Vizekanzler Strache hat offenbar im Gegenzug für Parteispenden öffentliche Aufträge versprochen.

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Folgt man den Erklärungen, die die FPÖ für die hemdsärmeligen Gespräche ihrer beiden höchsten Funktionäre mit einer angeblichen russischen Oligarchin gibt, dann war das einfach eine "b’soffene G’schicht": Das am Freitagabend veröffentlichte, etwa zwei Jahre alte Video aus dem sonnigen Ibiza zeigt den heutigen Vizekanzler kettenrauchend und über Möglichkeiten illegaler Parteienfinanzierung, eine Übernahme der Kronen Zeitung durch Russen sowie über mögliche Auftragsvergaben an Parteispender schwadronierend.

Johann Gudenus, der vor allem im Russischen sprachgewandte Klubchef der Freiheitlichen, übersetzt – zur Not auch mit Händen und Füßen, etwa als er eine (inzwischen dementierte) Parteispende des Pistolenherstellers Glock erklärt.

All das soll in stark alkoholisiertem Zustand passiert sein – und überhaupt sei ja in der Folge nichts passiert, versucht die FPÖ zu erklären: keine Parteispende geflossen, keine Übernahme der Kronen Zeitung zur Beeinflussung der Nationalratswahl erfolgt; und Staatsaufträge, die Strache in dem Video als Lohn für die Beeinflussung der Nationalratswahl in Aussicht gestellt hat, sind schließlich auch nicht an dubiose russische Investoren vergeben worden.

Bitte schön: So besoffen kann keiner sein, dass er derartige Pläne mit russischen Vertretern schmiedet. So besoffen kann keiner sein, dass er nicht erkennt, dass es hier um Rechtsbruch geht. So besoffen kann auch keiner sein, dass er danach zur Tagesordnung übergeht.

Nüchtern betrachtet: Für wie besoffen halten Strache und Gudenus eigentlich ihren Koalitionspartner ÖVP, dass sie annehmen können, dass er ihnen nach all den Buben- und Burschenstreichen, die das Land in den vergangenen 500 Tagen der FPÖ-Regierungsbeteiligung bewegt haben, auch diese Geschichte durchgehen lässt? Für wie besoffen halten sie ihre Wähler, denen sie stets versichert haben, dass sie die einzigen Saubermänner der Nation wären? Dass sie dafür sorgen würden, dass Aufträge nur ganz sauber vergeben würden? Dass Parteispenden nur nach penibelster Prüfung und nur von ganz gewöhnlichen kleinen Leuten angenommen würden? Oder dass die bösen Medien halt nur das Allerböseste über die FPÖ berichten würden, wo die Blauen doch die reinsten Unschuldslamperln wären?

Nein, so besoffen kann keiner sein, dass er der FPÖ noch irgendetwas von diesem Schmus glauben würde.

Auch der Bundeskanzler nicht.

Dieser ist bekanntlich ein Mensch, der sich beim Alkoholkonsum noch mehr zurückhält als bei der Kommentierung der unsäglichen Ausrutscher der Freiheitlichen, bei denen er immer und immer wieder ein Auge zugedrückt hat. Aber nun hat Sebastian Kurz einen Koalitionspartner, der durch ein Video ähnlich belastet ist wie ein seinerzeitiger EU-Parlamentarier der ÖVP, dem ebenfalls Aussagen entlockt worden sind, die seine Käuflichkeit nahegelegt haben. Der Mann wurde strafrechtlich verurteilt, er hat seine Strafe abgesessen und ist in der ÖVP eine Unperson.

Strache dagegen sitzt mit Kurz in einer Regierung.

Beide sind im Wahlkampf – und dieser wird durch das von Spiegel und Süddeutscher Zeitung aufgedeckte Video nun doch noch richtig spannend: So besoffen kann schließlich keiner sein, dass er dieser freiheitlichen Parteiführung weiterhin traut. (Conrad Seidl, 17.5.2019)