Präsident Hassan Rohani mit seinem Atomchef Aki Akbar Salehi (links vorn) bei einem "Nukleartechnologie-Tag" im April in Teheran.

Foto: APA / AFP / Iranian Presidency

Da gibt es einerseits die Gerüchte, dass der Iran gesprächsbereit und ein Treffen von Donald Trump und dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani am Rande der Uno-Vollversammlung in New York in Vorbereitung sei. Andererseits regnete es in den vergangenen Tagen neue US-Sanktionen – und Rohani drohte den nächsten, diesmal substanziellen Schritt aus dem Wiener Atomabkommen an. Die USA haben es ja bereits im Mai 2018 verlassen und arbeiten seitdem an seiner Verhinderung.

Rohani setzte den Europäern am Mittwoch eine neue zweimonatige Frist, um dem Iran die finanziellen Ausfälle durch die US- Politik der "Maximum Pressure" zu kompensieren. Wobei jeder weiß, dass das schwierig wird: Die USA bestrafen nicht nur den Iran, sondern auch jene, die mit ihm Geschäfte machen wollen. Und die EU-Partner des JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action), wie das Wiener Abkommen heißt, können ihre Firmen ja nicht zu Iran-Geschäften hinprügeln.

Am Mittwoch verkündete das US-Außenministerium neue Sanktionen gegen das "Ölflotten-Netzwerk der Revolutionsgarden". Elf Schiffe und 16 Personen bzw. Organisationen wurden auf die Liste gesetzt, mit denen niemand zusammenarbeiten soll, weil ihm sonst US-Strafmaßnahmen drohen. Auslöser war der für die USA unbefriedigend verlaufene Fall des Supertankers Adrian Darya 1, der als Grace 1 von den britischen Behörden wochenlang in Gibraltar festgehalten wurde, im August jedoch weiterfahren durfte – und nunmehr seine Fracht nach Syrien bringt.

Nicht einmal die Millionen Dollar, mit denen die USA den indischen Kapitän bestechen wollten – damit er einen Hafen ansteuert, in dem die USA zuschlagen können -, haben das verhindert. Das US-Außenministerium hat diese skurrile Geschichte, die die Financial Times exklusiv berichtete, inzwischen bestätigt.

Zivile Raumfahrt sanktioniert

Den Öltanker-Sanktionen waren am Dienstag welche gegen die zivile Raumfahrtbehörde des Iran vorangegangen. Sie wird verdächtigt, als Deckmantel für das ballistische Raketenprogramm des Iran zu fungieren. Auch hier gibt es eine seltsame Episode: Trump verbreitete vor wenigen Tagen in einem Tweet ein eigentlich geheimes Satellitenfoto, auf dem der durch eine Explosion verursachte Schaden auf der iranischen Abschussbasis Semnan zu sehen war, verursacht durch die schiefgegangenen Startvorbereitungen einer Satellitenträgerrakete. Ohne dass jemand die USA zuvor beschuldigt hätte, hielt der US-Präsident sinngemäß fest: Wir waren das nicht – und wünschen dem Iran viel Glück dabei, herauszufinden, wer es war.

Gleichzeitig kommen von Trump immer wieder Ansagen, dass es ihm nur um neue JCPOA-Verhandlungen gehe – auf die der Iran antwortet, dass Gespräche nur im multilateralen Rahmen, also nicht mit den USA allein, stattfinden könnten.

Und da sind eben auch die iranischen Drohungen mit dem völligen Ausstieg aus dem Atomabkommen und der Rückkehr zur Urananreicherung auf industriellem Niveau. Diese Ankündigungen sind durchaus ernst zu nehmen. Was jedoch momentan in dieser Hinsicht passiert, ist eher ein Werfen von Nebelgranaten für heimische Konsumation. Auch der jüngste routinemäßige Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) von Ende August zeigt, dass einstweilen nichts Dramatisches stattfindet. Vor allem hält sich der Iran weiter an alle Inspektionsauflagen,

Irans Überschreitungen

Der erste Schritt des Iran aus dem Atomabkommen war die Ankündigung, sich nicht mehr an die im JCPOA festgelegten Limits von Schwerwasser und niedrig angereichertem Uran halten zu wollen. Bei Schwerwasser lag der Iran Ende August weiter unter der erlaubten Menge. Beim Uran wurden sie überschritten, aber Berechnungen des – dem Iran nicht freundlich gesinnten – Institute for Science and International Security (ISIS) in Washington ergeben, dass das Anreicherungstempo zuletzt leicht gedrosselt wurde.

Anstelle der erlaubten 300 Kilogramm angereicherten Urans (in der Form von UF6, Uranhexafluorid) hat der Iran nun 357,4 Kilo. Erschwerend kommt hinzu, dass davon 25,1 Kilo auf 4,5 Prozent angereichert sind, nicht, wie vom JCPOA verordnet, auf 3,67. Die Grenze, ab welcher Uran nicht mehr als niedrig angereichert gilt, ist allerdings 19,75 Prozent. Höher anzureichnen war der zweite iranische Eskalationsschritt gewesen.

Rohani hat in seiner Ankündigung am Mittwoch nicht wie befürchtet in Aussicht gestellt, dass der Iran in Kürze zur Anreicherung auf 19,75 Prozent zurückkehrt. Aber er hat in den Raum gestellt, dass der Iran die Arbeit an einer neuen Gaszentrifugengeneration – Gaszentrifugen dienen zur Urananreicherung – beschleunigen könnte. Laut JCPOA dürfte er das erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 tun. (Gudrun Harrer, 6.9.2019)