Im Amazonas-Regenwald in Nordbrasilien sind Hunderte neue Waldbrände ausgebrochen. Wie das staatliche brasilianische Weltraumforschungsinstitut INPE am Samstag mitteilte, entzündeten sich zwischen Donnerstag und Freitag 1663 neue Feuer. INPE zufolge gab es in Brasilien seit Jahresbeginn bereits mehr als 76.000 Waldbrände – ein Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hauptgrund ist die Waldrodung. Landwirte gewinnen so zusätzliches Weideland für ihre Herden.
Brände auch in Nachbarländern
In Südamerika wüten derzeit zahlreiche Waldbrände. Am stärksten ist die Amazonasregion Brasiliens betroffen, aber auch in den Nachbarländern Bolivien, Peru und Paraguay brennt es an vielen Stellen.
Seit Tagen wütende Brände haben in Bolivien schon fast eine Million Hektar Urwald vernichtet. 32 Prozent des Chiquitano-Waldes seien zerstört, 1871 Familien in dutzenden Ureinwohner-Siedlungen seien betroffen. Boliviens Präsident Morales hatte die übrigen Staaten der Amazonas-Region am Freitag zu einer Krisensitzung aufgerufen.
Militäreinsatz angelaufen
Angesichts der verheerenden Waldbrände setzt die brasilianische Regierung nun Soldaten bei den Löscharbeiten und der Verfolgung von Brandstiftern ein. Der Militäreinsatz begann am Samstag im Bundesstaat Rondonia, wie Verteidigungsminister Fernando Azevedo e Silva mitteilte. Insgesamt stünden in der Region 44.000 Soldaten zur Verfügung.
Bisher haben sechs der neun Bundesstaaten in der Amazonas-Region die Unterstützung der Streitkräfte angefordert. Präsident Jair Bolsonaro hatte den Einsatz des Militärs zuvor per Dekret erlaubt.
Bundesstaaten fordern Dringlichkeitstreffen
Die Gouverneure der Bundesstaaten im Amazonasgebiet forderten unterdessen mehr Unterstützung der Regierung in Brasília und baten um ein Dringlichkeitstreffen mit Präsident Bolsonaro. Die Bundesregierung und die Regionen sollten enger zusammenarbeiten, um die Feuer zu löschen und die Brandstifter zu verfolgen, hieß es in einem Brief an den Staatschef. Zuvor hatte es heftige internationale Kritik am Krisenmanagement der Regierung gegeben. Bolsonaro machte hingegen wiederholt Umweltschutzgruppen für die Waldbrände verantwortlich.
Alfredo Sirkis, Gründer der Grünen-Partei in Brasilien und Direktor des Brasilianischen Klimazentrums sagte, auch wenn er den Militäreinsatz befürworte, bezweifle er, dass irgendjemand in der Lage sei, die Feuer zu löschen. Ohne die Löschausrüstung, die etwa in den USA oder Portugal zur Verfügung stehe, sei es schwierig, derart große Brände unter Kontrolle zu bringen. Jedoch könnte das Militär weitere Brandrodungen verhindern.
Feuer Thema beim G7-Gipfel
Die Feuer überschatteten auch den Beginn des G7-Gipfels im südfranzösischen Biarritz. EU-Ratspräsident Donald Tusk machte am Samstag den Fortgang der Ratifizierung des Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten von einem glaubwürdigen Einsatz Brasiliens gegen die Waldbrände abhängig.
Die Regierung in Paris hatte die Waldbrände im Amazonas-Gebiet auf die Tagesordnung des derzeitigen G7-Gipfels im französischen Biarritz gesetzt und ebenso wie Irland mit einer Blockade des Freihandelsabkommens gedroht, wenn Brasilien nicht energischer gegen die Brände vorgeht. Spanien, Großbritannien und Deutschland haben sich gegen eine Blockade des EU-Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur ausgesprochen.
Mit dem vor kurzem ausgehandelte Deal der EU mit dem lateinamerikanischen Mercosur-Staatenbund, würden 95 Prozent der Ausfuhren in die Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vom Zoll befreit. Trotz der Regenwaldbrände haben sich am Samstag auch die EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein mit dem lateinamerikanischen Staatenbund Mercosur auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. (red, APA/AFP, 24.8.2019)