Life-Ball-Initiator Gery Keszler präsentierte am Montag das Programm für das letzte Event in Wien. Dabei ging er auch darauf ein, warum es zum Aus kam. Von der Stadt Wien fordert er eine "Richtigstellung".

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Wien – Stolz, Trauer, Liebe, Ablehnung – die Gefühlswelt des Gery Keszler glich in den letzten Tagen, seit das Aus seines Life Balls bekannt wurde, einer Achterbahn. "Man ist natürlich auch etwas gekränkt", sagt der Initiator des Megaevents für den Kampf gegen HIV und Aids am Montag bei der Präsentation des Programms für den letzten Ball.

Ärger über "Horrorzahlen"

Was für besondere Aufregung bei Keszler und Life+, dem gemeinnützigen Verein, der den Ball organisiert, sorgt, ist ein Bericht des "Kurier". Dort wurde vor einigen Tagen berichtet, dass der Verein zusätzlich zu der jährlichen Subvention von 900.000 Euro durch die Stadt um eine Ausfallgarantie in Höhe von 300.000 Euro gebeten habe – und dass die Stadt zusätzlich 500.000 bis eine Million Euro zuschießen solle. In der Zeitung wird von regelrechter Erpressung durch Keszler und sein Team bei der Stadt berichtet.

"Diese Horrorzahlen stimmen in keinster Weise", sagt Keszler am Montag. Er wolle über ehrliche Fakten und Zahlen sprechen. Der "unrecherchierte Artikel" trübe sonst ein würdiges Ende für den Life Ball. Was er sich nun erwartet: "Nach 26 Jahren der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Stadt Wien würden wir uns wünschen, dass sich auch die Verantwortlichen der Stadt zur Richtigstellung der Fakten äußern."

Die Stadt reagierte am Montagnachmittag: Eine Richtigstellung könne man nicht bieten, weil die Stadt ja auch keine Gerüchte verbreitet habe, sagte ein Sprecher von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Konkrete Zahlen zu der Kooperation seien transparent und einsehbar. Eine Richtigstellung in der Causa könne Keszler also nur vom Kurier verlangen.

Was von der Stadt gefordert wurde

Die angesprochenen ehrlichen Zahlen durfte in der Folge die Kassierin von Life+, Gerlinde Hecht, darlegen. "Ich bin ein humorvoller Mensch, aber bei nackten Zahlen hört sich der Spaß auf", zeigt auch sie sich empört über die Darstellung im "Kurier". Erste Richtigstellung: Die jährliche Subvention durch die Stadt habe 800.000 Euro betragen – und seit 2008 sei sie nie an die Inflation angepasst worden. Dankbar sei man natürlich dennoch gewesen, auch über die dieses Jahr einmalige Zweckwidmung von 100.000 Euro für Erneuerungen in der EDV.

Die Haftungserklärung in Höhe von 300.000 Euro sei aktiv vonseiten der Stadt angeboten worden, "aber dann wurde das Angebot doch wieder zurückgezogen. Natürlich wäre das eine Sicherheit gewesen, die wir gerne angenommen hätten", sagt Hecht.

Und was ist mit der zusätzlichen Million? "Darum haben wir nie gebeten", sagen Hecht und Keszler. Sie bestreiten aber auch nicht, dass man zusätzliches Geld wollte. In vielen Bereichen seien die Kosten extrem gestiegen, allein im Securitybereich seien 200.000 Euro mehr notwendig. Keszler nennt schließlich doch noch einen Betrag: "Wir wollten 500.000 Euro bekommen."

Ende einer Entwicklung, keine Entscheidung

Allerdings, und da kommt Hecht wieder zu Wort, würde man das Geld nicht brauchen, um einen Gewinn zu finanzieren. Auch das sei "fälschlicherweise" behauptet worden. Man habe 2018 erfolgreich gewirtschaftet und bekomme sämtliche Gütesiegel. Selbiges könne sie auch für 2019 garantieren. Beim zusätzlichen Geld sei es also um konkrete Projekte gegangen.

Das Ende des Life Balls sei dennoch keine kurzfristige Entscheidung, sondern eine längere Entwicklung gewesen, sagt Hecht und legt noch andere Gründe dar als fehlende Unterstützung der Stadt. Einige Sponsoren hätten neue Wege gesucht, die Pause 2016 und der damit verbundene Relaunch seien zwar ein "richtiger und wichtiger Schritt" gewesen, um die HIV-Jugendarbeit zu forcieren. Die Pause habe aber viel Substanz gekostet, da Projektgelder trotzdem ausgeschüttet wurden. Schon nach dem Ball 2018 sei klar gewesen, "dass wir das aus eigener Kraft nicht schaffen können".

Unüberwindbare Differenzen

Die Pressekonferenz zeigt damit, dass einzelne Zahlen im "Kurier"-Bericht zwar nicht stimmen dürften – zumindest nach Darstellung von Life+. Deutlich wird allerdings, dass die Differenzen zwischen dem größten Sponsor des Events und den Organisatoren letztlich unüberwindbar groß waren.

Wie sich das beim letzten Event auswirken wird, ist derzeit noch unklar. "Ich muss Bürgermeister Ludwig nicht offiziell einladen, schließlich ist er ja der Gastgeber", sagt Keszler. Man habe Ludwig aber gebeten, die Eröffnungsworte zu sprechen.

Aids-Organisationen suchen Geldgeber

Definitive Auswirkungen wird es für die österreichische Aids Hilfe geben, die durch den Life Ball an notwendige Gelder kam. "Viele Probleme konnten wir nur mit Life-Ball-Geldern lindern", meint etwa Wolfgang Wilhelm, Obmann der Aids Hilfe Wien. Denn HIV-Therapie könne man sich nur leisten, wenn man versichert ist. Und das sei bei vielen Menschen in Österreich nicht der Fall. Wilhelm appelliert deswegen gleich an die im Raum sitzenden Vertreter der Sponsorenfirmen: "Liebe Sponsoren, in dieser entsolidarisierten Zeit brauchen wir Geld." In Kontakt sei man außerdem mit dem Gesundheitsministerium, dort müssten jetzt Kampagnen forciert werden, weil der Life Ball eine Lücke hinterlasse.

Auch Wilhelm spricht die Berichte nach dem verkündeten Aus an. Den Kritikern des Life Balls wolle er sagen: "Leistet ihr mal ein Zehntel von dem, was Gery Keszler getan hat. Dann können wir reden. Bis dahin könnt ihr nur ehrfürchtig vor Keszler sitzen."

Conchita als Zirkusdirektor

Natürlich wurden nicht nur Finanzen debattiert, sondern auch das diesjährige Programm präsentiert. Die Eröffnungsshow wird "über den Regenbogen führen", Conchita sowie Dianne Brill, die Muse von Künstler Andy Warhol, werden das Event moderieren. Testimonial für die "Know your Status"-Kampagne ist dieses Jahr Pornodarsteller Francois Sagat. Der Schwerpunkt der Kampagne lautet diesmal "U=U", was für "Undetectable=Untransmittable" steht: Ziel ist es, darüber aufzuklären, wie eine HIV-positive Person, die sich in entsprechende Behandlung begibt, virale Suppression erreichen und das HI-Virus damit nicht mehr an andere weitergeben kann. (lhag, 20.5.2019)