Die Korallen in der Kimberley-Region sind mit extremen Bedingungen konfrontiert – dazu gehört auch, dass sie vom Gezeitenwechsel regelmäßig für einige Zeit trockengelegt werden.
Foto: Verena Schöpf

Wien/Perth – Korallen gelten – größtenteils zu recht – als ausgesprochen empfindsame Geschöpfe. Kaum ändern sich die Umweltbedingungen, geraten die Korallenriffe in Bedrängnis. Dass manche auch mit wechselhaften Bedingungen gut zurechtkommen, macht diese zu Hoffnungsträgern in Zeiten fortschreitender Erwärmung der Meere. Auch diesen "Superkorallen" sind aber Grenzen gesetzt, berichtet ein Team um die österreichische Meeresbiologin Verena Schöpf von der University of Western Australia im Fachblatt "Nature Communications".

Hintergrund

Was den Riffen am meisten zusetzt, ist die sogenannte Korallenbleiche. Die läuft so ab: Die Korallen leben in Symbiose mit Photosynthese betreibenden Einzellern, den Zooxanthellen. Diese sitzen in der Haut der Korallen und liefern ihrem Wirt Nährstoffe. Wird das Wasser jedoch zu warm, sondern die gestressten Einzeller Giftstoffe ab. Die Korallen sind dazu gezwungen, ihre Symbionten abzustoßen, wodurch sie ihre Farbe verlieren und letztlich auch die Überlebensfähigkeit einbüßen können.

Auftritt der "Superkorallen": Schöpf erforscht schon seit längerer Zeit die Korallenriffe der Kimberley-Region im Nordwesten Australiens. Diese sind weit weniger bekannt als das Great Barrier Reef, dafür müssen die dortigen Korallen mit großen Temperatur- und Gezeitenunterschieden zurecht kommen – und das gelingt ihnen auch, obwohl Schöpf und ihre Kollegen in der Region bereits Wassertemperaturen bis fast 40 Grad Celsius gemessen haben. Schöpf bezeichnet die Korallen der Kimberley-Region als "sehr einzigartig" – unsere Poster würden sie wohl mit Chuck Norris vergleichen.

Experiment

Um zu testen, ob diese Korallen gefährdete Riffe in anderen Regionen widerstandsfähiger machen könnten, setzte die Forscherin sie unterschiedlichen Bedingungen aus: Ein Teil der Versuchskorallen wurde über neun Monate hinweg in um vier Grad Celsius kühleren Bedingungen gehalten als in ihrem üblichen Umfeld. Ein anderer Teil war über ein halbes Jahr mit im Schnitt um ein Grad erhöhten Durchschnittstemperaturen konfrontiert. Danach setzten die Wissenschafter beide Populationen über zwei Wochen hinweg unter Hitzestress von nochmals rund einem Grad über den normalen Sommertemperaturen.

In solchen Aquarien wurden Korallen unterschiedlichen Umweltbedingungen ausgesetzt.
Foto: Verena Schöpf

Hier zeigte sich, dass die Tiere mit kurzfristigen Extremtemperaturen gut zurecht kamen, die Dauerbelastung aber auch sie an den Rand ihrer Möglichkeiten brachte. Das heiße, dass man eben auch den "Superkorallen" nicht alles zumuten könne und sie sich nicht so rasch anpassen. Umgekehrt scheint es aber so, dass sie ihre Hitzeresistenz auch unter kühleren Bedingungen nicht schnell ablegen.

Es gibt Grenzen

"Die Kimberley-Korallen sind einerseits wirklich 'Superkorallen', die extreme Bedingungen überleben. Wenn man aber den Klimawandel und die Hitzewellen wie 2016 zusätzlich mit einbezieht, merkt man, dass auch ihre Toleranz überfordert wird", so die Forscherin.

Das heiße wiederum, dass mit dem immer populärer werdenden "Aufforsten" von bereits stark geschädigten Riffen mit "Superkorallen" zwar Zeit erkauft werden könne, diese aber trotzdem nicht alles mitmachen. Es brauche daher endlich globale Lösungen zum Eindämmen der Erderwärmung, "die Politik tut aber leider gar nichts", sagt Schöpf. (red, APA, 18. 9. 2019)