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Der Gewinn, der an Aids-Hilfsprojekte ausgeschüttet wird, stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand, so die Life-Ball-Organisatoren. Notwendig wäre unter anderem einer größere Basisfinanzierung gewesen.

Foto: Reuters

Im Vorfeld der Pressekonferenz der Life-Ball-Organisatoren am Montagnachmittag hat deren Trägerverein Life+ folgendes Statement veröffentlicht.

"Warum das Aus für den Life Ball?

Das war keine Entscheidung, sondern eine Entwicklung. Eine Entwicklung, die im Jahr 2016, in dem der Life Ball pausiert hat, begonnen hat. Diese Pause und der damit verbundene Relaunch waren ein richtiger und wichtiger Schritt in unserer Arbeit – wir haben Jugendarbeit gemacht mit dem 'Life Ball Next Generation', Peer-to-Peer Workshops veranstaltet, und mit der Kampagne 'Know your Status' haben wir es geschafft, die HIV Testungsrate in Österreich um bis zu 20 Prozent zu steigern – die Pause hat uns aber dennoch nicht wie erhofft gestärkt, sondern hat im Gegenteil Substanz gekostet.

Finanzielle Substanz, weil wir trotzdem Projektgelder ausgeschüttet und einen Großteil der Reserven dafür verwendet haben und personelle Substanz, weil wichtige und erfahrene Mitarbeiter den Verein verlassen haben. Und natürlich haben sich auch manche Sponsoren in der Zwischenzeit neue Betätigungsfelder gesucht.

Der Life Ball 2017 und 2018 waren in Folge beide ein Kraftakt. Vorstand und Life Ball Team haben sich deshalb bereits nach dem letzten Ball, im Sommer 2018, zusammengesetzt und einen Businessplan erarbeitet, wie man den Life Ball organisatorisch und strukturell neu aufstellen und für die Zukunft fit machen könnte.

Uns war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass wir das aus eigener Kraft nicht schaffen können, wir hätten Unterstützung gebraucht. Wir haben das auch allen wesentlichen Stakeholdern – erster Ansprechpartner ist natürlich die Stadt Wien für uns – sehr früh kommuniziert. Doch wir wurden nicht gehört oder nicht verstanden.

Alle hielten den Life Ball für ein unsinkbares Schiff.

Aber tatsächlich steht hinter dem großen internationalen Event ein kleiner privater Verein, dessen Vorstandsmitglieder, u.a. auch Gery Keszler, persönlich haften.

Wie bereits berichtet war der Life Ball in den vergangenen 26 Jahren sehr erfolgreich. Wenn wir ein Wirtschaftsunternehmen wären, dann wären wir heute reich, aber wir haben die 30 Millionen Euro Gewinn, die wir erwirtschaftet haben zur Gänze für die Unterstützung von HIV Positiven und an AIDS erkrankten Menschen weiter gegeben – so wie es in unseren Vereins-Statuten steht.

Um an dieser Stelle etwas klar zu stellen: Das Jahr 2018 schließen wir mit einem Reinerlös des Balls von einer Million Euro und nach Auflösung von Rücklagen und Ausschüttung von 1,3 Millionen Euro an Projektgeldern mit einem ausgeglichenen Ergebnis ab. Wir legen großen Wert darauf hier festzuhalten, dass unsere Finanzen geordnet sind. Und wir erfüllen alle Voraussetzungen für die Spendenbegünstigung und das Spendengütesiegel. Beides werden wir behalten!

Aber ja, die Reserven sind endgültig erschöpft. Und eine Haftungserklärung in Höhe von 300.000 Euro, die uns aktiv vonseiten der Stadt angeboten, aber dann doch nicht gegeben wurde, wäre eine Sicherheit gewesen, die wir gerne angenommen hätten.

Nach 26 Jahren der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Stadt Wien würden wir uns wünschen, dass sich auch die Verantwortlichen der Stadt zur Richtigstellung der Fakten äußern. Es ist keineswegs korrekt, dass 'Life+' jährlich eine Subvention von 900.000 Euro erhält, noch dass wir zusätzlich bis zu einer Million gefordert hätten oder eine Ausfallshaftung.

Wir sind sehr dankbar für die Subvention, die wir seit 2008 in Höhe von 800.000 Euro, und heuer zusätzlich einen Betrag von 100.000 Euro zweckgewidmet für dringend nötige EDV-Aufwendungen, von der Stadt Wien erhalten, um die Basiskosten abzudecken.

Aber stellen Sie sich vor, Sie bekommen zehn Jahre keine Gehaltserhöhung. Im Supermarkt wird aber alles teurer. Können sie weiterhin Speisen von gleicher Qualität auf den Tisch bringen? Eine gewisse Zeit vielleicht ja, aber irgendwann geht sich's nicht mehr aus.

Die See ist insgesamt rauer geworden, das spüren alle Unternehmen, natürlich auch unsere Sponsoren, die wie wir unter Kostendruck stehen und Etats kürzen. Dass uns heuer gleich zwei Großsponsoren sehr kurzfristig ausgefallen sind, hat die Situation zusätzlich verschärft. Ohne Reserven zu arbeiten, immer am Limit, schränkt den Entscheidungsspielraum extrem ein und macht die Planung schwer. Es ist die größte Herausforderung, den Sponsoren eine Idee und einen Event zu verkaufen, dessen tatsächliche Machbarkeit und konkrete Umsetzung von genau diesen Sponsoren und ihrem Beitrag erst abhängen.

Ja, wir hätten Unterstützung gebraucht, um aus diesem Teufelskreis raus zu kommen, haben erfolglos zu Beginn des Jahres erneut um diese Unterstützung gebeten.

Und so tragen wir nun den Entwicklungen der Zeit Rechnung. Wir mussten erkennen: Das Schiff Life Ball ist nicht unsinkbar. Vielmehr ist der Wellengang so hoch, dass wir für die Sicherheit in Zukunft nicht mehr garantieren könnten.

Deshalb hat der Vorstand des Vereins aus Verantwortung und kaufmännischer Einsicht beschlossen, das Schiff bei Zeiten in den Hafen zu bringen. Den nächsten Sturm würde es so nicht überstehen. Das ist der Grund, warum der Life Ball 2019 der letzte Life Ball ist.

Vielleicht noch ein Satz zur Klarstellung: Wir arbeiten mit Subventionen und mit Spendengeldern und wir sind uns der Verantwortung, die das bedeutet sehr bewusst. Wir haben im Verein sehr strenge Compliance Regeln und unsere Finanzgebarung hält jeder Prüfung Stand. Auch der Life Ball 2019 wird einen Reingewinn erwirtschaften, aber einen geringeren.

Aber wir sind eben keine Event-Agentur, sondern ein gemeinnütziger Verein, dessen Vereinszweck es ist, Betroffenen zu helfen, Bewusstsein zu schaffen und dazu beizutragen, dass es ein Ende von HIV und Aids gibt. Der Life Ball ist eine Fundraising-Veranstaltung, die diesem Vereinszweck dient. Dass er auch ein wunderbarer, schriller, international berühmter und beliebter Event ist, war aber nie der Zweck des Balls, sondern das Mittel, um den Vereinszweck zu erfüllen. Das können wir nur rechtfertigen, wenn das Geld, das wir an Aids-Hilfsprojekte ausschütten können in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand steht. Dazu hätten wir eine größere Basisfinanzierung benötigt. So einfach ist das und gleichzeitig so bedeutungsvoll.

Und wenn das so ist und wenn man keine Möglichkeit sieht, das Ruder aus eigener Kraft nochmals herum zu reißen, dann ist es besser, das einzugestehen und die Konsequenzen zu ziehen. Auch wenn es schmerzt und wenn wir wissen, dass der Kampf gegen HIV und Aids noch lange nicht gewonnen ist. Der Vorstand von 'Life+'" (APA, 20. 5. 2019)