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Nun ist es fix: Großbritannien wird an den EU-Wahlen Ende Mai teilnehmen. Für Theresa Mays konservative Tories sieht es in Umfragen schlecht aus.

Foto: REUTERS/Simon Dawson

London – Großbritannien wird nach Regierungsangaben an der Europa-Wahl teilnehmen. Die Zeit für eine Ratifizierung eines möglichen Brexit-Vertrages noch vor dem Wahltermin am 23. Mai reiche nicht aus, begründete Kabinettsminister David Lidington die Entscheidung am Dienstag in London. Daher sei die Teilnahme Großbritanniens an der Wahl des Europaparlamentes rechtlich nötig.

Lidington, de facto der Stellvertreter von Premierministerin Theresa May, bezeichnete die Teilnahme der Briten als "bedauerlich". Die Regierung werde ihre Anstrengungen verdoppeln, um sicherzustellen, dass der Aufschub des Austritts Großbritanniens aus der EU so kurz wie möglich sein werde. "Ideal wäre die Situation, dass die Mitglieder des EP aus dem Vereinigten Königreich gar nicht erst ihre Plätze im Europaparlament einnehmen werden." Der Sprecher der Premierministerin sagte zu der Verzögerung, May "versteht, dass große Teile der Öffentlichkeit darüber sehr frustriert sind".

Weniger Österreicher im Parlament

Für das EU-Parlament bedeutet die Entscheidung, dass eine eigentlich geplante kleine Reform auf Eis liegt. Bisher war geplant, 27 der 73 bisher britischen Sitze an andere Staaten zu vergeben, die sich bisher als unterrepräsentiert empfunden hatten (Link führt zu .pdf). Darunter wäre auch einer gewesen, der an Österreich gegangen wäre. Dann wären es 19 statt bisher 18 österreichische Abgeordnete gewesen. Die übrigen 46 Sitze hätten eine Reserve für mögliche neue Mitglieder sein sollen. Das passiert nun nicht. Es werden doch nach dem bisherigen Schlüssel 751 Mandate vergeben.

Was bei einem Austritt der Briten vor der nächsten EU-Wahl passiert, ist nicht ganz sicher. Möglich wäre, dass die britischen Mandatarinnen und Mandatare einfach nicht mehr zu den Tagungen erscheinen. Die meisten EU-Beamten gehen aber davon aus, dass in diesem Fall der ursprüngliche Plan verspätet doch noch umgesetzt wird. Für Österreich würde das also bedeuten, dass ein potenzielles Mitglied des EU-Parlaments auf einer Warteliste landet und nur nach erfolgreichem Brexit wirklich in das Abgeordnetenhaus einzieht. Gleiches gilt für je fünf Abgeordnete aus Frankreich und Spanien, drei aus Italien und den Niederlanden, zwei aus Irland und je einen aus Polen, Rumänien, Schweden, Dänemark, der Slowakei, Finnland, Kroatien und Zypern.

Verblüffende Umfragen

Die beiden britischen Großparteien hätten die EU-Wahl gerne vermieden. Sie erwarten sich – ähnlich wie bei den Kommunalwahlen vergangene Woche – bittere Niederlagen. In neuen Umfragen liegt die "Brexit-Partei" des ehemaligen Chefs der EU-feindlichen United Kingdom Independence Party, Nigel Farage, unangefochten in Führung. Die Gruppierung würde demnach auf 27 bis 30 Prozent der Stimmen kommen, die Ukip selbst auf etwa vier Prozent.

Allerdings kämen auch die dezidierten Pro-EU-Parteien gemeinsam auf ähnliche Werte. Bei je etwa sieben bis zehn Prozent liegen die Liberaldemokraten, die Grünen und Change UK – eine Splittergruppe auf EU-freundlichen Labour- und Tory-Abgeordneten. Die Schottische Nationalpartei SNP liegt großbritannienweit bei vier bis fünf Prozent.

Für die beiden Großparteien wird hingegen ein Desaster prognostiziert: Die Konservativen liegen bei 13 bis 14 Prozent, Labour zwischen – besseren – 21 und 28.

Frist bis Ende Oktober

Derzeit führen die Konservativen und die Labour Party Gespräche, um einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse zu finden. Dreimal ist das von May mit der Europäischen Union ausgehandelte Brexit-Abkommen bereits vom Parlament in London abgelehnt worden. Die Premierministerin hatte bereits ihren Rücktritt angeboten, sollte das Abkommen im Unterhaus doch noch eine Mehrheit finden. Sie ließ aber offen, was geschieht, falls es zu keiner Einigung komme. Am Dienstag erklärte Mays Sprecher, sie werde zurücktreten, "wenn der erste Teil des Brexit-Prozesses abgeschlossen" sei.

Eigentlich hätte Großbritannien die Staatengemeinschaft schon Ende März verlassen sollen. Da das ausverhandelte Abkommen aber im Unterhaus keine Mehrheit fand, verlängerten May und die 27 bleibenden EU-Länder schließlich die Frist: Der Austritt soll nun bis zum 31. Oktober geordnet über die Bühne gehen. (mesc, maa, APA, 7.5.2019)