Strache, Gudenus und dessen Partnerin in der Lockvogel-Villa auf Ibiza.

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Welche Teile des Strache-Videos sind juristisch relevant?

Aus rechtlicher Sicht gibt es im Grunde drei Ebenen. Erstens stellt sich die Frage, ob sich Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus mit ihren Äußerungen strafbar gemacht haben. Zweitens muss man sich anschauen, ob und inwiefern gegen das Parteienfinanzierungsgesetz verstoßen wurde. Drittens könnten natürlich auch jene belangbar sein, die das Video gedreht und die FPÖ-Politiker hinters Licht geführt haben.

Haben Strache und Gudenus gegen das Strafgesetz verstoßen?

Um es kurz und flapsig zu formulieren: wahrscheinlich nicht. Das legen zumindest Gespräche des STANDARD mit mehreren Strafrechtlern nahe. Die juristische Einordnung der Vorgänge im Video ist allerdings nicht so einfach – es gibt verschiedene Rechtsauffassungen. Einig sind sich die Juristen: Die Sache ist strafrechtlich schwer fassbar.

Die Oberstaatsanwaltschaft Wien wurde noch am Freitag mit einer Prüfung beauftragt. Vorerst ist auch sie der Ansicht, dass die wenigen Minuten an veröffentlichtem Videomaterial nicht ausreichen, um ein Verfahren einzuleiten. Es liege kein ausreichender Anfangsverdacht vor, heißt es. Nun wurde die Korruptionsstaatsanwaltschaft beauftragt, das gesamte Videomaterial zu beschaffen. Allerdings: Die "Süddeutsche" und der "Spiegel", die im Besitz des gesamten Videos sind, haben bereits klargemacht, dass sie dieses nicht weitergeben werden. In diesem Fall könnte die juristische Aufklärung also womöglich rasch vorbei sein.

Aber lassen sich Strache und Gudenus da nicht bestechen?

Der Lockvogel und die Politiker besprechen, dass die vermeintliche Russin gegen eine Geldspende Staatsaufträge erhalten könnte. Der Tatbestand der Bestechlichkeit setzt voraus, dass der Täter ein Amtsträger ist. Das waren zum Zeitpunkt, als das Video im Jahr 2017 aufgenommen wurde, beide: Gudenus war nichtamtsführender Stadtrat in Wien, Strache Nationalratsabgeordneter. Allerdings konnten sie in ihren damaligen Funktionen die versprochenen Staatsaufträge nicht vergeben. Das Geschäft richtet sich in die Zukunft – falls die FPÖ in die Regierung kommt. Das sei zu wenig, sind sich mehrere Juristen einig, weil sich die Straftat noch nicht einmal im Versuchsstadium befunden habe.

Die "Russin" hatte zugegeben, dass es sich bei ihrem Geld um Schwarzgeld handle. Geldwäsche?

Dieser Rechtsbruch wird ja höchstens angedacht. Schlussendlich ist – aller Voraussicht nach – nie Geld geflossen. Das Angebot war fiktional, die Politiker wurden bloß ausgetrickst.

Strache spricht von Großspendern, die der FPÖ Geld auf ein Konto eines gemeinnützigen Vereins spenden würden. Zumindest das muss doch wohl verboten sein?

Spenden – auch sehr hohe – sind nicht per se illegal. Es ist Parteien aber untersagt, Zuwendungen von ausländischen Privatpersonen, Unternehmen oder Stiftungen anzunehmen, wenn sie mehr als 2641 Euro betragen – im Jahr 2017 waren es 2500 Euro. Darüber hinaus dürfen Parteien überhaupt kein Geld von gemeinnützigen Vereinen annehmen. Grund ist, dass Spenden an gemeinnützige Einrichtungen von der Steuer abgesetzt werden können, solche an Parteien aber nicht, erklärt der Politologe Hubert Sickinger. Das alles müsste man der FPÖ aber erst nachweisen, von Strache genannte Spender dementieren Geldflüsse.

Wie könnte Geld von Großspendern über einen Verein bei einer Partei landen?

Das System ist bekannt, erklärt Sickinger. "Der Verein gibt dann im Wahlkampf etwa in einer ausländischen Druckerei Flyer in Auftrag – und die Partei spart sich das Geld dafür." Das große Problem an solchen Gesetzesumgehungen: "Alle Kontrollmechanismen laufen ins Leere", sagt der Experte. Derzeit sei der Rechnungshof nämlich auf die von den Parteien selbst getätigten Angaben angewiesen. "Die gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten sind erheblich", sagt Sickinger, "aber dass sie verhängt werden, ist höchst unwahrscheinlich."

War die Aufnahme des Videos rechtlich in Ordnung?

Heimliche Bild- und Tonaufnahmen sind grundsätzlich unzulässig, weil sie Persönlichkeitsrechte verletzen. Bei Eingriffen droht bis zu ein Jahr Haft. Die FPÖ hat deshalb auch bereits eine Strafanzeige angekündigt: da nicht klar ist, wer die Falle gestellt hat, wohl gegen unbekannt. Die Medienanwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD vertritt, erinnert an den Fall Strasser: "Das Verfahren wurde eingestellt, obwohl man sogar wusste, wer ihn heimlich aufnahm." Darüber hinaus seien zivilrechtliche Schritte möglich: "Hier muss man abwägen, ob das öffentliche Interesse größer ist als der Schutz des Betroffenen." Eine Klage hält sie für wenig aussichtsreich, weil die Informations- und die Pressefreiheit besonders stark zu gewichten seien. (Katharina Mittelstaedt, 20.5.2019)