Wien - Kein gutes Zeugnis in Sachen Demokratiepolitik stellt laut einem Vorab-Bericht des "Falter" eine Studie muslimischen Lehrern in Österreich aus: 21,9 Prozent gaben demnach in einer Umfrage unter 210 Lehrern an, die Demokratie abzulehnen, weil sie sich nicht mit dem Islam vereinbaren lasse. Insgesamt 77,2 Prozent der Befragten sehen sich "als Teil der österreichischen Gesellschaft", 4,5 Prozent, antworteten, dies treffe gar nicht zu.

Umfrage aus 2007

Mouhanad Khorchide, Autor der Dissertation "Der Islamische Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft" am Islamischen Religionspädagogischen Institut der Uni Wien und laut "Falter" selbst Imam und Religionslehrer, führte seine Umfrage im Jahr 2007 durch. Und kam zu dem Schluss, dass 22,6 Prozent der Lehrer "fanatische Haltungen" einnähmen, wobei die Ablehnung rechtsstaatlicher Prinzipien mit höherem Alter der Befragten steige.

Kontrolle fehlt

Wie Khorchide im Ö1-Morgenjournal sagte, gab es seit Einführung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen im Jahr 1982 keine umfassende wissenschaftliche Untersuchung darüber, was, wer, wie unterrichtet.

Für die Inhalte und die  Durchführung des Religionsunterrichtes sind in Österreich die  Glaubensgemeinschaften selbst zuständig. Ein Eingriff in den Religionsunterricht sei ein Eingriff in die Religionsfreiheit, heißt es aus dem Unterrichtsministerium.

Ausbildung mangelhaft

Die Studie habe weiters gezeigt, dass 40 Prozent der jetzt tätigen Religionslehrerinnen und -Lehrer überhaupt keine pädagogische Ausbildung haben. 37 Prozent hätten weder eine theologische noch eine pädagogische Ausbildung. "Das sind Defizite, die dringend beseitigt werden müssen", so Khorchide. Erst seit 1998 gibt es in Österreich eine eigene Ausbildungsstätte für muslimische Religionslehrer.

Unterschiede zwischen den Generationen

Besonders auffällig ist für Khorchide der Unterschied zwischen den Generationen: "Junge Religionslehrer vertreten im Gegensatz zu ihren älteren KollegInnen moderne Geschlechtsrollen und erkennen die rechtsstaatlichen Prinzipien (Demokratie, Menschenrechte usw.) stärker an." Die Ergebnisse bei den Islam-Lehrern in den östlichen Bundesländern seien außerdem positiver als in den westlichen.

"Unter sich bleiben"

Weitere Details, wobei bei der Zustimmung jeweils die Antworten "trifft zu" und "trifft eher zu" addiert wurden: 8,5 Prozent bezeichnen es als "verständlich, wenn Gewalt zur Verbreitung des Islam angewendet wird". 28,4 Prozent sehen einen Widerspruch darin, Muslim und Europäer zu sein; 44 Prozent finden, sie müssten ihre "Schüler befähigen, zu erkennen, dass sie, weil sie Muslime sind, besser als ihre Mitschüler sind".

29 Prozent glauben, eine Integration der Muslime in Österreich sei "nicht möglich, ohne die islamische Identität zu verlieren". Umgekehrt sind indes 85,7 Prozent gar nicht oder eher nicht der Ansicht, Muslime sollten unter sich bleiben, um diesen Identitätsverlust zu vermeiden. Und: 55 Prozent der Befragten empfinden die Österreicher als ausländerfeindlich.

Al-Rawi: "Schockierend, wenn Ergebnisse stimmen"

"Wenn die Ergebnisse der Studie stimmen, sind sie natürlich schockierend und stimmen mich traurig", so Al-Rawi, Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, gegenüber der APA. Die Glaubensgemeinschaft bekenne sich zu Europa, Demokratie und Menschenrechten, und das "haben alle mitzutragen". Al-Rawi sieht nun vor allem eine Herausforderung für bessere Aufklärung.

Der muslimische Lehrerverein in Oberösterreich meinte indes in einer Aussendung, man könne "garantieren", dass es keine "antidemokratischen oder verfassungsfeindlichen Tendenzen" unter den Kollegen gebe, da diese "voll und ganz inakzeptabel wären". Die Mehrheit der Lehrer sei außerdem "sehr wohl qualifiziert".

"Ständig Verbesserungen"

Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, bezeichnet die Ergebnisse der Studie als "nicht in Ordnung". Allerdings: Solange es sich um Privatmeinungen handle, habe "ich nichts damit zu tun". Bei Äußerungen im Unterricht, die gegen das Gesetz und die Linie der Glaubensgemeinschaft verstoßen, könne er aber Entlassungen aussprechen. Dass die Gesinnung der Kinder grundlegend von antidemokratischen Haltungen beeinflusst werden könnte, glaubt er eher nicht: "Das setzt voraus, dass diese Personen große Denker sind, damit sie die Kinder subtil manipulieren können. Ich glaube nicht, dass wir solche Lehrer haben."

Von den 394 derzeit tätigen Lehrern der Glaubensgemeinschaft gebe es "ein gewisses Segment, das keine adäquate Qualifikation hatte", als es in den 80er und 90er Jahren angestellt wurde, räumt Schakfeh ein. Aber "wir führen ständig Verbesserungen durch. Anscheinend müssen wir mehr Aufklärungsarbeit leisten". Laut "Falter" melden sich mehr als die Hälfte der Schüler vom islamischen Religionsunterricht ab, rund 50.000 werden derzeit unterrichtet.

Schmied will sich umfassend informieren

Das Bildungsministerium fordert aufgrund der öffentlich gewordenen Ergebnisse einen "umfassenden Tätigkeitsbericht" über die Arbeit der acht Fach-Inspektoren für den islamischen Religionsunterricht. Vorliegen soll dieser bis 12. Februar, hieß es in einer Aussendung des Ministeriums.

Im Rahmen des Berichts soll laut Aussendung die Tätigkeit der Fach-Inspektoren "zur Sicherstellung der Einhaltung der schulrechtlichen Bestimmungen insbesondere der Unterrichtssprache Deutsch im Rahmen des Religionsunterrichts" festgehalten werden. Beantwortet soll auch werden, wie die Zielsetzungen des Islamunterrichts der Glaubensgemeinschaft und dessen Übereinstimmung mit den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung sichergestellt wird.

Neben dieser Maßnahme will sich Ministerin Claudia Schmied sowie dem Vorstand des Instituts Islamische Religionspädagogik, Ednan Aslan, "umfassend über die Ergebnisse der Studie informieren lassen", hieß es. In einem Gespräch mit Shakfeh will sich die Ressortchefin über die weitere Vorgehensweise der islamischen Glaubensgemeinschaft unterhalten.

Die FPÖ war schnell bei der Hand mit einer Reaktion auf die nun publik gewordenen Ergebnisse der Studie: Generalsekretär Harald Vilimsky forderte prompt die Suspendierung von Lehrern mit "derartigen antidemokratischen Einstellungen". (APA/red/derStandard.at, 28. Jänner 2009)