Mit OpenOffice.org 3 hat das Projekt hinter der freien Office-Suite vor knapp einem halben Jahr den großen Versionssprung gewagt, mit dabei so manch zentrale Verbesserung für die Software. Darüber freuen konnten sich vor allem die BenutzerInnen von Mac OS X, wurde ihr Betriebssystem doch zum ersten Mal offiziell unterstützt.

Update

Anschließend hat man sich aber natürlich nicht einfach auf die faule Haut gelegt, in den letzten Monaten wurde eifrig an weiteren Verbesserungen für die eigene Software gearbeitet - allen Berichten über eine Reduktion der Anzahl der EntwicklerInnen beim Hauptsponsor Sun und den Unsicherheiten rund um eine Übernahme durch Oracle zum Trotz. Als Ergebnis dieser Bemühung soll nun bereits in wenigen Tagen das nächste große Update folgen.

Details

Was OpenOffice.org 3.1 alles an Neuigkeiten bringen wird, soll auf den folgenden Seiten detailliert besprochen werden. Die Beobachtungen basieren dabei auf dem Release Candidate 2, dessen Code mit dem der finalen Release allerdings ident ist.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein geradezu riesig anmutendes Unterfangen hat man sich mit der Umarbeitung der Grafik-Infrastruktur angetan, die mit der neuen Version nun Früchte trägt: Ca. 500.000 Zeilen Code wurden im Zuge dessen verändert, rund fünf Jahre dauerte es entsprechend von der ersten Planung bis zur fertigen Umsetzung.

Weich

Die BenutzerInnen bemerken dies in OpenOffice.org 3.1 zunächst mal vor allem daran, dass Grafiken mit Anti-Aliasing dargestellt werden, also keine "harten" Kanten mehr sichtbar sind. Um dies zu ermöglichen, musste man unter anderem das interne Geometriemodell umschreiben, bot dies doch keine ausreichende Exaktheit für das neue Feature. Eine Änderung, die sich auch an anderen Stellen bemerkbar macht, etwa bei der Kombination von zwei Objekten.

Verschieben

Eine weitere Neuerung zeigt sich beim Verschieben von Grafikobjekten: Diese werden während dieses Vorgangs nun semitransparent dargestellt, bisher mussten sich die BenutzerInnen hier mit der Umrahmung zufrieden geben, eine Änderungen, die eine exakte Positionierung erleichtern soll. Die Erweiterung des DrawingLayers soll künftig noch weitere Früchte tragen, für die folgenden Releases sind also weitere Verbesserungen bei der Grafikdarstellung zu erwarten.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit OpenOffice.org 3.0 hat man die Notizfunktion stark überarbeitet, so werden seitdem entsprechende Anmerkungen übersichtlich in einer Spalte neben dem eigentlichen Dokument dargestellt. Mit der neuen Release bessert man in diesem Bereich noch mal deutlich nach.

Zuwachs

So gibt es nun eine Antwortfunktion, um gezielt eine Konversation über einzelne Textpassagen zu entspinnen. Ebenfalls neu ist der Umstand, dass Anmerkungen in Notizen nun optional auch in die Suchfunktion integriert und so aufgespürt werden können.

Lock

Auch sonst zielt so manche Neuerung in OpenOffice.org 3.1 auf Verbesserungen für das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten ab. So hat man das File Locking überarbeitet, damit dieses auch zuverlässig und betriebssystemübergreifend dafür sorgt, dass gerade von einer Person geöffnete Dateien "gesperrt" werden und es so zu keinen Bearbeitungskonflikten kommt. Zu diesem Zweck werden die BenutzerInnen auch darüber informiert, wer das betreffende Dokument gerade in Arbeit hat - eine Funktion die vor allem bei der Nutzung im Netzwerk essentiell ist.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Dazu passend wurde mit der neuen Version der freien Office-Suite das Einarbeiten von Änderungen anderer BenutzerInnen vereinfacht. Ensprechende Vorschläge können nun flott über das Kontextmenü akzeptiert werden - oder eben auch nicht.

Links

In selbiges hat man auch eine andere Verbesserung gepackt: Kopiert man eine Internetadresse aus einem anderen Programm, wird diese automatisch in einen anklickbaren "Hyperlink" verwandelt. Ein Umstand, der nicht immer erwünscht ist, insofern lässt sich diese Verwandlung nun per Rechtsklick und der Auswahl der entsprechenden Funktion rasch wieder rückgängig machen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Nicht sonderlich dezent gab sich bislang die Visualisierung der Textauswahl in OpenOffice.org, der selektierte Text wurde einfach vollständig invertiert dargestellt, was vor allem bei bunteren Passagen schon mal zur Unleserlichkeit führen konnte. Entsprechend hat man sich auch hier zu einer Neuerung entschlossen, die ausgewählten Passagen werden nun deutlich dezenter mit einer hellen Hintergrundfarbe hinterlegt, was nicht nur angenehmer fürs Auge ist sondern auch die Wahrnehmbarkeit erhöhen soll.

Überstrich

Wer Textpassagen gern auf verschiedenste Weisen betont, wird wohl von der folgende Neuerung erfreut sein: Die neue Release der Open-Source-Software erlaubt es nun, Texte auch zu "überstreichen". Ähnlich wie bei beim Unterstrich lassen sich Farbe und Strichstärke hier frei festlegen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Gerade bei der Erstellung von komplexen Dokumenten ist eine vernünftige Organisation der Formatierungselemente essentiell, OpenOffice.org 3.1 führt hier eine neue Möglichkeit ein: So lassen sich Textblöcke nun mit sogenannten "Outline Levels" versehen.

Inhalt

Dies ermöglicht etwa normale Textpassagen schnell in eine Überschrift zu verwandeln - unabhängig von den restlichen Stilvorgaben. Im Alltag wird sich dies wohl vor allem für die Erstellung von Inhaltsangaben als nützlich erweisen, der Nummerierungsstil lässt sich dabei frei wählen.

Check

Ebenfalls primär für die Textverabeitungskomponente relevant, sind die Verbesserungen an der Grammatikprüfung. Hier können sich nun externe Tools direkt "einklinken" bzw. in das enstprechende Interface integrieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Kommen wir zurück zum Bereich der Grafikdarstellung: Die Chart-Engine wurde so umgemodelt, dass die Achsen einer Grafik nun frei positioniert werden können.

Zentrum

Eine Möglichkeit, die zu den meist angefragten für die freie Office-Suite gehört hat, ermöglicht dies doch ein klassisches Achsenkreuz mit Nullpositionen am Schnittpunkt zu kreieren, wie es gerade im Schulunterricht gerne verwendet wird.

Wert

Ebenfalls neu ist die freie Wahl, wie die Chart-Engine mit fehlenden Datenpunkten umgehen soll. Dabei steht die Auswahl zwischen dem simplen Auslassen, der Annahme eines Null-Werts oder einer überbrückenden Linie zum nächsten Wert.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Viele kleine Verbesserungen hat die neue Version der Tabellenkalkulationskomponente vorzuweisen. So gibt es nun auch hier einen "Zoom-Slider" in der Statuszeile um schnell die Größe der Darstellung zu verändern, außerdem können einzelne Datenblätten jetzt simpel per Doppelklick auf den entsprechenden Tab umbenannt werden.

Suche

Es gab Verbesserungen an der Suchfunktion, außerdem beherrscht Calc nun eine Reihe von zusätzlichen Kalkulationsfunktionen. Dazu gehört etwa EUROCONVERT, um alte Währungen der EURO-Zone umzurechnen. Sehr nützlich auch die "Formula Hot hints", beim Eintippen einer Formel wird nun die zugehörige Syntax als Tooltip eingeblendet.

Performance

Dazu kommen eine Fülle von Performance-Optimierungen, wodurch einige Bereiche von Calc nun wesentlich flotter arbeiten sollten. Stark bemerkbar macht sich dies etwa beim Sortieren innerhalb von Kalkulationsfunktionen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine der wichtigsten Verbesserungen von OpenOffice.org 3.1 versteckt sich wohl in der Datenbankkomponente Base: Hier können nun Makros und Skripte in Dokumente integriert werden, wodurch die Erstellung von vollständigen Datenbank-Anwendungen ermöglicht wird. Ebenfalls neu bei Base ist das Syntax Highlighting für SQL-Abfragen, Farbschemata und Schrift lassen sich dabei frei definieren.

Impress

Die Präsentationskomponente Impress freut sich über neue Knöpfe um schnell die Schriftgröße des ausgewählten Textes zu verändern. Außerdem kann eingebettetes Video- und Audiomaterial hier nun gezielt gesteuert und dabei auch mit Effekten verknüpft werden. Bislang wurden die entsprechenden Multimedia-Dateien beim Aufruf des zugehörigen Slides einfach automatisch gestartet.

Support

Durch die verschiedensten Komponenten ziehen sich Verbesserungen zur Unterstützung von Rechts-nach-Links-Sprachen, so können auch Kontrollen nun in diese Richtung angeordnet werden. Zusätzlich wurde der schnelle Wechsel von LNR auf RNL innerhalb eines Dokuments durch neue Interface-Elemente erleichtert. Dazu passend hat man die Lokalisierung von OpenOffice.org weiter verbessert, die freie Office-Suite ist mittlerweile in mehr als 80 Sprachvarianten erhältlich.

Screenshot: Andreas Proschofsky

OpenOffice.org 3.1 soll diesen Donnerstag (07.05) auf der Seite des Projekts zum Download bereit gestellt werden. (Update: Mittlerweile wurde die neue Version bereits veröffentlicht). Dabei gibt es Versionen für Windows, Linux, Solaris und Mac OS X - letzteres allerdings nur für Apple-Rechner mit Intel-CPU. Wer nicht solange warten will kann sich schon jetzt den aktuellen Release Candidate herunterladen, der mit der fertigen Versioin deckungsgleich sein sollte.

Feedback

Wer bei der weiteren Verbesserung von OpenOffice.org mithelfen will, dem bietet sich mit der neuen Version ebenfalls eine interessante Möglichkeit: Optional lässt sich an einem "User Feedback Programm" teilnehmen, dieses sammelt Daten über das eigene Nutzungsverhalten, die dann anonymisiert an das Projekt gesandt werden.

Renaissance

Auf diese Weise will man Erkenntnisse über die reale Nutzung der eigenen Software gewinnen, so die Projekt-BetreiberInnen. Diese Erfahrungen sollen wiederum in das das Projekt Renaissance fließen, welches sich die Neugestaltung des User Interfaces von OpenOffice.org zum Ziel auserkoren hat. (Andreas Proschofsky, derstandard.at, 04.05.2009)

Screenshot: Andreas Proschofsky