Etliche Ölprojekte lassen sich nicht mit dem Pariser Klimaziel vereinbaren und könnten sich als wirtschaftlicher Flop erweisen, warnt der Think Tank Carbon Project.

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London – Insgesamt 50 Milliarden Dollar an neuen Projekten haben internationale Ölkonzerne seit dem Vorjahr genehmigt, die sich laut dem Londoner Think Tank Carbon Tracker nicht mit den UN-Klimazielen vereinbaren lassen. "Jeder Ölriese wettet gegen eine Erderwärmung von nur 1,5 Prozent", sagt Studienautor Andrew Grant, ein ehemaliger Umweltanalyst der Großbank Barclays. "Sie investieren in Projekte, die den Pariser Klimazielen widersprechen." Daher kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass diese Projekte über 50 Milliarden Dollar in einer Welt mit niedrigeren CO2-Emissionen auch von der Pleite bedroht sein könnten.

"Diese Projekte stellen eine unmittelbares Problem für Investoren und Unternehmen dar, welche die Klimaziele einhalten wollen", heißt es weiter in dem Report. Die Nachfrage nach Öl könne auch durch Projekte befriedigt werden, die sich auch bei Ölpreisen unter 40 Dollar je Fass Öl rentieren. Vorhaben, die höhere Ölpreise benötigen, könnten zu sogenannten "Stranded Investments" werden, die den Ölkonzernen keine adäquaten Rückflüsse bringen würden. Derzeit liegt der Preis für ein Fass des Nordseeöls Brent bei etwas über 61 Dollar je Barrel.

Die Ölkonzerne investieren zwar auch zunehmend in erneuerbare Energien, begründen ihre neuen Öl- und Gasprojekte aber mit der steigenden Nachfrage aus Asien. Die US-Ölkonzern Chevron argumentiert, dass "die meisten Vorhersagen zu dem Schluss kommen, dass die Nachfrage nach Öl und Gas in den nächsten Jahrzehnten weiter ansteigen werden." Es sei ihr Geschäft, jene Mischung an Energieformen anzubieten, den die Konsumenten nachfragen würden, heißt es in einem Statement von Shell. Man verfolge das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2050 "im Gleichschritt mit einer Gesellschaft, die sich den Pariser Klimazielen annähert", zu halbieren.

Niedrige Kosten und Emissionen

BP verweist darauf, nur Öl und Gas mit niedrigen Kosten und CO2-Emissionen zu erzeugen, die mit den Vorhersagen der Internationalen Energieagentur und den Pariser Klimazielen in Einklang stünden. Man ziele darauf ab, BP von einer auf Öl und Gas fokussierten Gesellschaft zu einem viel breiter ausgestellten Energieunternehmen weiterzuentwickeln. Andere Ölriesen wie Exxon oder Total wollten sich gegenüber Reuters nicht zu dem Thema äußern.

Die Untersuchung von Carbon Tracker kommt zu dem Schluss, dass die Ölriesen im vergangenen Jahr zumindest 30 Prozent ihrer Investments in Projekte gesteckt hätten, die sich auch mit einer Erderwärmung von 1,6 Grad nicht in Einklang bringen ließen. Das Pariser Abkommen von 2015, das auch von den meisten Ölkonzernen begrüßt wurde, sieht vor, den Ausstoß von Treibhausgasen soweit zu begrenzen, dass die globale Erwärmung bei 1,5 Grad oder zumindest deutlich unter zwei Grad Celsius zum Stillstand kommt. Bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad sehen viele Wissenschaftler den Bereich, ab dem der Anstieg des Meeresspiegels, Naturkatastrophen, Ernteausfälle und dadurch erzwungene Migration massiv zunehmen werden. (red, 7.9.2019)