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Foto: Reuters/Reed

Manche nennen Rebiya Kadeer die Mutter der Uiguren. Seit 2005 lebt die Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren im US-Exil. In ihren 2007 verfassten Memoiren sieht sie sich nicht nur als Schutzpatronin, wie sie schreibt. Die heute 61-Jährige gab ihrem Buch den Titel Die Himmelsstürmerin, weil sie ihr Leben dem Kampf für Autonomie, Freiheit und Menschenrechte der Uiguren verschrieben hat.

In Pekings Augen ist sie deshalb die "Staatsfeindin Nummer eins" - so lautet auch der Untertitel ihres Buches in deutscher Version. Der Regierungschef der Region Xinjiang, Nur Bekri, hat sie persönlich für die am Sonntag in der Provinzhauptstadt Urumqi ausgebrochenen Unruhen verantwortlich gemacht. Seine Argumentation: Sie habe über Internet die Einwohner Urumqis aufgestachelt. Anlass sei ein Streit zwischen Han-Chinesen und Uiguren gewesen, bei dem zwei uigurische Wanderarbieter Ende Juni starben.

Solche Vorwürfe gegen Kadeer, um von hausgemachten Fehlern in der Minderheitenpolitik abzulenken, sind nicht neu: Ende 2008 warnte die außenpolitisch einflussreiche Pekinger Zeitung Global Times, Kadeer sei eine "zweite Intrigantin nach Art des Dalai Lama " - anspielend auf die Ausschreitungen in Tibet im März 2008, für die Peking den Dalai Lama verantwortlich gemacht hatte. Richtig an diesem Vergleich ist lediglich, dass Kadeer den Dalai Lama für seinen Verzicht auf Gewalt und seine Geduld verehrt - und sich Hoffnungen machen kann, so wie er eines Tages den Friedensnobelpreis zu erhalten.

Die früher höchst erfolgreiche uigurische Geschäftsfrau war in Peking einst so wohlgelitten, dass sie 1992 sogar als Abgeordnete in das chinesische Parlament einziehen durfte. Sie verscherzte sich die Gunst der Pekinger Führer, als sie in zweiter Ehe an der Seite ihres oppositionell eingestellten Mannes selbst immer kompromissloser für die Menschenrechte der Uiguren eintrat.

Trotz der beruflichen Belastung und ihrer neun Kinder wurde sie so zur "Himmelstürmerin" für die Sache ihrer Landsleute. 1999 wurde sie deshalb zu acht Jahren Haft wegen Subversion und Hochverrat verurteilt. Peking schob Kadeer auf Druck der Vereinigten Staaten im März 2005 aus humanitären Gründen dann aber ab - in der irrigen Hoffnung, dass sie so wie alle anderen Dissidenten im Exil untergehen werde. Aber sie blieb auch im Ausland die Idolfigur der Uiguren - das erste und einzige Mal, dass Peking sich verschätzte. (Johnny Erling/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2009)