Von Künstler sichtbar gemacht: schwarzes Loch mit Akkretionsscheibe und seinem Röntgensignal.

Illu.: A. Simonnet, Nasa

London – Dank der Inbetriebnahme des Large Hardron Collider in Genf vor einer Woche erfreuen sich schwarze Löcher zurzeit wieder einmal besonderer öffentlicher Aufmerksamkeit. Auf YouTube werden Animationen, die zeigen, wie sich von der Schweiz aus die Erde in eine Singularität verwandelt, millionenfach angeklickt und tausendfach kommentiert.

Während sich die Apokalyptiker in nicht wirklich begründbaren Spekulationen ergehen, wie sich die Verwandlung der Erde in ein schwarzes Loch demnächst vollziehen wird, haben britische Astrophysiker in 500 Millionen Lichtjahren Entfernung ein seit 20 Jahren gesuchtes Missing Link unter den Schwarzen Löchern gefunden – nämlich zwischen den kleinen und den supermassereichen Schwarzen Löchern.

"Haariges" schwarzes Loch

Im Zentrum der Galaxie REJ1034+396 entdeckten Forscher der Universität Durham rund um Marek Gierlinski nämlich ein gigantisches schwarzes Loch, das ein starkes und regelmäßiges Röntgensignal abgibt. Das Besondere daran: So etwas war von der Wissenschaft bislang nur bei kleinen Ausgaben dieser rätselhaften kosmischen Phänomene beobachtet worden, wie Gierlinski und Co. in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" (Bd. 455, S. 369) berichten.

Video: The Cern black hole
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Im Prinzip gilt ja, dass schwarze Löcher keine Haare haben, wie ihr Namensgeber, der Physiker John Archibald Wheeler formulierte. Sprich: Eigentlich können elektromagnetische Wellen und damit auch Licht den Ereignishorizont nicht verlassen.

Hinweise auf schwarze Löcher gibt es mithin also nur indirekt: insbesondere durch die enorme Erhitzung jener Gase, die auf der so genannten Akkretionsscheibe "hineingesogen" werden. Dabei kommt es nämlich zu einer enormen Erhitzung und zur Emission von Röntgenstrahlen – bevor das Material endgültig verschwindet.

"Solche Signale sind ein gut verstandenes Charakteristikum von kleinen Schwarzen Löchern in unserer Galaxie", sagt Marek Gierlinski. "Sie kommen daher, dass Gas von einem Nachbarstern abgezogen wird." Das Interessante des neuen Fundes sei, das er ein Verbindungsglied zwischen den kleinen und den supermassiven Schwarzen Löchern darstelle.

Damit wird erstmals ein Zusammenhang zwischen der Größe eines schwarzen Loches und der Frequenz der Strahlung herstellbar. Eine große Frage müssen die Forscher allerdings noch klären: warum nur die wenigsten supermassereiche schwarze Löcher dieses Verhalten zeigen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. 9. 2008)