Immer wieder, immer öfter, immer das selbe: Nichts geht mehr. Schon gar nicht heute! Festzuhalten ist: Nicht die Kritik scheuen wir. Verhetzung verabscheuen wir.

Fotomontage: dieStandard/Tombor

Nein, es ist keine rechtsextreme Politikerin gestorben, deren Ansehen wir vor pietätlosen Postings schützen. Heute ist der erste forumfreie Tag auf dieStandard.at, unabhängig jedweder Themen ausgerufen, mit naivem medienpädagogischen Ansatz. Wir sind fähig zur Hoffnung. Der Ohne-euren-Senf-Tag soll der Beginn einer Tradition sein, die hoffentlich eine sich selbst überholende wird, je schneller desto besser.

Warum wir in einem interaktiven Medium zu einem Mittel wie diesem greifen und es damit den meisten MitbewerberInnen am E-Zeitungssektor gleichmachen? Um das ausgeleierte selektive Postingmanagement mal einen Tag ruhen zu lassen und alle gleich zu behandeln.

Inhalte - nebensächlich

Womit wir schon beim Kern des Problems wären: Das Bemühen um Gleichberechtigung ist für manche User(innen) ein Rotes Tuch so wie uns Ungleichbehandlung rot sehen lässt. Die Wortmeldungen einer äußerst übersichtlichen User(innen)schar (regelmäßig wechselnde Nicknamen können über die gleichbleibenden IP-Adressen nicht hinwegtäuschen), deren einziges Anliegen zu sein scheint, auf einem explizit feministischen, frauenorientieren Medium ihren Frust abzulassen, verbauen mittlerweile zu oft themenbezogene Auseinandersetzung mit den in Beiträgen angesprochenen Themen. Immer wieder schaffen es diese wenigen, mit (so scheint es: unter einander koordinierten) Seiten-Einfällen, oft subtil, mitunter derb, aber immer mit frauenfeindlichem Unterbau, ein Gesprächsklima zu evozieren, das eine Spirale in die Untiefen von Geschlechterschlammschlachten antreibt.

Wogegen?

Wer unsere zur Verfügung gestellten Texte liest, sich auf Themen einlässt, nicht reflexversklavt in die Tasten haut, sobald bestimmte Reizwörter (oft reicht allein "Frau") auftauchen, erkennt nur allzu leicht: es geht dieStandard.at nicht darum, Frauen als Kategorie "bessere Menschen" zu etablieren. Das könnte man rückschlüssig aus den abgesetzten Postings dieser User(innen) jedoch durchaus annehmen. Es geht auf diesen Seiten um das transparent und öffentlich Machen von frauenpolitischen und queeren Strömungen, Anliegen, Lebenswelten, Problemen und Hoffnungen. Fühlen sich diejenigen durch die Existenz einer Frauenseite - die sich nicht mit Mode und Co. beschäftigt, nicht im Leo publiziert, nicht im Off-Space - bedroht, zum Gegenschlag angestachelt? Wogegen denn eigentlich?

Misogyne Stereotypisierungen

Ein Bedauern um die angeblich verlustig gegangene männliche politische Macht steckt wohl nicht wirklich hinter den persönlichen Kreuzzügen derjeniger, die im Minutentakt Postings absetzen, die Frauen per se als arbeitsscheu, zu emotional, zu irrational, zu klein, zu dick, zu alt, zu dünn, zu hässlich, arbeitsunfähig, zu selten gefickt, zu durchgefickt, zu dumm, zu laut, zu jammernd, zu schreihalsig, zu leise, zu zurückhaltend, zu anmaßend, zu verlogen, zu direkt, zu ehrgeizig, zu faul, zu herablassend, zu zickig, zu unkooperativ, zu humorlos, zu unernst, zu vernunftunbegabt, zu rational, zu vermännlicht, zu verweiblicht erachten.

Misogyne Stereotypisierungen sind bei diesen wenigen Tastaturvirtuos(inn)en nicht die Ausnahme. Selbstreflexion schon eher. Es wird bewusst mit Mitteln gearbeitet, die nichts anderes als verhetzende sind. Dass hierbei gerade dieStandard.at als Austragungsort solcher Scharmützel herzuhalten hat, liegt auf der Hand. Und in der Hoffnung, dass es den LeserInnen auch nur ums "Ich weiß es aber besser"-Winken mit dem literarischen Zaunpfahl geht, wird unablässig versucht, Hetze - verpackt als Korrektiv der "falschen" Ausrichtung von dieStandard.at - zu deponieren sowie andersartige Ansichten kleinzumachen, überlesbar zu machen, zu diffamieren. Und es gelingt zu oft.

Verhetzung statt Kritik

Wir sitzen nicht 24/7 vor dem Monitor und wachen wie Zerberusse über das Postingaufkommen. Das dürfte durchgesickert sein. Und da unser Postingsmanagementsystem es nicht anders zulässt, als im Nachhinein all die Antworten auf untergriffige, beleidigende, hetzerische Verstöße gleich mit den ursächlichen Postings verschwinden zu lassen, frustriert das die übrigen SchreiberInnen/LeserInnen, die sich die Mühe gemacht haben, denen zu antworten, die sowieso schon alles mit sich selbst und Gleichgesinnten ausgemacht zu haben scheinen. Und uns sowieso.

Der Meinungs- und Geschichtenaustausch auf unserer Seite war einmal größteils anregend, witzig, durchdacht oder spontan, treffsicher genauso wie skurill deplaziert, oft Korrektiv, oft Bestätigung. Und immer kritisch. Nicht die Kritik scheuen wir. Die Verhetzung verabscheuen wir. (bto/dieStandard.at/15.10.2008)