Ursache: ein rund 280 Positionen starken Aufgebot bei Sotheby's

London – Die große Sause findet bereits diesen Freitag statt, dann vollführen Damien Hirst und eine auserwählte Gruppe von 500 Friends den symbolischen Tanz um das Goldene Kalb, den letzten um die zum Verkauf stehende Installation, die zwölf Millionen Pfund bringen will.

Zeitgerecht können die Hallen von Sotheby's in der New Bond Street übers Wochenende dann für die Auktion am Montag wieder revitalisiert werden, wenn Damien Hirst am 15. und 16. September rund 280 seiner Arbeiten versteigern lässt.

Die Hauptattraktion ist das biblisch überlieferte Götzenbild, und die beiden Auktionssitzungen stehen ebenso synonym für die Verehrung von Reichtum und Macht. Und eines steht jetzt schon fest, die zweitägige Performance wird von einem durchschlagenden Erfolg gekrönt sein. Einerlei, ob nur ein Bruchteil der Hirst-Schwemme dann auch tatsächlich von privaten Sammlern erworben werden kann. Als Pannenhelfer stehen – und das haben beide Galeristen bereits öffentlich verlautbart – Jay Jopling (White Cube/London) und Larry Gagosian (New York) bereit, vielleicht auch ein paar Mitarbeiter der Hirst-Fabrik. Denn eines ist klar, ein unverkauftes Lot ist exakt eines zu viel und würde sich in der finalen Bilanz der Hirst'schen Vermarktungsstrategie nicht sonderlich ausmachen.

Gesichert ist dagegen ein neuer Weltrekord, auch an den angesetzten Taxen erkennbar. Der bisherige Rekord von 8,6 Millionen Pfund für Lullaby Spring (Sotheby's, New York) hat auch schon 15 Monate am Buckel, die Zeit ist einfach reif für einen Zuschlag in achtstelliger Pfundhöhe. Wer weiß, vielleicht darf Tobias Meyer, er führt das Sotheby's Team für Zeitgenössische Kunst und wird auch am Auktionspult stehen, am Ende gar einen „white glove sale" vermelden, mit dem alle angebotenen Positionen als offiziell verkauft gelten.

Keine Frage, Hirst zählt zu den Stammgästen in den Auktionssälen von London und New York: Sowohl als Zaungast, der die Bietgefechte um seine Kunstwerke zu beobachten liebt, als auch über seine im Angebot stehenden Arbeiten. Bei genauer Betrachtung ist der Hype um ihn jedoch ein vergleichsweise junger. Das dokumentieren sowohl die Liste der zehn höchsten Auktionsergebnisse als auch die Marktentwicklung seit 1998.

Noch 2001 und 2002 blieben mit 40 bzw. 30 Retourgehern mehr Werke unverkauft, als im Auktionssaal erfolgreich den Besitzer gewechselt hatten (25 bzw. 26). Frei nach dem Titel eines seiner Kunstwerke (Can't Live with You, Can't Live without you) – die 2008 ausgeführte Diptychon-Version ist aktuell mit ein bis 1,5 Mio. Pfund veranschlagt, und noch 1998 war eine kleine Version bei Christie's für 100.000 bis 150.000 Pfund unverkauft geblieben – ist aber auch Damien Hirst der Nachfrage ausgeliefert.

Und diese Zweckehe gilt es zu nutzen, schon weil die Verkäufe seiner Galeristen nicht zu florieren scheinen, wie die aktuelle Ausgabe des englischen Fachmagazins The Art Newspaper zu berichten weiß. Demnach warten im Lager von White Cube 200 Hirsts auf neue Besitzer, darunter 34 seiner Butterfly- und sieben Spot Paintings in Preisklassen von 145.000 bis zu zwei Millionen Pfund oder auch aus seiner Ausstellung „Natural History" unverkauft gebliebene Installationen wie eine in Formaldehyd konservierte Kuh (Love's Paradox, 2007; 4,5 Mio. Pfund) und ein schwarzes Schaf (vier Mio. Pfund).

2004 hatte Sotheby's überzeugende Vorarbeit geleistet, als 168 Arbeiten des Künstlers im Rahmen des „Pharmacy-Sales" statt der erwarteten 3,5 bis 4,9 Mio. schließlich derer 11,13 Mio. Pfund einspielten. Seit damals bezeichnet Hirst diese – für ihn nun auch zeitgerecht eingesetzte – Vertriebsform, als einen sehr demokratischen Weg Kunst zu verkaufen. 2004 war ein für seine Marktentwicklung wichtiges Jahr. Davor wechselten jährlich zwischen 20 und 35 Werke den Besitzer.

Und der Markt hielt der Pharmacy-Flut stand, am Ende des Jahres war für 234 Hirst-Werke im Wert von 19,27 Millionen Euro der Hammer gefallen. Das bislang umsatzstärkste Jahr war 2007, als innerhalb von zwölf Monaten für 145 seiner Arbeiten mehr als 54 Millionen Euro bewilligt wurden.

Aber das – ebenso wie die bislang doch transparente Marktentwicklung – ist spätestens am 16. September ein verdammt alter Hut. Als Reliquien zu dieser bislang unvergleichlichen Performance liegen noch einige wenige Kataloge in der Wiener Niederlassung bereit, Kostenpunkt 70 Euro, Hirst-Aufkleber inklusive. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.9.2008)