die wesentlichen Gesichtspunkte des historischen Faschismus und seiner musikalischen Gepflogenheiten nahegebracht werden.

Musiker, die vor den Augen der rassistischen NS-Verbrecher keine Gnade fanden, wurden als "entartet" gebrandmarkt. Ihre Musik wurde mit Aufführungsverbot belegt. Viele ihrer wesentlichsten – wie Arnold Schönberg oder Hanns Eisler – wurden bestohlen und in die Emigration gezwungen. Einige, deren Schicksal noch unglücklicher verlief, beendeten ihr Leben und ihre musikalische Karriere in einem der Vernichtungslager – manche bis zuletzt unermüdlich tätig, wie die famosen Komponisten Viktor Ullmann oder Leo Smit.

Ohrenbetäubende Folgen

Es ist schön zu wissen, dass Andreas Gabalier in einer demokratischen Republik lebt. In einer solchen dürfen sich Parteiorganisationen selbst die Musik aussuchen, zu der sie ihr ohnehin schmächtiges Tanzbein schwingen. Bundeskanzler Sebastian Kurz würde übrigens nie "auf die Idee kommen", das Abspielen von Gabalier-Liedern zu verhindern. Mit den ohrenbetäubenden Folgen dieser Leichtfertigkeit wird er künftig leben müssen. (Ronald Pohl, 7.5.2019)