Frankfurt am Main – Der Weltärztebund (WMA) hält die vom Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) verlangte Hormonwert-Senkung von intersexuellen Athletinnen für falsch und umgekehrtes Doping. "Ein Mensch, der eindeutig primäre und sekundäre weibliche Geschlechtsmerkmale hat, ist Frau. Dieser Mensch hat aber das Glück oder Pech, mehr Testosteron zu produzieren als andere", erklärte WMA-Chef Ulrich Montgomery.

Diesen Menschen zu zwingen, so ein "inverses Doping" zu betreiben, hält er für falsch. "Daran sollten Ärzte sich genauso wenig beteiligen wie an Doping zur Leistungssteigerung", meinte Montgomery im Interview mit der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Donnerstag).

Nach einem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) konnte die IAAF am Mittwoch eine Regel in Kraft setzen, nach der intersexuelle Frauen wie die südafrikanische 800-m-Olympiasiegerin Caster Semenya nur ein Startrecht erhalten, wenn sie ihren Hormonwert unter ein Limit von fünf Nanomol pro Liter Blut senken.

"Es gibt keinerlei medizinische Indikation. Frau Semenya ist kerngesund", betonte Montgomery, "würde sie nicht Leistungssport betreiben, würden Sie und ich sagen, wenn wir sie auf der Straße treffen: Mensch, die ist aber herb. Ethisch gesehen, gibt es keinen Grund, in den Hormonhaushalt einzugreifen." Eine Auflage, die diesen Eingriff vorsehe, um an bestimmten Wettkämpfen teilzunehmen, hält der WMA für grundsätzlich falsch: "Es ist eine absolute Gleichmacherei."

Caster Semenya sei Frau. Sie werde im Sport als Frau anerkannt, solle aber ihre erhöhten Testosteronwerte senken, um starten zu dürfen. "Weil die dafür benötigten Medikamente in den meisten Staaten der Erde verschreibungspflichtig sind, sagen wir: Ärzte, die sich daran beteiligen, handeln unethisch", erklärte der WMA-Vorstandsvorsitzende. "Wie gesagt: Das ist inverses Doping. Daran sollte ein Arzt sich nicht beteiligen." Dies sei eine rote Linie, die "genauso wie wir sie beim Doping sehen" nicht überschritten werden dürfe. (APA, dpa, 9.5.2019)