Velázquez malte Infantin Margarita Theresa mehrmals, hier 1659 im Alter von acht Jahren. Ob der hier erkennbare Diamant Leopold I. betörte, ist nicht überliefert.

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Der "Blaue Wittelsbacher" .

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Jahrzentelang im Besitz der Habsburger, soll der Steinam 10. Dezember um die zwölf Millionen Euro bringen.


London - Die Verbindung zwischen Kaiser Leopold I. und seiner Nichte (zugleich Cousine), Margarita Teresa, Tochter König Phillips IV. von Spanien, war von langer Hand geplant. Drei Porträts der Infantin von Spanien begleiteten die Verhandlungen.
Der Madrider Hof beauftragte dazu Diego Velázquez und ließ die Bildnisse nach Wien schicken: Sie zeigen Margarita Teresa im Alter von drei, fünf und acht Jahren und hängen heute im Kunsthistorischen Museum in Wien.

Mitgift im Bild

Abgesehen vom Liebreiz seiner künftigen Ehefrau ist auf diesen Dokumenten der habsburgischen Heiratspolitik auch ein wesentliches Detail erkennbar. Junge Damen dieses Alters verfügen nicht über die Vorzüge eines verführerischen Dekolletés, stattdessen sollte wohl die dort montierte Mitgift in Form eines blauen Diamanten locken. Bis zur endgültigen Vermählung 1666 stellte Philip IV. eine ganze Auswahl an exquisiten Edelsteinen für die Aussteuer seiner Lieblingstochter zusammen, derart auffällig in Szene gesetzt wurde allerdings nur dieser.

Ob nun der am 10. Dezember bei Christie's in London zur Auktion kommende Diamant auch als Accessoire während der Hochzeitszeremonie fungierte, ist nicht überliefert. Pomp gab es dafür von musikalischer Seite: Zum ersten und letzten Mal wurde die eigens dafür komponierte Oper Il pomo d'doro (Der goldene Apfel, komponiert von Antonio Cesti, nach einem Libretto des Hofpoeten Francesco Sbarra) aufgeführt, als erste italienische Oper nördlich der Alpen. Für die neunstündige Darbietung ließ Leopold extra ein eigenes Theater bauen, auf der Cortina (dem Platz der heutigen Nationalbibliothek, gleich neben der Wiener Hofburg). Die Kosten der vorbildlichen Hochzeitsfeierlichkeiten beliefen sich auf 100.000 Gulden, dauerten den ganzen Winter über bis zur Fastenzeit und waren noch jahrelang Gesprächsstoff in ganz Europa.

Hochkaräter aus Indien

Zurück zum Hochkaräter, der aufgrund seiner blauen Farbe lange Zeit als weniger wertvoll galt. Das hat sich längst geändert, aber nur wenige der legendären Steine haben Kriegswirren überdauert oder konnten ihren ursprünglichen Besitzern zugeschrieben werden: Der bekannteste ist der so genannte "Hope-Diamant" , ein 45-Karäter, einst Teil des französischen Kronschatzes und heute in der Sammlung des Smithsonian Institute (Washington D.C.). Oder der berühmte "Koh-I-Noor" (186 kt), der sich im britischen Kronschatz befindet, der "Régent (Pitt)" (136,75 kt) in der Sammlung des Pariser Louvre und der im Kreml beheimatete "Orloff" (189,62 kt).

Die Gemeinsamkeit der Steine: Alle wurden in Indien gefunden; bis Anfang des 18. Jahrhunderts das Hauptschürfgebiet für Diamanten. Jener der Infantin Margarita Teresa wurde nach ihrem frühen Tod 1673 in das Inventar des österreichischen Kronschatzes aufgenommen.

Leopold II. vererbte ihn weiter, und über die Heirat Erzherzogin Maria Amalias von Österreich mit dem bayerischen Kronprinzen Prinz Albert kam der Diamant 1722 in den Besitz des Hauses Wittelsbach. Fortan wurde der Bor-Klunker schlicht "Blauer Wittelsbacher" genannt.

Den letzten Staatsauftritt absolvierte dieser 1921 beim Begräbnis Ludwig III. Zehn Jahre später gelangen bei Christie's Juwelen aus dem bayerischen Kronschatz zur Versteigerung, darunter auch der "Blaue Wittelsbacher" . Seit 1964 war er in einer Privatsammlung, aus der er nun zum Verkauf gelangt.

Vor der für den 10. Dezember bei Christie's in London angesetzten Auktion kann er jetzt nun erstmals wieder öffentlich bewundert werden. Nach New York, Abu Dhabi, Dubai und Paris umfasst seine Ausstellungstournee noch die Stationen Genf (15.-19. 11.) und Hongkong (27.-30. 11.). Die Experten des Auktionshauses erwarten für den 35,56-Karäter ein Einspielergebnis um die 15 Millionen Dollar, etwa zwölf Millionen Euro. Gemessen an der gemmologischen Zertifizierung (VS2) entspricht er zwar kaum den höchsten Ansprüchen, aber wer stößt sich angesichts dieser historischen Provenienzkette schon an den bei zehnfacher Vergrößerung erkennbaren Einschlüssen. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.11.2008)