Sebastian Kurz 2017 im Wahlkampf. Und wieder soll die ganze Inszenierung auf seine Person zugeschnitten sein.

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Sebastian Kurz 2019 vor seinen Fans: "Wir werden kämpfen."

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Wien – Die Fans wurden aus ganz Österreich mit Bussen zur Parteiakademie der ÖVP gebracht: Sebastian Kurz brauchte Publikum und Unterstützung, das war quasi der Auftakt zum Wahlkampf der ÖVP: In der politischen Akademie trat am Montagabend der soeben abgewählte Bundeskanzler vor seine treuesten Anhänger. Kurz sprach von einem durchaus schwierigen Tag, die Menschen in Österreich würden seiner Abwahl mit Trauer, Wut, aber auch mit Hoffnung begegnen.

Die FPÖ habe mit der SPÖ schnell eine neue Koalition geschlossen – "geeint im Hass auf die Volkspartei". An seine eigenen Leute gerichtet meinte Kurz, für Wut, Hass und Trauer sei kein Platz, die Entscheidung des Parlaments müsse man zur Kenntnis nehmen, aber die Wahlen kommen erst. "Ich verspreche euch, da werden wir kämpfen", sagte Kurz im Jubel seiner Anhänger.

Jubel der Fans

FPÖ und SPÖ hätten nur ein einziges Programm, nämlich: Kurz muss weg. "Ich bin aber immer noch da, ich stehe vor euch", sprach der Ex-Kanzler und versprach: "Die Veränderung ist nicht zu Ende. Sie können sicher nicht die Veränderung aufhalten, die von uns ausgeht." Am Ende entscheide in einer Demokratie nämlich das Volk, "und darauf freue ich mich", sagte Kurz und ließ seine Fans damit wieder jubeln.

Kurz scheint sich sicher zu sein, dass er sich auch außerhalb des Kanzleramtes bewähren kann. Er brauche diese Bühne und Rolle nicht, er könne auch als Person reüssieren, heißt es im Hintergrund. Der letzte Wahlkampf, der im Oktober 2017 mit einem Ergebnis von knapp 32 Prozent zu einem Triumph für die "neue Volkspartei" geführt hatte, war auch auf Kurz als Person zugeschnitten – und da war er noch nicht einmal Kanzler, sondern nur Außenminister. Und immerhin schon ÖVP-Chef.

Thematisch eingeschränkt

Leicht wird es für die Wahlkampfstrategen der ÖVP nicht. Als Kanzler hätte Kurz mehrfach täglich Gelegenheiten für Auftritte – und eine riesige Auswahl an Themen. Als Parteiführer und Klubobmann im Parlament muss er sich selbst die Gelegenheiten für Auftritte schaffen, thematisch ist er deutlich eingeschränkt – und quasi permanent im Wahlkampfmodus. Das kann sich abnützen.

Riesige Chance

Allerdings sind sich die ÖVP-Strategen sicher, dass die neue Ausgangsposition auch eine riesige Chance bietet. Das Wahlergebnis von 2017 sollte locker übertroffen werden können, aus mehrerlei Gründen: Kurz ist in der Opferrolle, er gilt seinen Anhängern als Märtyrer. Mit dieser Rolle lassen sich auch neue Wähler mobilisieren, die bisher nicht als Anhänger der ÖVP angesprochen werden konnten. Das Verständnis für seine Abwahl durch die Opposition im Nationalrat ist in der Bevölkerung nicht allzu groß, das gilt auch für Bürger außerhalb der ÖVP-Stammklientel. Das alles lässt sich wunderbar inszenieren und verkaufen, die Funktionäre sind elektrisiert und voll motiviert. Und schließlich sollte es der ÖVP unter Kurz auch gelingen, viele Wähler, die von der FPÖ enttäuscht sind, anzusprechen. Das wird nicht einfach, wie schon das Ergebnis der EU-Wahl vom Sonntag zeigt. Die Verluste der Freiheitlichen sind nicht so eingetreten, wie prognostiziert worden war.

Touren durch Österreich

Aus Sicht der ÖVP-Wahlkampfstrategen soll es ein kurzer und knackiger Wahlkampf werden, selbstverständlich ganz auf die Person Kurz zugeschnitten und zugespitzt. Der ÖVP-Chef soll dabei ganz gezielt und sehr ausführlich mit dem Volk in Kontakt treten, geplant sind ausführliche Touren durch ganz Österreich, auch wieder Wanderungen mit Fans.

Noch seien keine Plakatflächen gebucht, beteuern die Parteimanager – und treten damit auch Gerüchten entgegen, wonach die ÖVP solche Flächen längst reserviert habe.

Macher und Umsetzer

Inhaltlich werden Kurz und sein Team auf seine Verantwortung als Kanzler und als Staatsmann setzen. Die Erfolge der Regierung, die erreichte Veränderung, der Gegensatz zum Stillstand der vorigen Regierung sollen als permanentes Thema hervorgehoben werden. Inwieweit man inhaltlich die Thematisierung von Kurz als Opfer durchziehen werde, hängt von den Umständen ab, das Thema könnte sich abnützen und dem Image von Kurz als Macher und Umsetzer schaden.

Ein heikles Thema sind die Wahlkampfkosten. Die ÖVP hat bereits beteuert, die Kostenobergrenze von sieben Millionen Euro einhalten zu wollen. Das hat sie im letzten Wahlkampf auch behauptet und dann um ganze sechs Millionen überzogen. Das hat zu heftiger Kritik geführt, auch weil Kurz als Schwindler oder als Lügner überführt worden sei. Insider erwarten sich, dass die ÖVP auch diesmal kaum die Sieben-Millionen-Obergrenze einhalten wird. Geld sollte dank Spenden jedenfalls ausreichend vorhanden sein. (Michael Völker, 28.5.2019)