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Tiktaalik roseae

Foto: REUTERS/Beth Rooney

Washington - Vom Wasser aufs Festland zu wechseln erfordert mehr körperliche Anpassungen als nur die Umwandlung von Flossen zu Beinen. Die Atmung, aber auch die Nahrungsaufnahme erfolgen unter anderen Bedingungen, was sich im Körperbau wiederspiegeln muss.

Räuber in zwei Elementen

Forscher nahmen daher das 2004 im Norden Kanadas gefundene Fossil eines Tiers unter die Lupe, das als eine Übergangsform zwischen Fischen und Tetrapoden - also vierfüßigen Landbewohnern - gilt: Tiktaalik roseae, benannt nach einem Inuit-Wort für "großer Flachwasserfisch", lebte vor 375 Millionen Jahren und war wie viele Fische jener Zeit mit Kiemen und Lungen ausgestattet. Sein Kopf weist überdies im Vergleich zu anderen Fischarten einige Besonderheiten auf, die für die spätere "Landnahme" durch die Wirbeltiere wichtige Voraussetzungen gewesen sein dürften ... auch wenn sie zunächst anderen Zwecken dienten.

Der bis zu 2,7 Meter lange Tiktaalik lebte als Räuber in subtropischen Wattengebieten. Und auch wenn er dank deutlich ausgebildeter Gelenke an seinen Flossen zu kurzen Ausflügen auf dem Trockenen in der Lage war - ein Landtier im strengen Sinne sei er nicht gewesen, erklärt Jason Downs von der Academy of Natural Sciences in Philadelphia: "Den Großteil seiner Zeit verbrachte er sicher im Wasser." Und er war flexibel: Er konnte sich ebensogut Fische aus dem Wasser wie Insekten vom Boden pflücken (fliegen konnten diese damals noch nicht). Spitze Zähne und ein abgeflachter Kopf, der dem Tiktaalik sein "krokodilähnliches" Aussehen verlieh und ihn stark von anderen Fischen seiner Zeit unterschied, waren für diese Ernährungsweise ein günstiger Körperbau.

Evolution als Spiel mit vorhandenen Bausteinen

Die Forscher gehen aber noch weiter ins Detail: Der Hyomandibula-Knochen beispielsweise verbindet bei Fischen Schädel, Gaumen und Kiemenstrukturen und koordiniert deren Bewegungen beim Fressen und Atmen unter Wasser. Beim amphibisch lebenden Tiktaalik ist dieser Knochen bereits deutlich geschrumpft - in der weiteren Evolution der Landwirbeltiere wurde daraus der Steigbügel, das winzige dritte Gehörknöchelchen im Mittelohr.

Tiktaalik demonstriert damit einmal mehr die Prozesse der Evolution bzw. der Präadaptation: Tiere passen sich an bestimmte Gegebenheiten an - und die körperlichen Merkmale, die sich im Zuge dessen herausbilden, können später gänzlich neue Wege eröffnen. Ein anderes Beispiel wären Vögel, die im Gegensatz zu Fledermäusen oder Pterosauriern ohne Federn nicht fliegen könnten. Federn entwickelten sich ursprünglich jedoch nicht parallel zur Flugfähigkeit, sondern als Thermoregulierung. Nachdem sie aber erst mal da waren, konnte die Evolution daraus etwas Neues machen und den Vögeln ihre einzigartige Flugmethode ermöglichen. (red)