Parteifreunde: Heinz-Christian Strache und Herbert Kickl in besseren Tagen.

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Ibiza hallt noch nach, und schon bricht die nächste Affäre über jene Partei herein, die sich als politische Vertretung der Anständigen und Rechtschaffenen begreift: Die politische Führung des Innenministeriums unter Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ) war nicht nur enorm überdimensioniert, dort sollen auch exorbitant hohe Gehälter gezahlt worden sein. Von bis zu 13.000 Euro für Mitarbeiter pro Monat ist die Rede.

Die politische Spitze des Hauses in der Herrengasse hatte vor der Ablöse Kickls am 22. Mai insgesamt 57 Mitarbeiter: Im Kabinett des Bundesministers sowie im Büro von Generalsekretär Peter Goldgruber waren 29 Referenten und 19 Hilfskräfte beschäftigt. Auf neun Mitarbeiter kam Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP). Vor allem in den FPÖ-besetzten Büros sei es zu Gehaltsexzessen gekommen, berichten Insider aus dem Ressort, die nicht namentlich genannt werden wollen.

10.389,30 Euro für Goldgruber

Eine interne Erhebung der Gehälter für den Monat Mai habe ergeben, dass dort einige Personen mehr verdient haben als der damals höchste Beamte des Hauses, Peter Goldgruber (Generalsekretär in der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 9 mit einem Fixgehalt von 10.389,30 Euro im Monat brutto). Ein Mitarbeiter Goldgrubers bezog ein Monatsbruttogehalt von rund 13.000 Euro, ein weiterer immerhin 12.000. Diese Gagen können sich beinahe mit dem Ministergehalt Kickls selbst messen. Er erhielt als Ressortverantwortlicher zuletzt 17.861,80 Euro brutto pro Monat.

Üblicherweise sind Mitarbeiter in den Kabinetten auf die Amtszeit des Ministers befristete Vertragsbedienstete des Bundes, die nach dem "Bandbreitenmodell" bezahlt werden. Sie werden mit etwa 5700 Euro Gehalt pro Monat eingestuft, Überstunden sind inkludiert. Gelegentlich werden allerdings auch Beamte in den Ministerbüros beschäftigt. Sie erhalten die gleiche Einstufung wie ihre Kollegen, dürfen aber Überstunden schreiben.

Ein Teil von Kickls und Goldgrubers Zuarbeitern stammte tatsächlich aus Polizeibehörden oder dem Beamtenapparat des Ministeriums und hat diese Möglichkeit exzessiv genützt. "Die haben jede Menge Überstunden geschrieben", heißt es im Innenressort – und das, obwohl die politische Führung des Ministeriums personell sehr gut aufgestellt gewesen sei und sich dadurch proportional der Arbeitsaufwand und die Summe der Überstunden eigentlich hätten deutlich verringern müssen.

Verdoppelte Gehälter

Durch die Überstunden seien die Gehälter zum Teil verdoppelt worden, heißt es in der Herrengasse, manche hätten sehr viel mehr als 100 Überstunden pro Monat verrechnet. Fairerweise müsse man aber auch dazusagen, dass bei einigen der Betroffenen in der Schlussrechnung Mitte Mai auch Überstunden aus den Vormonaten berücksichtigt worden seien.

Herbert Kickl erklärte in einer ersten Reaktion zu den Vorwürfen: "Das sagt mir gar nichts, aber ich werde mich schlaumachen." Kickls früherer Kabinettschef, der niederösterreichische FPÖ-Abgeordnete Reinhart Teufel, sagte dem STANDARD auf Kickls Geheiß, er habe nie derartige Überstunden in seinem Verantwortungsbereich freigegeben. Dort habe es Pauschalierungen gegeben.

Kickl bestreitet Vorwürfe

In einer Aussendung schrieb Innenminister Kickl später: "Diese Überstunden werden für jedes Quartal im übernächsten Folgemonat ausbezahlt. In den Mai-Gehältern waren demnach Überstunden für Jänner, Februar und März enthalten. Die Gehälter in den Vormonaten März und April waren also deutlich geringer, zum Teil nur ein Drittel bis die Hälfte der für Mai genannten Summen."

Goldgruber räumt hohe Gehälter ein

Ex-Generalsekretär Goldgruber dagegen räumt die extrem hohen Gagen ein, und zwar auch in weiteren Monaten vor dem vergangenen Mai: "Es ist das eine oder andere Mal vorgekommen, dass einer meiner Mitarbeiter mehr als ich verdient hat. Am Anfang der Amtszeit, in den ersten drei bis fünf Monaten, war ja sehr viel zu tun. Wir haben das aber dann begrenzt, weil wir gesehen haben, dass das nicht geht." Von den hohen Beträgen in Mai habe er keine Kenntnis: "Das habe ich auch nicht genehmigt." Außerdem müsse man dazusagen, dass die Beträge nicht nur durch Überstunden zustande gekommen seien. "Manche sind Nebentätigkeiten in ihrer Freizeit nachgegangen. Bei Lenkerprüfungen zum Beispiel." Wie sich das neben der stressigen Kabinettsarbeit ausging? Goldgruber: "Es gab ja auch Samstage."

Neos kündigen Anfrage an

Die Neos kündigten inzwischen eine parlamentarische Anfrage an, die die Affäre restlos aufklären soll: "Es ist einfach schamlos, wie die angebliche ,Partei des kleines Mannes‘ das Geld der fleißigen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verschleudert", sagte der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak dem STANDARD. "Das Lebensmotto der Freiheitlichen ist ganz offenkundig – sobald sie an den Futtertrögen der Macht waren, hieß es immer sofort: Euer Steuergeld für unsere Leut‘." (Christoph Prantner, 18.6.2019)