Tripolis/Rom – Die Küstenwache in Libyen hat nach Angaben einer Hilfsorganisation am Donnerstag mehr als 200 Migranten im Mittelmeer gerettet und sie zurück an die nordafrikanische Küste gebracht. Wo genau das Boot gefunden und wohin die Insassen gebracht wurden, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) nicht mit. Sie zeigte sich in ihrem Tweet aber "besorgt über die Rückführung und willkürliche Festnahme von Migranten in Libyen".

Unterdessen wurden unweit von Libyen etwa 40 Migranten von einem Schiff der italienischen Marine gerettet, wie italienische Medien berichteten. Noch unklar ist, wohin die Geflüchteten gebracht werden sollen. Der italienische Innenminister Matteo Salvini bekräftigte, dass die italienischen Häfen geschlossen seien.

Was die Lage in Libyen kompliziert macht

Libyen ist ein Transitland für Tausende von Migranten auf dem Weg nach Europa. Immer wieder kommen Menschen auf der gefährlichen Überfahrt ums Leben. Jene, die von der libyschen Küstenwache gerettet werden, werden automatisch in die umstrittenen Internierungslager gebracht. Hilfsorganisationen kritisieren die dortigen Zustände – Flüchtlinge sind dort Missbrauch, Gewalt und sogar Sklaverei ausgesetzt – seit Jahren. Auch die Unterstützung der Europäischen Union für die libysche Küstenwache, die in den vergangenen Jahren weiter ausgedehnt wurde, wird von vielen Seiten kritisiert.

Wegen der Kämpfe rivalisierender Gruppen sind in Libyen nach Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) mehr als 3.300 Menschen in Gefahr. In dem nordafrikanischen Land kämpfen Truppen des Generals Khalifa Haftar, der vor allem den Osten beherrscht, gegen die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj. Beide Seiten ringen um die Macht in dem ölreichen Land. Haftar hatte im April den Befehl für einen Angriff auf die Hauptstadt Tripolis gegeben, wo die Sarraj-Regierung sitzt.

Auch IS aktiv

Haftar gibt die Offensive als Kampf gegen Terrororganisationen aus. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bei jüngsten Kämpfen um Tripolis rund 440 Menschen getötet, mehr als 2.000 verletzt und fast 60.000 Menschen vertrieben. Ärzte ohne Grenzen (MSF) zufolge wurde dort bei einem Luftangriff auch ein Flüchtlingslager getroffen, in dem etwa 600 Menschen festgehalten werden.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verübte im Süden des Landes einen weiteren Angriff. Bei einer Attacke auf die von Haftars Truppen gehaltene südlibysche Stadt Ghadwa wurden nach unterschiedlichen Angaben bis zu drei Zivilisten getötet. Der IS bekannte sich zu dem Angriff. Bereits am Samstag hatten IS-Kämpfer in der nahe gelegenen Regionalhauptstadt Sabha neun Soldaten Haftars getötet. (APA, dpa, 9.5.2019)