Mieterschützer kritisieren, dass die Absenkung der Mieten nach Zurückzahlung der Darlehen künftig lange hinausgezögert werden kann.

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Die Regierung novelliert gerade das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Der Entwurf wurde Mitte April vorgelegt, die Begutachtungsfrist endete kürzlich.

Zahlreiche Stellungnahmen gingen ein, in denen sehr viele kritische Punkte angesprochen werden. Für heiße Diskussionen sorgte bereits bei der Präsentation des Entwurfs der darin enthaltene "Österreicher-Bonus" bei der Vergabe gefördert errichteter Wohnungen.

Wörtlich heißt es: "Sämtliche Tätigkeiten einer gemeinnützigen Bauvereinigung sind vorrangig zugunsten einer Wohnversorgung von österreichischen Staatsbürgern auszurichten." Ausländer (Drittstaatsangehörige) sollen künftig nur noch dann, wenn sie sich "seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen und legal in Österreich aufhalten sowie ein Prüfungszeugnis des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) oder einer vom ÖIF zertifizierten Prüfungseinrichtung über die erfolgreiche Absolvierung einer Integrationsprüfung vorlegen", Anspruch auf eine Wohnung haben.

UNHCR fordert Änderung

Dieser Punkt wird in zahlreichen Stellungnahmen kritisiert, vor allem von Mieterschutzorganisationen und Landesregierungen. Und interessanterweise auch vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, das sich sonst eher selten in die österreichische Wohnrechtsgesetzgebung einmischt. In diesem Fall sah man das offenbar als nötig an. Das UNHRC lehnt nämlich die vorgeschlagenen Formulierungen rundweg ab, da mit deren Inkrafttreten "der Zugang zu leistbarem Wohnbau für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte weiter erschwert werden würde", heißt es in seiner Stellungnahme. Man appelliert vielmehr an die Bundesregierung, den Gesetzesentwurf "insofern abzuändern, als auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte explizit vom Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz umfasst werden".

Österreichische Mieterschützer weisen auch noch auf eine andere Ungerechtigkeit hin: Heimische Wohnbauförderungsmittel würden "auch aus Steuern und Wohnbauförderungsbeiträgen von den Drittstaatsangehörigen gewonnen werden", diese würden aber "in Zukunft gar keinen bzw. einen nachrangigen Zugang zu den von ihnen mitfinanzierten Wohnungen haben", kritisiert die Arbeiterkammer. Diese geplanten Einschränkungen seien "sachlich nicht gerechtfertigt und greifen – bei gefördert errichteten Wohnbauten – widerrechtlich in die wohnbauförderungsrechtliche Zivilrechtskompetenz der Länder ein", so die AK.

"Diskriminierend und verfassungswidrig"

Ins selbe Horn stoßen der Mieterschutzverband sowie der Verein "Mieter informieren Mieter". "Nach dem Entwurf müssten selbst in Österreich geborene Drittstaatsangehörige, die hier eine Schul- oder Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, eine Integrationsprüfung ablegen, um bei der Wohnungsvergabe durch eine GBV gleichwertig behandelt zu werden. Ein gleich alter österreichischer Staatsbürger dagegen nicht, auch wenn er über keinen erfolgreichen Schulabschluss verfügt", so der Verein in seiner Stellungnahme. Diese Neuregelung verstoße "klar gegen das Diskriminierungsverbot" und sei wohl auch verfassungswidrig, "weil sie in Länderkompetenzen eingreift".

Ganz ähnlich sieht das auch das Amt der Vorarlberger Landesregierung, das die neue Regelung ebenfalls ablehnt. "Die vorgesehene Einschränkung auf ‚langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsbürger‘ (ab fünf Jahren) würde künftig jedenfalls auch ‚subsidiär Schutzberechtigte‘, die ebenfalls Zugang zum Arbeitsmarkt haben, ausschließen." Im Hinblick auf die angestrebte Reduzierung der Grundversorgungsquartiere sei es nicht nachvollziehbar, diese Personengruppe vom gemeinnützigen Mietwohnungsmarkt direkt auszuschließen.

Hoher administrativer Aufwand für Gemeinnützige

Der Gemeinnützigen-Verband hält dazu fest, dass es durch die neue Regelung für die Mitgliedsunternehmen künftig zu einem erhöhten administrativen Aufwand kommen könnte und diese die Mitarbeiter "auch teilweise vor unlösbare Aufgaben stellen" werde. Es stelle sich etwa die Frage, wie der "ununterbrochene" fünfjährige Aufenthalt von einem Verwaltungsmitarbeiter einer gemeinnützigen Bauvereinigung überprüft werden könne.

Für das Amt der Wiener Landesregierung greift die neue Regelung "auf bedenkliche Weise in ein bewährtes Wohnungsvergabesystem ein. Sie stellt Gemeinnützige Wohnbauvereinigungen ebenso wie auch Wohnungssuchende vor eine unklare Rechtssituation, bürdet ersteren mit der Prüfung der Zugangsvoraussetzungen einen im Einzelfall wesentlich erhöhten Verwaltungsaufwand auf und ist im Ergebnis abzulehnen."

In einigen Stellungnahmen wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Regelung möglicherweise für die Betreiber gemeinnütziger Studentenheime mit ihrem sehr internationalen Publikum nicht gerade zweckmäßig ist. Und für die Mietervereinigung, die die neue Regelung ebenfalls entschieden ablehnt, dient diese überhaupt "lediglich dazu, von den zahlreichen im Gesetz versteckten Verschlechterungen abzulenken".

AK: "Jahrzehntelang eine höhere Miete"

Und Verschlechterungen gibt es aus Sicht der Mieterschützer auch zahlreiche im Entwurf. Die möglicherweise folgenschwerste Änderung betrifft den Paragraph 14. Die dortige neue Regelung wird bewirken, dass ein Absenken der Kostenmiete auf die Grundmiete (was derzeit nach Auslaufen der Finanzierung, also nach etwa 30 bis 40 Jahren, gemacht werden muss) von einer gemeinnützigen Bauvereinigung lange verzögert werden kann. Nämlich dann, wenn der Bauträger das Haus später nicht nur mit Mitteln des laufend von den Mietern gefüllten EVB-Topfes ("Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag"), sondern auch mit Eigenmitteln saniert.

Diese Neuregelung würde es aus Sicht der Arbeiterkammer "erlauben, die gesetzliche Senkung der Mietbelastung unter bestimmten, von den Bauvereinigungen leicht steuerbaren Bedingungen und bei von den Bewohner nicht überprüfbaren Voraussetzungen nicht vornehmen zu müssen". Diese Belastung der Mieter sei "entschieden abzulehnen".

"Nach dem Text der Neuregelung wäre es möglich, über Jahrzehnte eine höhere Miete zu verlangen, als nach bisheriger Rechtslage zulässig wäre, ohne dass das an besonders überprüfbare Voraussetzungen geknüpft ist", kritisiert die Arbeiterkammer. "Die vorgeschlagene Bestimmung ist daher entschieden abzulehnen!"

Kritik von SPÖ-Bautensprecherin Becher

Scharfe Kritik zu diesem Punkt äußerte in den vergangenen Tagen auch wiederholt die SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher. Sie verwies darauf, dass die alte Regelung mit der sogenannten "Auslaufannuität" – also im Grunde einer unverringerten Weiterbezahlung der Miete, obwohl die Darlehen für Grund- und Baukosten getilgt sind – 2015 vom Rechnungshof kritisiert wurde und dann von SPÖ und ÖVP geändert wurde. Seither gilt eine Grundmiete von 1,75 bzw. mittlerweile 1,80 Euro, ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag in Höhe von maximal (aktuell) 2,06 Euro kann draufgeschlagen werden (was von den allermeisten Genossenschaften auch in voller Höhe getan wird).

Dass eine ähnliche Regelung wie zuvor, die von der FPÖ damals scharf kritisiert wurde, nun von FPÖ und ÖVP wieder eingeführt wird, nennt Becher die "erste konzertierte Bestrafungsaktion für Genossenschaftsmieter in der Zweiten Republik".

FPÖ betont "Schadensbehebung"

FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl wollte das nicht auf sich sitzen lassen. "Wir wollen nicht, dass Mieter eines sanierungsbedürftigen Hauses plötzlich mit unvorhergesehenen Erhöhungsverfahren konfrontiert werden", erklärte er in einer Aussendung. Man behebe nun vielmehr "einen Schaden, den die EVB-Novelle der rot-schwarzen Bundesregierung unter Federführung Ruth Bechers angerichtet hat".

Von den Gemeinnützigen kommt in diesem Punkt naturgemäß keine Kritik an der neuen Regelung. Für die laufende Erhaltung des Wohnungsbestands – "gebäudebezogene Großsanierungen" ebenso wie wohnungsbezogene Sanierungen und Brauchbarmachungen, insbesondere in Zusammenhang mit Mieterwechseln – würden die Mittel aus den laufenden Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen immer öfter nicht ausreichen, schreibt der Verband in seiner Stellungnahme. Künftig könne dies aber sichergestellt werden, noch dazu "ohne Mehrbelastungen für die Mieter" – denn diese zahlen dann ihre bisherige Miete einfach weiter.

Kritik an 15-jähriger Spekulationsfrist bei Kaufoption

Gleich eine Vielzahl an weiteren Kritikpunkten findet die Arbeiterkammer in dem Entwurf. Die Verlängerung der Spekulationsfrist (falls Mieter die Kaufoption wählen) von 10 auf 15 Jahre wird von ihr zwar begrüßt, ebenso wie die nun eingeführte Mietzinsbegrenzung für 15 Jahre. Allerdings, so die AK: "Wenn man die im Entwurf betonte Absicht konsequent verfolgen würde, eine Sozialbindung bei gemeinnützig errichtetem Wohn- und Geschäftsraum ‚möglichst lange‘ aufrechtzuerhalten, müsste man die Spekulation nicht nur auf 15 Jahre ab dem Verkauf, sondern auf Lebensdauer des gemeinnützigen Wohnungsbestandes verhindern."

Der Grundsatz "Einmal WGG – immer WGG" und die Mietzinsregeln des WGG sollte nach Ansicht der Arbeiterkammer "lückenlos, dauerhaft und nachhaltig" gelten, auch für den an ehemalige Mieter einer Bauvereinigung veräußerten Wohnungsbestand.

Geklärt ist diesbezüglich übrigens, dass nach einem Verkauf einer geförderten Wohnung und einer darauffolgenden Vermietung durch den neuen Eigentümer tatsächlich 15 Jahre lang nur der jeweilige Richtwert des betreffenden Bundeslands verlangt werden darf. Die Arbeiterkammer lehnt das ab, denn sie fordert einerseits eine gedeckelte Miete für die gesamte Bestandsdauer einer gefördert errichteten Wohnung – und die Regelung sei andererseits zahnlos, weil Mieter solcher Wohnungen im Regelfall schlicht keine Kenntnis davon haben werden, dass ihre Wohnung dieser Bestimmung unterliegt. Nicht nur die Arbeiterkammer fordert deshalb, dass solche Informationen künftig verpflichtend im Grundbuch eingetragen werden müssen.

AK befürchtet "Kettenmietverträge"

Kritisiert wird von der AK auch, dass mit der WGG-Novelle nun "umfangreiche Möglichkeiten neu geschaffen werden, Mietverträge auch auf sehr kurze Zeit befristet abzuschließen" – trotzdem im Entwurf ausdrücklich betont werde, dass die Gemeinnützigen "grundsätzlich" zur unbefristeten Vermietung verpflichtet sind. "Selbst Kettenmietverträge in beliebiger Anzahl und beliebiger Dauer sollen zulässig sein", bemängelt AK-Experte Walter Rosifka.

Warum Bauvereinigungen bei "Wohnversorgungen aufgrund prekärer familiärer Situationen, etwa nach Scheidung oder bei Gewaltopfern" oder bei "einer Person, die in naher Umgebung einen nahen Angehörigen pflegt", wie es in den Erläuterungen zur Novelle heißt, berechtigt sein sollen, mit den Betroffenen Kurzzeitmietverträge abzuschließen, sei "nicht nachvollziehbar". Denn gerade dieser Personenkreis habe ein Interesse an möglichst gesicherten Wohnverhältnissen, "was durch ein befristetes Mietverhältnis generell nicht gewährleistet wird".

"Gleichheitswidrige" 40-m²-Regelung bei der Kaufoption

Wie berichtet, wird die Kaufoption mit der WGG-Novelle ausgeweitet, ein Anspruch besteht für Mieter künftig schon ab fünf Jahren, nicht erst ab zehn. Vom Mieterschutzverband wird dabei kritisiert, dass die Berechnung bzw. Ermittlung des Kaufpreises "nach wie nicht offengelegt werden muss". Das schnellere Anbot erleichtere auch nicht unbedingt die Eigentumsbildung, "da die Zeit für die mögliche Ansparung des Kaufpreises von der Anmietung bis zum ersten Kaufanbot nun kürzer ist". Es bleibe also abzuwarten, "wie viele Mieter überhaupt die kürzere Variante in Anspruch nehmen werden können".

Dass Mieter künftig dreimal statt nur einmal die Möglichkeit haben sollen, ein Angebot zum Kauf zu bekommen, wird vom Mieterschutzverband begrüßt. Dass die Kaufoption künftig bei kleineren Wohnungen unter 40 Quadratmetern aber sogar generell ausgeschlossen wird, hält man für eine Verschlechterung.

Die Mietervereinigung findet das auch "gleichheitswidrig". Es gebe "keine sachliche Gerechtfertigung" dafür, Mieter einer maximal 40 m² großen Wohnung von der Kaufoption auszuschließen. Die Arbeiterkammer fordert bei diesem Punkt zumindest eine Übergangsregelung, damit nicht Mieter, die derzeit bereits einen aufrechten Mietvertrag für eine solche kleine Wohnung mit Kaufoption haben, die Option nicht verlieren.

Die Rechtsanwaltskammer hält zu diesem Punkt in ihrer Stellungnahme fest, dass es besser sei, Wohnungen mit Größen bis zumindest 50 oder 60 Quadratmetern von der Kaufoption auszuschließen. Anders sei das in den Erläuterungen zur WGG-Novelle genannte Ziel, einen "dauerhaft sozial gebundenen Mietwohnungsbestand in Ballungsräumen" beizubehalten, nicht zu erreichen. Gerade Jungfamilien, aber auch Senioren seien oft auf diesen Bestand angewiesen, aber oft finanziell nicht in der Lage, den Wohnraum im Eigentum zu erwerben.

Drei-Objekte-Grenze "nicht nachvollziehbar"

Schließlich wird bei der Kaufoption noch etwas neu geregelt: Im Paragraph 10a wird nun festgelegt, dass "Paketverkäufe gemeinnütziger Wohnungssubstanz" jedenfalls der Zustimmung der jeweiligen Landesregierung bedürfen – ausgenommen dann, wenn es sich um "einzelne Reihen-, Siedlungs- und Einfamilienhäuser" handelt, oder wenn nicht mehr als drei Einzelwohnungen oder Geschäftsräume an eine einzige Person verkauft werden.

Der Verein "Mieter informieren Mieter" sieht nun aber keinerlei Begründung für diese Grenze von drei Objekten. Es sei auch "nicht nachvollziehbar, warum eine Einzelperson mehr als ein Einfamilienhaus oder ein Reihenhaus erwerben sollte", schreibt der Verein in seiner Stellungnahme. Denn zur Eigennutzung könne ja immer nur eine Wohnung dienen, "jedes weitere wird gewinnbringend verwertet und damit dem sozialen Wohnungsbestand entzogen werden", mutmaßt man.

Sollte die Regelung beibehalten werden, verlangt man zumindest nach einer Klarstellung bezüglich einer "abschließenden Grenze, wie viele Objekte eine Person erwerben darf". Denn sonst sei es ja immer noch möglich, "durch zeitlich hintereinanderliegende (jeweils getrennte" Rechtsgeschäfte" in einer Anlage sukzessive eine beliebige Anzahl an Wohnungen zu erwerben. (Martin Putschögl, 17.5.2019)