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Apple steht in China als Symbol für die US-Politik – und ist damit besonders angreifbar. Im Bild ein Protest gegen US-Präsident Trump in Hongkong im Oktober 2018.

Foto: Vincent Yu / AP

Während sich in Europa viele Konsumenten fragen, ob es noch Sinn ergibt, sich ein Huawei-Smartphone zu kaufen, reagieren chinesische Konsumenten auf die Strafmaßnahmen der US-Regierung vollkommen anders. In den sozialen Medien ist zunehmend der Aufruf zu finden, auf Huawei zu wechseln und westlichen Herstellern wie Apple den Rücken zu kehren. Die "Apple-Boykott"-Bewegung erhält in dem Land derzeit neuen Aufwind, wie die "South China Morning Post" berichtet.

Relationen

Dass der aktuelle Handelskonflikt langfristig gerade dem Geschäft von Apple schweren Schaden zufügen könnte, bestätigen auch die Analysten von IDC. Die Marktanteile des iPhones sind zwar in China in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen, mit 9,1 Prozent reichte es im Jahr 2018 aber noch immer für den fünften Platz unter allen Herstellern. Und da Apple-Smartphones erheblich teurer sind als jene der chinesischen Konkurrenz, ist der Anteil am Gesamtumsatz noch wesentlich größer. Aus diesem Markt gedrängt zu werden würde sich also äußerst negativ auf die Gesamtzahlen des Unternehmens auswirken.

"Apple ist eine Luxusmarke, und deren Attraktivität hängt ganz vom Ansehen bei den Nutzern ab", betont denn auch Bryan Ma von IDC Asia Pacific. Gleichzeitig ist er aber auch nicht davon überzeugt, dass der Apple-Boykott so tiefe Spuren hinterlassen wird, wie aktuell angenommen wird. Die aktuelle Situation führe sicher dazu, dass manche aus nationalem Stolz amerikanische Produkte verweigern, für viele andere spiele das aber eine untergeordnete Rolle.

Abhängigkeit von China

Doch es gibt noch eine zweite Gefahr für Apple, und die ist aktuell wesentlich greifbarer – wird doch ein bedeutender Teil der Hardware des Unternehmens in China gefertigt. Hier könnte die chinesische Regierung also leicht ansetzen, um sich für die Maßnahmen gegen Huawei zu rächen. Eine Befürchtung, die seit Anfang der Woche den Aktienkurs von Apple deutlich nach unten gedrückt hat.

Apple ist dies natürlich bewusst, und es ist derzeit bemüht, die Fertigung nach und nach aus China in andere Länder zu verlagern. So berichtet etwa "Digitimes" davon, dass der Apple-Fertiger Pegatron 300 Millionen US-Dollar in die Renovierung zweier Werke in Indonesien investiert hat. Überhaupt soll Apple Indonesien als neuen Ort zur Herstellung seiner Geräte auserkoren haben, schon jetzt werden demnach Macbooks und iPads – zumindest teilweise – in dem Land produziert.

Branchentrends

Apple ist damit übrigens nicht der einzige Hersteller, der seine Abhängigkeit von China reduzieren will. So hat etwa Samsung Mitte des vergangenen Jahres das weltgrößte Smartphone-Werk eröffnet – und zwar in Indien. Auch andere Apple-Partner wie Foxconn wollen ihre Fertigung auf weitere Länder ausdehnen, neben Indien wird dabei auch Vietnam immer öfter ins Spiel gebracht. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass die Fertigung in China längst nicht mehr so billig ist, wie es lange der Fall war, und auch in anderen Ländern das diesbezügliche Know-how unter den Arbeitern gewachsen ist.

Doch Apple ist auch jenseits der Huawei-Episode bereits besonders stark vom Handelskonflikt zwischen den USA und China gefährdet. Hat doch US-Präsident Trump die Einführung von Strafzöllen für in China hergestellte Produkte angekündigt. Dies könnte die Produktionskosten eines iPhone XS um 14 Prozent erhöhen, wie Analysten schätzen. Das stellt Apple vor die Wahl, den Verkaufspreis weiter nach oben zu treiben – eine Strategie, die Apple zuletzt einen deutlichen Einbruch bei den Verkaufszahlen beschert hat – oder signifikante Einbußen beim Gewinn hinzunehmen.

Nationalistische Träume

Trump hat für die Lösung dieses Problems einen ganz anderen Vorschlag: nämlich dass Apple die Fertigung wieder in die USA verlegt. Experten halten dies allerdings eher für nationalistischen Donnerwirbel denn für eine ernsthaft umsetzbare Idee. Einerseits fehlt in den USA derzeit ein ausreichend großer Pool an für diese Aufgaben ausgebildeten Arbeitern, zudem seien Jobs in der Fertigung auch sehr schlecht bezahlt und äußerst anstrengend. Insofern dürfte sich auch das Interesse von US-Arbeitnehmern daran in sehr engen Grenzen halten.

Als letzter großer Hersteller hatte sich vor einigen Jahren Motorola am Bau von Smartphones in den USA versucht. Das Resultat waren erheblich teurere Geräte, während der "patriotische" Faktor wenig Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Konsumenten zeigte. Insofern wurde die US-Fertigung bald wieder eingestellt. (Andreas Proschofsky, 24.5.2019)