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Ein Frachtschiff erreicht den US-Hafen in Tacoma. Vom Handelskonflikt zum Handelskrieg zwischen den USA und China ist es nicht mehr weit.

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Die versöhnlichen Töne überdauerten das Wochenende nicht. Nach dem vorläufigen Scheitern der chinesisch-amerikanischen Handelsgespräche am Freitag hatte sich Donald Trump noch freundschaftlich gegeben. Seine Beziehung zum Amtskollegen Xi Jinping sei "sehr stark", und die Verhandlungen würden fortgesetzt, versicherte der US-Präsident. Am Montag klang das schon ganz anders: China sei derjenige, der einen Deal unbedingt brauche, warnte Trump drohend auf Twitter. Denn sonst würden viele Unternehmen das Schwellenland verlassen. "Es wird dann niemanden mehr in China geben, mit dem man Geschäfte machen kann. Sehr schlecht für China, sehr gut für die USA!"

Nächste Runde

Der Handelskrieg zwischen den beiden wichtigsten Wirtschaftsmächten der Welt geht in eine neue Runde. Seit dieser Woche erheben die USA Strafzölle von 25 Prozent auf Importe aus China im Umfang von 200 Milliarden Dollar. Peking hat am Montag Vergeltung angekündigt: Per 1. Juni werde man die Einfuhrzölle auf US-Produkte im Volumen von 60 Milliarden Dollar entsprechend erhöhen, erklärte das Finanzministerium. Die Eskalation ist damit nicht zu Ende: Die USA haben signalisiert, im nächsten Schritt auch auf die restlichen Importe von rund 300 Milliarden Dollar Zölle aufzuschlagen.

Der eskalierende Handelsstreit drückte massiv auf die Wall Street, die New Yorker Aktienbörse hat am Montag tiefrot geschlossen. Der Dow Jones Industrial Index sackte um 617,38 Punkte oder 2,38 Prozent auf 25.324,99 Einheiten ab. Der weltbekannteste Börsenindex absolvierte damit seinen schwächsten Handelstag seit Jänner.

Der Handelskonflikt der beiden Nationen sei das derzeit größte Risiko für die Weltwirtschaft, hat der Internationale Währungsfonds (IWF) jüngst gewarnt – nun scheint sich das Worst-Case-Szenario zu erfüllen. Anders als Trump behauptet dürften die Folgen nicht nur die chinesische Wirtschaft, sondern auch die amerikanischen Farmer und Verbraucher zu spüren bekommen. "In der Tat werden beide Seiten zahlen", räumt sogar Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow ein. Wenn alle chinesischen Importe mit Zöllen belegt würden, werde das die USA 0,2 Wachstumspunkte kosten, schätzt Kudlow. Doch das sei die Sache wert, findet er.

Im Wahlkampfmodus

Genauso sieht das der selbsternannte "Zoll-Mann" im Weißen Haus. Trump geht offenbar davon aus, mit einer harten Linie bei seiner Basis punkten zu können. Denn in den USA hat der Wahlkampf um die Präsidentschaft 2020 längst begonnen. China "träume" von einem Wahlsieg der Demokraten, ätzte Trump, weil sie dann die USA weiterhin abzocken könnten. So ist fraglich, ob die US-Administration noch auf einen Kompromiss hinarbeiten wird. Weitere Gesprächstermine gibt es bisher nicht. Kudlow zufolge besteht eine "starke Möglichkeit" für ein bilaterales Treffen von Trump und Xi beim G20-Gipfel Ende Juni in Japan. Schon einmal hatten sich die beiden Präsidenten bei einem persönlichen Gespräch quasi in letzter Minute auf einen Waffenstillstand geeinigt.

Doch nach monatelangen vermeintlich konstruktiven Gesprächen platzte der Deal vergangene Woche. Der US-Seite zufolge waren die Chinesen von Zusagen wieder abgerückt und weigerten sich, die Vereinbarungen für eine stärkere Marktöffnung, den Schutz geistigen Eigentums und das Ende des erzwungenen Technologietransfers gesetzlich festzuschreiben. Die USA ihrerseits behielten sich vor, die Zölle erst dann zu senken, wenn China nachweisbar seine Zusagen umgesetzt habe. Trump habe seinen Unterhändlern vergangene Woche klargemacht, dass "er nicht wolle, dass die USA weich gegenüber China erscheinen", berichtete das Wall Street Journal. Je heißer der Wahlkampf in den USA wird, desto stärker dürfte diese Haltung gelten. Der US-Präsident sei inzwischen davon überzeugt, dass sich Unnachgiebigkeit für ihn politisch mehr auszahle als ein Deal, glaubt auch die New York Times. "Trump ist entschlossen, sich härter gegenüber den Chinesen zu präsentieren als jeder seiner möglichen Herausforderer in 2020." (Ines Zöttl aus Washington, 13.5.2019)