75 Menschen waren an Bord, nur wenige überlebten.

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Tunis – Einen Tag nach dem Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der Küste Tunesiens hat das Rote Kreuz die Zahl der Toten mit rund 60 angegeben. Es bestehe keine Hoffnung mehr auf weitere Überlebende, sagte ein Vertreter der Hilfsorganisation, Mongi Slim, am Samstag. Das Unglück hatte sich in der Nacht zum Freitag in internationalen Gewässern ereignet. Zunächst war von rund 50 Vermissten die Rede gewesen.

Die 16 Überlebenden seien in letzter Minute von einem Fischerboot gerettet worden, dessen Besatzung die tunesische Marine alarmierte. "Hätten die Fischer sie nicht gesehen, hätte es keinen Überlebenden gegeben, und wir hätten wahrscheinlich niemals von der Havarie erfahren", sagte Slim.

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR sprach von einem der "schlimmsten Vorfälle im Mittelmeer in den vergangenen Monaten". Der UNO-Sondergesandte für das Mittelmeer, Vincent Cochetel, forderte die internationale Gemeinschaft auf, unverzüglich zu handeln. "Wenn wir jetzt nicht handeln, ist es so gut wie sicher, dass wir neue Tragödien in den kommenden Wochen und Monaten erleben werden."

Überladenes Boot

Insgesamt waren etwa 75 Menschen an Bord, wie das Rote Kreuz unter Berufung auf Angaben der Geretteten mitteilte; 51 Menschen aus Bangladesch, sowie mehrere Marokkaner, drei Ägypter und Afrikaner aus verschiedenen Ländern. Gerettet wurden 14 Bangladescher, ein Ägypter und ein Marokkaner. Es seien nur Männer an Bord gewesen.

Das Schiff mit den Flüchtlingen war den Angaben zufolge von der libyschen Hafenstadt Suara in See gestochen. Kurz darauf mussten die Flüchtlinge auf ein viel kleineres Schlauchboot umsteigen, das völlig überladen zehn Minuten später gekentert sei.

Die Überlebenden hätte berichteten, dass sie acht Stunden in dem kalten Wasser ausgeharrt hätten, sagte Slim. Die tunesische Marine barg bisher drei Leichen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, drei Schiff setzten die Suche am Samstag fort.

Die EU hat die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer vorerst eingestellt. Auch die meisten Hilfsorganisationen können ihre Rettungsmissionen wegen politisch gewollter Hürden nicht mehr aufrechterhalten.

Immer wieder ertrinken zahlreiche Flüchtlinge im Mittelmeer beim Untergang ihrer oft nicht seetüchtigen Boote, die meisten beim Versuch der Überfahrt von Libyen in die EU. Das UNHCR spricht deshalb von "der tödlichsten Meeresüberquerung der Welt". (APA, 11.5.2019)