Wien – Die "Gräfin vom Naschmarkt" ist eine Besonderheit in Wien. Nicht nur, weil das Lokal an der Linken Wienzeile 22 Stunden an jedem Tag im Jahr geöffnet hat, sondern weil für so manchen Gast, milde ausgedrückt, die Rechnung eine Überraschung und zuweilen Grund zur Beschwerde ist. So war jüngst ein Gast verwundert, als er für einen Marillenknödel in normaler Größe "gegen 22.30 Uhr", 8,9 Euro bezahlte. Seine Begleiterin aß ebenfalls einen, und so wurden für zwei Stück Süßspeise 17,8 Euro verrechnet – der STANDARD berichtete.

Für Elisabeth Weiss, die Zuständige für die Nachtstunden des Restaurants, ist die Preisgestaltung 2gerechtfertigt" und eine "Frechheit" sei, dass der STANDARD so "diffamierend" darüber berichtet habe. Dass die Knödel nicht so viel kosten wie im Supermarkt, sei klar. "Hier wird man bedient und bekocht" und das habe seinen Preis, der, wie Weiss bemerkt, auch in der Karte ausgewiesen sei. Sie gehe auch nicht in eine Chanel-Boutique, kaufe sich ein Kleid und beschwere sich dann über den Preis, zieht Frau Weiss einen Vergleich. Die Eigenheit der "Gräfin" ist, dass sie um 4 Uhr in der Früh aufund erst um 2 Uhr zusperrt. Sie biete, hebt Weiss hervor, was hundert Lokale rund um den Naschmarkt herum, nicht böten: Fast rund um die Uhr Essen á la carte.

Einen Unterschied gibt es auch zwischen der Abendkarte (von ein bis elf Uhr) und der Tageskarte. In der Nacht kostet ein oder zwei Knödel, "je nach Marillengröße" (Weiss) sieben Euro. Doch überlege der Chef aufgrund eines möglichen "Kalkulationsfehlers" Preis oder Portion zu ändern, sagte ein Mitarbeiter. Laut Wirtschaftskammer gilt die freie Preisgestaltung. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD - Printausgabe, 18. August 2006)