Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace protestieren seit Jahren gegen Glyphosat – und haben viele Gemeinden hinter sich.

Foto: APA / Greenpeace / Armin Rudelstorfer

Das freie Spiel der Kräfte im Parlament führt nun womöglich dazu, dass Österreich als erstes Land ein generelles Verbot des Pflanzengiftes Glyphosat beschließt. Das Mittel sorgt seit Jahren für heftige Kontroversen. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und den aktuellen Stand im Parlament:

Frage: Was ist Glyphosat?

Antwort: Glyphosat ist ein weltweit eingesetztes Pflanzenschutzmittel. Das bekannteste Produkt ist Roundup, das vom US-Saatgutriesen Monsanto, der mittlerweile zum deutschen Konzern Bayer gehört, verkauft wird.

Frage: Warum ist Glyphosat so umstritten?

Antwort: Die Gegner argumentieren mit den gesundheitlichen Gefahren. Laut einer Studie der Internationalen Agentur für Krebsforschung, einer Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation WHO, ist Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend für Menschen". Monsanto hingegen meint, bei sachgemäßer Verwendung sei es sicher. Auch die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit schreibt auf ihrer Homepage, das Mittel sei "bei sachgerechter Anwendung gesundheitlich weitgehend unbedenklich". Zuletzt gab es allerdings einige Klagen in den USA, bei denen Monsanto zu Millionenzahlungen verurteilt wurde, weil es für Krebsrisiken haftbar sei.

Frage: Was plant der österreichische Nationalrat nun konkret?

Antwort: Die SPÖ fordert seit Jahren ein generelles Glyphosat-Verbot. Am Mittwoch hat sich auch die FPÖ dem Vorschlag angeschlossen, wodurch nun eine Mehrheit gesichert wäre. Es gibt auch bereits einen Antrag der Sozialdemokraten dazu, dieser könnte schon am 2. Juli vom Nationalrat beschlossen werden. Wann das Verbot dann in Kraft treten soll, ist noch offen. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner betonte am Mittwoch: "Jetzt ist endlich Vernunft eingekehrt und der Weg für ein Glyphosat-Verbot ist frei."

Frage: Ist das Verbot damit fix?

Antwort: Nicht unbedingt. Auch das Land Kärnten wollte bereits ein generelles Verbot. Im Jahr 2018 meldete die EU-Kommission aber "ernsthafte Bedenken" dagegen an. Der Grund: Die EU-Mitgliedstaaten hatten im Jahr davor beschlossen, Glyphosat noch bis 2022 EU-weit zuzulassen. Kärnten adaptierte daraufhin sein Gesetz. In Kraft ist nun kein generelles Verkaufs-, sondern ein teilweises Anwendungsverbot. Glyphosat darf demnach von Privaten und in "sensiblen Bereichen" wie rund um Schulen und Kindergärten nicht eingesetzt werden.

Frage: Muss das Parlament auf Bedenken der EU-Kommission Rücksicht nehmen?

Antwort: Theoretisch könnte man sich natürlich darüber hinwegsetzen und es auf eine Klage beim Europäischen Gerichtshof ankommen lassen. Der Nationalrat könnte aber auch noch auf ein generelles Verbot verzichten, den Entwurf adaptieren und schließlich eine ähnliche Regelung wie der Kärntner Landtag beschließen – also nur ein teilweises Verbot. In der Landwirtschaft könnte es dann aber weiter eingesetzt werden.

Frage: Gibt es solche Überlegungen?

Antwort: Zumindest von der ÖVP, sie hat am Mittwoch einen eigenen Antrag erarbeitet, der in Richtung der Kärntner Lösung ginge – also ein Anwendungsverbot in bestimmten Bereichen. Aufgezählt werden im ÖVP Antrag öffentlichen Parks oder Gärten, Friedhöfe, Sport- und Freizeitplätze, Schwimmbäder, Schulgelände, Kinderspielplätzen, Gesundheitseinrichtungen und "nicht berufliche Verwender für den Haus- und Kleingartenbereich".

Frage: Warum werden solche Themen überhaupt auf EU-Ebene geregelt?

Antwort: Grundsätzlich ist die Union bestrebt, in einem einheitlichen Binnenmarkt auch möglichst einheitliche Spielregeln zu schaffen, damit es für Firmen und Konsumenten überall die gleichen Standards gibt. Das führt aber auch dazu, dass einzelne Staaten manchmal überstimmt werden. Bei der letzten Zulassung von Glyphosat stimmten 18 Staaten dafür, neun Länder – darunter Österreich – waren dagegen.

Frage: Wie fallen aktuell die Reaktionen auf die Debatte aus?

Antwort: Die Umweltschutzorganisationen sind natürlich erfreut. Global 2000 spricht von einem "großartigen Erfolg für die Umwelt wie die menschliche Gesundheit. Ähnlich hat sich Greenpeace geäußert. Die Industriegruppe Pflanzenschutz(IGP) meint hingegen, Glyphosat sei in der "Landwirtschaft und vor allem bei bodenerhaltenden Anbauweisen ein nicht wegzudenkender Wirkstoff". Befürchtet wird, dass sich ein Verbot "negativ auf Ertrag und Qualität des Erntegutes auswirken" könnte.

Das Büro der neuen Umweltministerin Maria Patek wollte aktuell keine inhaltliche Bewertung abgeben. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass es parlamentarische Anträge bzw. Initiativen in diesem Bereich gibt, darüber wird das Parlament dann in seiner Juli-Sitzung entscheiden", heißt es in einem Statement. (Günther Oswald, 12.6.2019)