Ammann hofft auf ein "gescheites Rennen".

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2018 pilgerten insgesamt 185.000 Motorsportfans nach Spielberg. Heuer dürften es trotz sportlich überschaubarer Spannung mehr werden. Die 200.000-Marke wackelt.

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Spielberg – Wer bei der österreichischen Firma CAM Security anruft, wird von Motorengeräuschen und der Stimme von RTL-Reporterlegende Kai Ebel begrüßt. Kein Wunder, Namensgeber Christoph Ammann und seine 450 Mitarbeiter sind für die Sicherheit beim heute offiziell anhebenden Formel-1-Wochenende in Spielberg verantwortlich. Der Kartenverkauf läuft gut, die Marke von 200.000 Zuschauern könnte an den vier Veranstaltungstagen durchaus fallen. Ammann freut das sonnige Wetter: "Wenn die Autos schon beim Einparken im Matsch hängen blieben, wäre das eine Katastrophe."

Doch so wirklich überraschen kann den 58-Jährigen nichts mehr. Zu lange, seit 1987, werkelt er schon für die Königsklasse des Motorsports. Damals noch unter Zampano Bernie Ecclestone, dem langjährigen Chef der Formel 1. "Früher war alles wilder", sagt Ammann. Der Wald hinter dem Red-Bull-Ring war noch nicht umzäunt, 95 Prozent der Zuseher kamen ohne Tickets. Den Kontrolleuren auf dem Campingplatz wurde ausgewichen. "Da waren plötzlich alle weg", sagt der Steirer. "Oft war dann nur noch ein Fan im Zelt und hat gesagt, er sei allein. Obwohl acht Sessel neben ihm standen." Heute machen es elektronische Zugangskontrollen unmöglich, dass in einer Tribünenreihe drei Leute mehr sitzen als zugelassen.

Es ist länger mehr los

Nunmehr schlagen 95 Prozent der Besucher bereits im Vorverkauf zu. Gefeiert wird zwar auch, aber die Show stehe mehr im Fokus. Vor allem seit US-Unternehmen Liberty Media Ende 2017 die Formel 1 übernommen hat. "Früher gab es das F1-Rennen und vielleicht ein Nebenevent. Heute gibt's eine Legendenparade, Konzerte und Ausstellungen – vier Tage Motorsportparty an der Strecke." Für Ammanns Sicherheitskonzept habe sich wenig geändert: "Manche Bereiche machen halt nicht mehr nach Trainingsende um 17 oder 18 Uhr zu, sondern erst um Mitternacht."

Das CAM-Personal verteilt sich über Fahrerlager, Mediencenter, VIP-Klub und zig Autozufahrten. Ein klassischer Studentenjob. Die Erfahrenen lernen die Neuen an. Viele kommen wieder oder nehmen Freunde mit. Sie müssen die Gegend kennen und die unterschiedlichen Ticketkategorien, um die Autos und Besucher schnell zu lotsen. Kurzfristig für den Grand Prix abgestellte Polizisten wüssten das nämlich nicht zwingend, werden sie doch aus allen steirischen Ecken hinbeordert. "Sie helfen, wenn jemand, salopp gesagt, deppert wird", sagt Ammann. Bis Rennende am Sonntag gebe es praktisch nur Einbahnen, außer den Notweg für Einsatzfahrzeuge. "Wir schauen, dass der Verkehr fließt." Vermieden werden soll "ein Mörderstau", wie es ihn beim F1-Comeback 2014, damals an einem Feiertag, gab.

Die Kunst

Die Kunst sei, einmal im Jahr 100.000 Leute an einem Ort zu bedienen, wo sonst nur ein paar Tausend wohnen. 5387, um genau zu sein, von denen früher auch jeder mitschneiden wollte. "Jeder Bauer durfte da ausschenken und eigene Park- und Campingplätze vermieten." Dadurch sei alles unkoordiniert gewesen. Heute organisiert die Betreibergesellschaft, die Projekt Spielberg GmbH, alles zentral. Mussten früher die Fans zum Teil fünf Kilometer von der Rennstrecke entfernt parken und danach eine Stunde hinhatschen, hat nun jede Tribüne ihre nahen, zugewiesenen Abstellplätze.

"Momentan ist es langweiliger im doppelten Sinne", sagt Ammann. Dass die Partys nicht mehr so ausschweifen wie in den 70ern und 80ern, sei jedoch positiv. Dass Mercedes die Formel 1 derzeit nach Belieben dominiert, weniger. Alle acht Saisonrennen gingen an Weltmeister Lewis Hamilton (6) oder an seinen Teamkollegen Valtteri Bottas (2). Die Silberpfeile seien aber unschuldig. "Sie sind einfach besser."

Früher wenige Autos im Ziel

Nichtsdestoweniger hofft der CAM-Chef auf ein "gescheites Rennen" am Sonntag. Ammann trauert aber nicht den 80ern nach. Irgendein Team habe immer den Ton angegeben, sei es Ferrari, McLaren oder Benetton. "In den 80ern sind von 26 Autos oft nur fünf, sechs ins Ziel gekommen, und selbst der Dritte wurde manchmal überrundet", sagt der Steirer.

Die Zukunft hänge in erster Linie von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz ab. Solange dieser noch Lust am Motorsport habe, wird es einen Österreich-Grand-Prix geben, denkt Ammann, der mit einer anderen Firma auch Tickets verkauft. "Der Tross kommt gern hierher. Die Österreicher werden als herzlich empfunden. Und die Engländer freuen sich über die billigen Bierpreise." (Andreas Gstaltmeyr, 27.6.2019)