Man kennt und hilft einander: Sebastian Kurz (links) und René Benko.

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Parteispenden, Umgehungskonstruktionen über einen ominösen Verein, Gesetzeskauf, Manipulation von öffentlichen Vergaben: Was seit dem Auftauchen des Ibiza-Videos durch Aussagen von Heinz-Christian Strache im Raum steht, beschäftigt einige der prominentesten Vermögenden und Industriellen der Republik. Gab und gibt es Machenschaften zwischen großen Finanziers und der FPÖ, möglicherweise auch anderer Parteien?

Die angesprochenen Personen und Konzerne hatten schon Freitagabend ihre Dementis parat, als das Video von "Süddeutscher Zeitung" und "Spiegel" veröffentlicht wurde. Gefallen sind die Namen Glock, Benko, Horten und Novomatic. Bei Glock handelt es sich um den österreichischen Waffenkonzern, der von Gaston Glock aufgebaut wurde. Wenn dessen zweite Frau Kathrin regelmäßig zum Kärntner Großereignis "Horses & Stars" lädt, sind hohe FPÖ-Vertreter Stammgäste. Neben Strache waren auch die Minister Norbert Hofer und Beate Hartinger-Klein VIP-Gäste der Glocks, die am Ossiacher See Springreitturniere veranstalten und Superstars wie Robbie Williams auftreten lassen.

Mehr als Pferdesport

Die Verbindungen reduzieren sich nicht auf den Pferdesport. Die FPÖ hat seit jeher eine waffenfreundliche Politik verfolgt und eine EU-Richtlinie mit strengeren Kennzeichnungen und Beschränkungen bekämpft. Norbert Hofer ist bekennender Glock-26-Schütze, und: Unter Türkis-Blau zog Kathrin Glock in den Aufsichtsrat der Luftfahrtbehörde Austro Control ein, die zu Hofers Verkehrsministerium ressortiert.

Ihre Qualifikationen? Sie leitet seit eineinhalb Jahren die Glock Aviation, die drei Privatjets betreibt. All diese Verbindungen haben schon bisher öfters die Frage aufkommen lassen, ob es Geldflüsse von dem Waffenindustriellen an die FPÖ gab. Seit Bekanntwerden des Videos und den darin von Strache getätigten Aussagen gibt es neue Aktualität und alte Reaktionen zu dem Thema.

Dementi von Glocks Anwalt

Über einen Anwalt ließ Glock verlauten: "Mein Mandant hat weder direkt noch indirekt Spenden oder sonstige Zahlungen an die FPÖ geleistet. Es gab dazu auch keine Gespräche." Eines betonen auch Kritiker der Blauen: Im von Innenminister Herbert Kickl ausgearbeiteten Waffengesetz ließen sich keine Bestimmungen entdecken, die auf eine Begünstigung Glocks hindeuteten.

Das Glock-Werk im Kärntner Ferlach.
Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Wie der Kärntner Industrielle wird René Benko von Strache als FPÖ-Sponsor bezeichnet, mit dem Zusatz, dass der Tiroler Immobilientycoon auch die ÖVP finanziere. Benko weist das ebenfalls zurück. Bekannt ist freilich, dass der Milliardär über gute politische Kontakte in fast alle Richtungen verfügt. So sitzt Ex-SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer ebenso im Beirat der Benko-Gruppe Signa wie die frühere Vizekanzlerin Susanne Riess. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung war auch der frühere Innenminister Ernst Strasser Mitglied dieses Gremiums.

Delikater Immo-Deal

Der gute Draht des Häuser-, Karstadt-, Kaufhof- und Kika-Leiner-Besitzers sowie indirekten Anteilseigners an "Krone" und "Kurier" zur Politik dürfte zumindest nicht geschäftsschädigend gewesen sein. Als stärkstes Indiz dafür gilt der Erwerb des Leiner-Flagshipstores in der Wiener Mariahilfer Straße am Weihnachtsabend 2017. Die Möbelhandelsgruppe benötigte wegen der finanziellen Schieflage dringend Geld zur Abwendung einer drohenden Insolvenz.

Der Verkauf der Immobilie an eine Stiftung Benkos hätte für Entspannung gesorgt, doch wegen der Feiertage war die Lösung gefährdet. Bundeskanzler Sebastian Kurz, Justizminister Josef Moser und Finanzminister Hartwig Löger halfen nach. Ein Bezirksgericht wurde eigens aufgesperrt, ein Beamter aus dem Urlaub zurückgeholt, um die grundbücherliche Eintragung der Transaktion im Wert von 60 Millionen Euro über die Bühne zu bringen. Die Finanz soll bei der Eintreibung von Lohnabgaben ein Auge zugedrückt haben, heißt es. Es ging ja um die Rettung von Arbeitsplätzen, wurde später vom Kanzler-Büro versichert.

Novomatic im Fokus

Gerüchte über finanzielle Unterstützung in viele Richtungen ranken sich schon lange um die Novomatic. Strache im Video über den Glücksspielkonzern: "Novomatic zahlt alle." Das Unternehmen dementierte ausführlich. Die Novomatic AG habe keine Spenden an politische Parteien getätigt, und zwar auch nicht über den Umweg etwaiger Vereine, erklärte ein Sprecher. Verbindungen zur Politik gibt es dennoch. Für Schlagzeilen sorgte Novomatic beispielsweise, als eine Lockerung des Glücksspielmonopols unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser angestrebt und fast erreicht wurde. Sieben Jahre lang wurde gegen Grasser, den Lobbyisten Walter Meischberger und Novomatic-Manager wegen Verdachts der Bestechung und der Untreue ermittelt. Vor zwei Jahren wurde das Verfahren eingestellt.

Feindbild Haselsteiner

Im Video wird auch ein bekannter Unternehmer genannt, dem die FPÖ nichts Gutes will: Hans Peter Haselsteiner. Ihm und der von ihm aufgebauten Strabag sollten öffentliche Aufträge entzogen werden, die dann von der vermeintlichen Oligarchennichte hätten übernommen werden sollen, so vereinfacht ausgedrückt die Intention des zurückgetretenen Vizekanzlers. Haselsteiner will nun alle staatlichen Aufträge prüfen, bei denen die Strabag nicht zum Zug kam, wie er dem STANDARD sagt.

Die FPÖ hält nicht viel von Haselsteiner.
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Allerdings seien Veränderungen bei öffentlichen Aufträgen seit dem Regierungswechsel "nicht sonderlich spürbar" gewesen sei, räumt der Neos-Finanzier ein. Besonders genau will sich Haselsteiner ansehen, ob ein anderes von ihm kontrolliertes Unternehmen benachteiligt wurde: die Westbahn, an der die Familienstiftung 49 Prozent hält. Hier sei die Möglichkeit der Einflussnahme durch den Verkehrsminister, der auch bei der ÖBB Eigentümervertreter ist, deutlich größer als bei der Strabag.

Westbahn gegen Staatsbahn

Tatsächlich läuft schon seit Jahren ein hartes Match zwischen der Staatsbahn und dem privaten Rivalen (mit Beteiligung der französischen Staatsbahn). Insider sagen, die Behandlung der Westbahn war unter FPÖ-Verkehrsminister Hofer weder besser noch schlechter als unter den roten Vorgängern. Benachteiligt sieht sich die Westbahn, indem sie von den gemeinwirtschaftlichen Bestellungen des Bundes und der Länder, also vom Linienverkehr, ausgeschlossen ist.

Diese Regional- und Schnellzugverkehre (zum Beispiel Südbahn und Salzburg–Bregenz) im Volumen von jährlich rund einer Milliarde Euro erbringt seit jeher die ÖBB. Mit Spannung erwartet wurde bis vor kurzem ein neuer Gesetzesentwurf, der dem Vernehmen nach eine Verschlechterung für Haselsteiners Bahn enthält. Gestrichen werden soll der Passus, wonach die Schienenmaut bezahlt werden muss, auch wenn dagegen berufen wurde. Hintergrund: Die Westbahn zahlt seit zwei Jahren keine Schienenmaut, weil sie die damalige Erhöhung bekämpft. (Andreas Schnauder, Renate Graber, Luise Ungerboeck, 19.5.2019)