Bild nicht mehr verfügbar.

Warren Buffett, auch als Orakel von Omaha bekannt, findet keine passenden Unternehmen für eine Investition.

Foto: AP

Offenbar hat das Orakel von Omaha nach zehn Jahren Börsenboom das Vertrauen in den Aufschwung verloren – der US-Anlageguru Warren Buffett investiert nicht mehr. Stattdessen häuft seine Investmentholding Berkshire Hathaway, einst aus einer Textilfirma entstanden, immer mehr Cashreserven an. Neuer Rekordstand Mitte des Geschäftsjahres 2019: beachtliche 122 Milliarden US-Dollar.

Dabei ist der 88-Jährige nicht ganz freiwillig in den Investmentstreik getreten. "Wir suchen weiter nach dem einen Mammutdeal", hatte Buffett noch im Mai die Berkshire-Hathaway-Aktionäre in der Hauptversammlung wissen lassen – allein, in Zeiten, in denen die Bewertungen "in den Himmel ragen", wird selbst ein Starinvestor wie Buffett nicht so leicht fündig.

Ein Auge zugedrückt

Dabei hat der an sich sehr preisbewusste Investor in früheren Boomphasen schon einmal bei etwas höheren Kursen ein Auge zugedrückt – allerdings nur, wenn er von der Qualität eines Unternehmens und des wirtschaftlichen Aufschwungs überzeugt war. Denn als sogenannten Value-Investor gelten für ihn folgende Grundsätze: Der Börsenpreis eines Unternehmens muss unter seinem inneren Wert liegen, und das Geschäftsmodell der Firma muss leicht verständlich sein.

Auf dieser Basis sammelte der aus Omaha im US-Bundesstaat Nebraska stammende Investor seit seiner Übernahme von Berkshire Hathaway in den 1960er-Jahren kontinuierlich große Aktienbestände von Unternehmen an, darunter klingende Namen der US-Wirtschaft wie American Express, Coca-Cola oder Gillette.

Markige Sprüche

Seinen Ruhm hat Buffett, mit einem Vermögen von knapp 80 Milliarden derzeit viertreichster Mensch, nicht nur seinem guten Händchen für Aktien, sondern auch seinen markigen Sprüchen zu verdanken. Zum Beispiel: "Der dümmste Grund, eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie steigt." Oder: "Man sollte nur in Firmen investieren, die auch ein Vollidiot leiten kann – denn eines Tages wird genau das passieren."

Im Lauf der Dekaden hat auch Buffett seinen Investmentstil weiterentwickelt. Lange blieb er seiner Abneigung gegen sämtliche Firmen der Technologiebranche treu – bis durch deren Erfolgsgeschichten der Leidensdruck an der Seitenlinie offenbar doch zu groß wurde. Inzwischen ist Berkshire aber auch Aktionär bei Apple, Amazon oder der Google-Mutter Alphabet. Inwieweit dazu sein guter Draht zu Microsoft-Gründer Bill Gates beigetragen hat, ist nicht übermittelt.

Beunruhigende Botschaft

Dass sich Buffett nun von der Wall Street, die in der Nähe der Rekordhochs notiert, fernhält, kann man als beunruhigende Botschaft auffassen – zumal er damit nicht alleine dasteht. Auch andere große Vermögensverwalter wie Merrill Lynch sammeln hohe Cashreserven an, die im Dollarraum noch einigermaßen Zinsen einspielen.

Stets hatte der den Demokraten nahe stehende Investor die hervorragenden Investmentchancen in den USA gepriesen, doch nun schweigt er. Warum, lässt sich aus früheren Aussagen erahnen. Eine Steuersenkung für Wohlhabende unter Präsident George W. Bush hatte er wiederholt kritisiert – da reiche Leute wie er nicht weniger Steuern zahlen sollten als seine eigene Sekretärin.

Kein Beifall

US-Präsident Donald Trumps Steuerreform auf Pump, welche die US-Verschuldung in die Höhe treibt, dürfte von einem langfristig denkenden Investor wie Buffett keinen Beifall bekommen. Ebenso die jüngste Zinssenkung der unabhängigen US-Notenbank Fed, die sich damit Trumps lautstarken Forderungen nach tieferen Zinsen beugte. Auch die von ihm losgetretenen wachstumshemmenden Handelskonflikte dürften bei Buffett nicht gut ankommen.

Ob Wirtschaft und Börse in den USA trotz dieser Bedenken weiterhin brummen, bleibt abzuwarten. Belegt ist aber der außerordentliche Track-Record von Buffett als Investor: Als er im Jahr 1969 einen von ihm geführten Investmentpool auflöste, bot er den Anlegern an, stattdessen Berkshire-Anteile zum Preis von rund 43 Dollar je Aktie zu erwerben. Heute ist dieses Papier das teuerste der Wall Street, ein Stück kostet den stolzen Preis von 302.325 Dollar. (Alexander Hahn, 8.8.2019)