Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will auf Ibiza nur "Gedankenspiele artikuliert" haben, die "dumm" waren.

Quelle: SZ, Der Spiegel

Wien – Seine Äußerungen in den Ibiza-Videos interessieren Heinz-Christian Strache nur noch bedingt. Er habe zwar "Gedankenspiele artikuliert, die dumm waren", teilte der Ex-FPÖ-Chef am Freitag mit. Aber: "Die Gedanken sind frei, und auch die Artikulation solcher Gedankenspiele ist frei und weder verwerflich noch illegal."

Das Ibiza-Video selbst ist laut Strache aber "unter hohem Kapitaleinsatz und Rechtsbruch" entstanden. Strache habe daher bei der Staatsanwaltschaft Wien Strafanzeige gegen zumindest drei als mögliche Mittäter identifizierte Personen eingereicht. Johann Pauer, der Anwalt Straches, präzisiert dessen Angaben auf STANDARD-Anfrage: Demnach wurden der Wiener Anwalt M., der Wiener Detektiv Julian H. sowie die vermeintliche Oligarchennichte mit lettischem Pass (als unbekannte Täterin) angezeigt.

Strache-Anwalt sieht vier mögliche Straftatbestände

Für Pauer ergibt sich der Verdacht auf vier Straftatbestände: Missbrauch von Ton- und Abhörgeräten, Urkundenfälschung, Täuschung sowie der Verdacht der Datenverarbeitung in Gewinn- und Schädigungsabsicht. Basis der Anzeige seien die Medienberichte der vergangenen Tage.

Anwalt M. hat laut Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus den Kontakt zwischen ihm, der "Oligarchennichte" und dem Detektiv hergestellt. M.s Anwalt Richard Soyer hatte am Donnerstag gesagt, dass M. "sämtliche Anschuldigungen und Vorwürfe" entschieden zurückweise.

Freitagabend meldete sich Soyer erneut zu Wort und erklärte die Motivation seines Mandanten: "Es handelte sich um ein zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt, bei dem investigativ-journalistische Wege beschritten wurden." Das habe wegen der Reaktionen der betroffenen Politiker eine Eigendynamik entwickelt. Sein Mandant, der im Rahmen des Projekts mandatiert gewesen sei, habe "einzig demokratiepolitische und rechtliche Überlegungen" angestellt.

Im Übrigen sei zu dem Video festzuhalten, dass "ein verdeckter Kameraeinsatz im Enthüllungsjournalismus zur Aufdeckung von Misständen zulässig ist", verteidigt Soyer das Vorgehen.

Verwackelte Bilder

Anwalt M. soll schon früher umtriebig gewesen sein. Ein Informant bestätigte dem STANDARD, dass M. vor der Wien-Wahl 2015 belastendes Material über Strache Parteivertretern von SPÖ, ÖVP und Neos angeboten habe. Das Material, unter anderem verwackelte Bilder, lehnten die Vertreter allerdings ab.

Georg Niedermühlbichler war 2015 Wahlkampfmanager für die Wiener SPÖ. Er bestätigt, dass es damals Gerüchte über belastendes Material über Strache gegeben habe. Gesehen "habe ich die Bilder aber nie". Mit Anwalt M. habe Niedermühlbichler nie zu tun gehabt – "zumindest nicht bewusst".

Eine auffällige Querverbindung rückt Anwalt M. aber auch auf einer anderen Ebene in den Fokus. So ist ein Ex-Sicherheitsmann Straches, Geschäftsführer einer Security-Firma und aktiver FPÖ-Funktionär, mit ihm bekannt: Der Strache-Vertraute hat M. in mehreren Fällen seit 2011 beauftragt. In die Ibiza-Affäre will der FPÖ-Politiker aber keinesfalls gezogen werden. "Ich habe damit nichts zu tun", sagte er Profil. "Wir haben Strache nur zum Flughafen Schwechat gebracht und dort abgeliefert. Bei privaten Reisen waren wir nie dabei."

Dagegen soll Detektiv Julian H. beim Geschehen auf Ibiza anwesend gewesen sein. Das behaupten Gudenus und Ex-Sicherheitsberater Sascha W. In einem Interview mit oe24 sprach W. davon, Julian H. zu kennen und auf den Videos sofort erkannt zu haben: "Ich habe Julian H. ausgebildet. Das Video trägt meine Handschrift." Beweise legte er nicht vor.

Abgesehen davon gibt es noch einen anderen Fall, in den sowohl W. als auch H. involviert sind – und auch der Wiener Anwalt M. Und zwar geht es um einen vermeintlichen Betriebsspionagefall im Zusammenhang mit einer oberösterreichischen Baumaschinenfirma. W. hatte 2016 Selbstanzeige erstattet und darin den Vorwurf erhoben, im Auftrag besagter Firma ein Konkurrenzunternehmen ausspioniert zu haben – zusammen mit H., wie W. sagt. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Ab 26. Juni muss sich W. nun im Gegenzug selbst vor Gericht verantworten: Ihm werden Verleumdung und falsche Beweisaussage zur Last gelegt. Pikant dabei: Julian H. ist als Zeuge geladen.

Parallelen zu Spionagefall

Laut Sebastian Lesigang, dem Anwalt von W., gibt es Parallelen zwischen dem Betriebsspionagefall und der Ibiza-Affäre. Zum einen seien da die Arbeitsmethoden, die W. ihm beschrieben habe. "Die ähneln dem, was zum Ibiza-Video bislang bekannt ist", so Lesigang. Außerdem, sagt er dem STANDARD, sei Anwalt M. im Betriebsspionagefall der Rechtsvertreter des Geschäftsführers der besagten Baumaschinenfirma gewesen. Eine Anfrage dazu blieb unbeantwortet. (Kim Son Hoang, David Krutzler, Fabian Schmid, 24.5.2019)