Der iranische General Amir Ali Hajizadeh präsentierte am Freitag Trümmer, die von der abgeschossenen US-Drohne stammen sollen.

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Die Beteiligten pokern hoch: Kalkulierte Eskalationen, begrenzte Antworten darauf, die dann abgesagt werden, ein Informationskrieg auf beiden Seiten – das alles droht schnell außer Kontrolle zu geraten. Und wenn es eine Lektion der vergangenen Jahre im Nahen Osten gibt, dann jene, dass die Folgen von Krieg oder gar Regimewechsel nicht mit "Aktion A bringt Ergebnis B" zu berechnen sind. Und genau deshalb hat US-Präsident Donald Trump nun eine wichtige Episode seiner Präsidentschaft mit seinem von ihm so verachteten Vorgänger Barack Obama gemeinsam.

Wie dieser im August 2013 nach einem Giftgaseinsatz des Assad-Regimes in Syrien ließ Trump am Donnerstag die schon quasi in der Luft befindlichen Bomber, die Ziele im Iran angreifen sollten, zurückpfeifen: wenn die ganze Geschichte denn so stimmt und nicht zum Kapitel psychologische Kriegsführung gehört. Daran lässt die angeblich von den USA veranlasste Vorwarnung des Iran durch den Oman denken.

Man tut hier gut daran, sich klarzumachen, dass alles, was der Öffentlichkeit über die Vorgänge präsentiert wird, taktisch platziert ist. Man weiß nichts. So wie auch kaum jemand die Hand dafür ins Feuer legen wird, dass die vom Iran abgeschossene amerikanische 130-Millionen-Dollar-Drohne den iranischen Luftraum verletzt hat oder eben nicht.

Treibsand Naher Osten

Dafür, dass Trump nicht mehr den Weltpolizisten spielen wollte, hängt er ganz schön tief in dieser Rolle drin. Und der Nahe Osten erweist sich einmal mehr als Treibsand, aus dem man nicht so schnell wieder herauskommt. Trumps Pläne, die US-Truppen sofort nach dem territorialen Ende des "Islamischen Staats" aus Syrien abzuziehen, haben seine Strategen erfolgreich verhindert. Und auch schon dabei ging es um den Iran: Trump hat lernen müssen, dass sich ein amerikanischer Rückzug aus dem Nahen Osten nicht mit seiner anderen wichtigen Politikansage verträgt, nämlich das zu sein, was sich Israel und die Golfaraber als verlässlichen Partner vorstellen.

Saudi-Arabien und andere arabische US-Verbündete haben ab 2008, als der Iran vor einem technologischen Sprung bei seiner Urananreicherung stand, Obama bedrängt, "der Schlange den Kopf abzuschneiden". Und ab 2009 war Israel verschiedentlich nahe daran, zu militärischen Mitteln zu greifen. Obama wollte da nicht mitmachen und verfolgte stattdessen einen Deeskalationspfad: das 2015 in Wien fertiggestellte Atomabkommen mit dem Iran.

Dieser Weg wurde von Trump, unter Einflussnahme und lautem Applaus seiner Freunde in Israel und in Saudi-Arabien, verlassen. Ob dieser US-Präsident, der bisher als außenpolitischer Stratege nicht gerade aufgefallen ist, jedoch gewusst hat, dass ihn das an den Rand einer neuen US-Militärintervention im Nahen Osten bringen wird, ist zumindest fraglich.

Auf Erfolge der "disruptiven Kraft" seiner Politik wartet man bisher nicht nur im Fall Iran vergebens. Aber das soll nicht heißen, dass die Herren in Teheran völlig unbeeindruckt davon sein werden, dass der Iran nicht nur in Syrien – das passiert regelmäßig -, sondern auch im Iran selbst angegriffen werden könnte. Auch das iranische Regime weiß eben nicht, ob der zu erwartende innere Solidarisierungseffekt der Menschen im Land die militärische Schwächung durch eventuelle US-Angriffe wert ist. (Gudrun Harrer, 21.6.2019)