"Eine gute Portion Glück", hat Ferenc Krausz einmal auf die Frage geantwortet, was gute Forschung ausmache. Das war schon damals untertrieben, und erst recht heute, wo ihm die internationale Jury des Wissenschaftsförderungsfonds FWF den diesjährigen Wittgenstein-Preis zuerkannt hat. Mit diesem wird eine seit langem erfolgreiche Arbeit honoriert, weitere unabhängige Forschung ermöglicht - und dokumentiert, dass man es mit Glück allein wohl kaum so weit gebracht hätte.Oder, wie man im Fall Krausz sagen müsste, so kurz gebracht hätte. Denn in Richtung unvorstellbar kurze Intervalle hat sich die Forschung des Physikers schon früh bewegt. 1962 im ungarischen Mór geboren, machte Krausz Ferenc seinen Diplomingenieur und sein technisches Doktorat in Budapest. Bereits damals beschäftigte er sich mit der Erzeugung und Messung von blitzartigen Laserimpulsen, die sozusagen Licht auf subatomare Prozesse werfen und zugleich höchste Energie freisetzen. 1987 kam Krausz zu einem Studienaufenthalt nach Wien. Er blieb, von den Arbeitsmöglichkeiten angezogen und von den Physikern an der hiesigen TU ermuntert. Es waren Zeiten, da man in der Laserphysik den Sprung von den Pico- zu den Femtosekunden anging, zu 10 Sekunden, und der junge Ungar war vorne dabei. Gemeinsam mit seinem Team - als dessen Teil er sich stets vorstellt - experimentierte Krausz nun mit Methoden, das erzeugte Licht immer präziser zu bündeln und es noch kürzer pulsieren zu lassen. Zu Hilfe kam ihm einer der START-Preise im Jahr ihrer ersten Verleihung, 1996. Mit dessen Hilfe erreichten die Photoniker schließlich die Schwelle der Attosekunden (10 sec.), die Pulse funktionierten bereits als eine Art Zeitmikroskop und machten Bewegungen im subatomaren Bereich sichtbar. Neben Wien gibt es nur wenige weitere Zentren, die diese Forschung betreiben. Gelegentlich sieht Krausz "mit einem weinenden Auge", wie einige seiner besten Schüler dorthin abwandern. Er selbst ging 1996 auf ein Forschungsjahr an die University of Michigan in Ann Arbor, ansonsten hielt es ihn bis heute im kakanischen Raum. Der Wittgenstein-Preis wird diese Bodenständigkeit um zumindest fünf Jahre verlängern. Verstärkt sucht er nun Möglichkeiten "für industrielle oder klinische Anwendungen meiner Forschung, bis hin zur Krebsdiagnose und -therapie". Seine Produktivität erkauft sich der Musikhörer und gelegentliche Jogger Ferenc Krausz durch lange Arbeitszeiten, bei denen seine Frau und die beiden Kinder daheim in Vösendorf gelegentlich zu kurz kommen. Dass ihn dennoch nur selten Zweifel packen, ob das alles dafürstehe, verdankt er einer guten Portion "Toleranz meiner Frau". (Michael Freund/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4. 7. 2002)