Lange wurde über eine entsprechende Entwicklung spekuliert nun ist es offiziell: Google arbeitet an einem eigenen Browser. Unter dem Namen "Google Chrome" will man schon bald einen ernsthaften Konkurrenten für Internet Explorer, Firefox, Safari und Co. abliefern.

Versehen

Dass das Projekt bereits bekannt ist, ist einem Versehen zu verdanken: Jemand bei Google hatte ein internes Mail unabsichtlich an einen Blogger verschickt, der sich über diese Umstand freilich äußerst erfreut zeigte. Immerhin war ein 38-seitiger Comic enthalten, in dem das Unternehmen auf die Vorzüge von Google Chrome eingeht.

Stellungnahme

Mittlerweile hat Google die Echtheit des Dokuments bestätigt, und eine eigene Stellungnahme verfasst. In der heißt es etwa, dass eine erste Testversion des neuen Browsers bereits am Dienstag zum Download freigegeben werden soll.

Grafik: Google

Große Details verrät man in dieser Stellungnahme noch nicht, dass ist aber auch gar nicht nötig, bietet doch der Comic hier eine äußerst gelungene Aufbereitung dieser Thematik. Mittlerweile hat sich Google auch dazu entschlossen diesen offiziell online zu stellen.

Eckdaten

Daraus lassen sich bereits die wichtigesten Eckdaten ablesen: So sei die Software bereits eine ganze Zeitlang in Entwicklung, alle Komponenten sollen - so sie es das nicht schon sind - als Open Source veröffentlicht wird. Die erste Testversion soll es übrigens "nur" für Windows geben, Linux und Mac OS X-Versionen werden allerdings folgen.

Grafik: Google

Zentrales Ziel der Entwicklung sei es gewesen, einen moderne Plattform für das Web zu erschaffen. Immerhin seien die meisten Webbrowser zu Zeiten entstanden, als das Netz noch sehr beschränkte Möglichkeiten geboten habe. Mit Google Chrome sei man nun zum Anfang zurückgegangen und habe versucht eine Software zu entwickeln, die voll auf die aktuellen Herausforderungen ausgerichtet ist.

Webkit

Als Rendering Engine hat man sich für die Safari-Basis Webkit entschieden. Als entscheidende Faktoren streicht das Unternehmen dabei heraus, dass dies nicht nur schnell sondern auch besonders einfach gehalten sei.

Grafik: Google

Dabei scheint man aber mittlerweile auch einige Optimierungen vorgenommen zu haben. Besonders wichtig sei dabei die Kompatibilität mit möglichst vielen Webseiten, ein Problem für das man aufgrund der Erfahrungen und Ressourcen aus anderen Bereichen einen neuen Ansatz gefunden habe.

Tests

Das Unternehmen nutzt die eigene Server-Infrastruktur um  Webseiten automatisiert auf Kompatibilität mit Google Chrome zu testen. Nach eigenen Angaben kann man so zehntausende Seiten innerhalb der ersten 20-30 Minuten nach der Verfügbarkeit eines neuen Test-Builds überprüfen.

Grafik: Google

Eine Kernentscheidung für Google Chrome ist das Multiprozess-Design, dass sich durch alle Komponenten der Software zieht. Konkret bedeutet dies eine ähnliche Aufteilung wie beim Internet Explorer 8: Jeder Tab läuft in einem eigenen Prozess, stürzt einer ab, zwingt er nicht die gesamte Anwendung zum computerisierten Abgang.

Nachteil

Der klassisches Nachteil eines solchen Ansatzes ist der höhere Speicherverbrauch, etwas das Google auch durchaus zugesteht. Allerdings sei dies nur anfänglich so, denn wenn der Browser einmal länger läuft, dann sei es mit einem Multi-Prozess-Design auch leichter wieder den vollständigen Speicher einer Seite zurückzugewinnen - ist der Tab zu, ist einfach auch der zugehörige Thread vollkommen weg. Etwas, dass bei klassischen Webbrowsern immer wieder zu Speicherfragmentierung führt.

Grafik: Google

Zusätzlich soll Google Chrome einen Task-Manager beinhalten, der detailliert anzeigt, wie viel CPU, Speicher und Netzwerk-Ressourcen ein einzelner Tab verbraucht. Da die einzelnen Plugins ebenfalls als separate Prozesse laufen, werden auch diese hier aufgeführt.

Ansicht

Etwas dass Google auch unter dem Geschichtspunkt "den wahren Schuldigen finden" betrachtet. Oft sei es nämlich gar nicht der Browser selbst, der für hohen Ressourcenverbrauch verantwortlich sei, mit dem Task-Manager werde dies nun offen gelegt.

Grafik: Google

Ein weiteres Kernstück von Google Chrome ist die Javascript Engine V8: Dabei handelt es sich um eine von einem Team in Dänemark vollständig neu entwickelte Engine. Sie soll von Grund auf eine hohe Geschwindigkeit ausgelegt sein, um so moderne Web-Anwendungen zu befördern.

Ablauf

Beim Design habe man sich von Anfang an großen Web-Anwendungen orientiert und nicht an kleinen Javascript-Sammlungen, für die frühere Engines geschrieben wurden. Für die optimale Geschwindigkeit wird der Javascript-Code beim ersten Durchlauf in Binär-Code umgesetzt, ein Ansatz der der kommenden Mozilla-Javascript-Engine "Tracemonkey" zumindest auf den ersten Blick ähnelt.

Multi

Ein weiteres wichtiges Merkmal ist auch hier das Multi-Prozess-Design: Anwendungen sollen nicht mehr hängen, nur weil ein einzelner Skript-Teile Probleme beschert.

Grafik: Google

Für das User Interface der Anwendung hat man sich an den Prinzipien "schnell und aufgeräumt" orientiert. Möglichst wenig soll dem eigentlichen Surferlebnis im Weg stehen.

Fehlen

So gibt es weder Bookmark-Bar, noch ein bei anderen Browsern gebräuchliches eigenes Suchfenster. So bleiben lediglich eine Tab-Reihe - diese allerdings ganz am oberen Ende des Google Chrome-Fensters - und die Adresszeile selbst übrige.

Omnibox

Diese heißt bei Google übrigens "Omnibox" und erinnert in seiner Funktion stark an den "Awesomebar" von Firefox, bei der Eingabe werden automatisch History, Bookmarks und Co. durchsucht. Google-spezifisch hat man hier aber auch die eigenen Site-Suggestions eingebunden, also der Hinweis auf die populärsten mit einem Begriff verbundenen Webseiten.

Grafik: Google

Wer sich wundert, dass ausgerechnet ein Browser von Google kein eigenes Suchfenster besitzt, wird an anderer Stelle aufgeklärt, dass man hierfür eine separate Lösung gefunden hat: Denn ein leerer Tab in Google Chrome wird nun mit einer Fülle von Informationen aufbereitet.

Aufbereitung

Darunter eben auch einige Sucheingabefelder für populäre Seiten. Außerdem werden hier die neun meistgenutzten Seiten angezeigt, sowie jene, die als letztes geschlossen oder als Lesezeichen abgelegt wurden.

Grafik: Google

Ähnlich wie der IE8 und Safari bietet auch Google Chrome eine eigene Privacy-Funktion: In speziell gekennzeichneten Fenstern werden dann keinerlei Information über die besuchten Seiten oder die dort getätigten Eingaben abgespeichert.

Popups

Andere Standard-Feature wie ein Popup-Blocker dürfen natürlich auch beim Google-Browser nicht fehlen. Hierbei sind die Popups allerdings fix an einen einzelnen Tab gebunden und können auch später bei Bedarf noch aufgerufen werden.

Grafik: Google

Von Mozilla - beziehungsweise deren Erweiterung "Prism" - hat man sich ein weiteres zentrales Feature von Google Chrome abgeschaut: Web-Anwendungen lassen sich auf Wunsch vollständig aus ihrer Umgebung herauslösen und ohne den Browser-Rahmen direkt am Desktop darstellen.

Gears

Damit aus Webseiten auch wirklich Desktop-Anwendungen werden, bedarf es freilich noch etwas mehr. So hat man denn auch die eigene Gears-Erweiterung integriert, mit der sich unter anderem Online-Anwendungen auch Offline betreiben lassen.

Grafik: Google

Das zuvor angesprochene Multiprozess-Design soll übrigens auch positive Auswirkungen auf die Sicherheit haben. Denn alle Prozesse laufen in ihrer eigenen "Sandbox" mit eingeschränkten Berechtigungen ab, der Zugriff auf andere Tabs soll damit von vornherein ausgeschlossen werden. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme: Plugins laufen nur mit eingeschränkten Berechtigungen.

Phishing

Außerdem hat man einen eigenen Phishing-Schutz integriert, dieser könnte aber durchaus für so manches kritisches Wort sorgen: Denn hier werden die Informationen über Phishing-Seiten regelmäßig von den Google-Servern nachgeladen. Eine Lösung, die hohe Aktualität verspricht, aber eben auch für die Erstellung von Surf-Profilen benutzt werden könnte. Immerhin werden so die Adressen aller besuchten Seiten an Google geschickt.

Grafik: Google

So scheint die Web-Welt gerade um einen großen neuen Mitspieler reicher geworden. Wie man diesen Neuzugang bewertet, hängt wohl vor allem von der eigenen Position ab: So könnte Microsoft das Auftauchen von Google Chrome durchaus als massiven Angriff auf das eigene Geschäft ansehen, immerhin verbindet Google die Software ja auch mit der eigenen Suchmaschinen, etwas das bislang nur den Redmondern selbst möglich war.

Mitspieler

Gegenüber dem Open Source Mitbewerb gibt man sich hingegen betont freundlich: Im Comic bedankt man sich explizit bei Webkit und Mozilla. Als Ziel definiert man auch nicht diese zu bekämpfen, sondern im gemeinsamen Wettstreit der Ideen das Web als ganzes voran zu treiben. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 02.09.2008)

Grafik: Google