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"Wahrscheinlich sollte man versuchen, vor der Ausbildung zu filtern": "Thomas"

Foto: dpa/Kneffel

Wie wichtig sind Menschenrechte bei der Polizei? Werden sie in der Ausbildung genügend zum Thema gemacht? Thomas, ein junger Polizist, der anonym bleiben will, sprach mit Eva Kössner über seine Grundausbildung, KollegInnen und Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei.

Welchen Stellenwert hatten Menschenrechte in Ihrer Grundausbildung für den Polizeidienst?

Einen relativ hohen. Misshandlungsvorfälle sind für das Image der Polizei nicht gerade gut, weshalb sehr viel Wert darauf gelegt wurde, dass wir das Thema ernst nehmen. Auch die Dienstprüfung beinhaltete Fragen zur Menschenrechtskonvention, dem Menschenrechtsbeirat, und so weiter.

Können Sie diese Inhalte in der Praxis verwenden?

Etwas darüber zu lernen war interessant, aber für mich sind Menschenrechte sowieso ganz etwas Natürliches. Man hätte mir nicht extra in der Schule erklären brauchen, dass ich Ausländer nicht diskriminieren darf und keine Menschen foltern soll. Es gibt aber sicher solche, denen man das noch ein wenig näher bringen muss. Man hat bei einer Amtshandlung auch nicht immer die Zeit, darüber nachzudenken, ob das den Menschenrechten entspricht oder nicht.

Angenommen, Sie hätten vorher andere Ansichten über Diskriminierung vertreten. Glauben Sie, die Ausbildung hätte hier etwas verändert?

Dass die Ausbildung quasi ein Umdenken hervorgerufen hätte? Naja, Menschenrechte sind nur ein kleiner Teil der Ausbildung. Ich glaube nicht, dass das Thema so intensiv behandelt wird, dass man sich komplett anders verhalten würde.

Dann sollten Menschenrechte in der Ausbildung stärker thematisiert werden?

Es kommt immer auf die Leute an. Man kann drei Tage oder eine Woche lang über das Thema vortragen – es hängt davon ab, ob die Leute das aufnehmen wollen. Vorurteile kann auch die Polizeiausbildung nicht wegzaubern. Entweder du hast eine gewisse Meinung, oder du hast sie nicht.

Und wie könnte man diesen Vorurteilen entgegenwirken?

Wahrscheinlich sollte man versuchen, bereits vor der Ausbildung zu filtern.

Wird das derzeit nicht gemacht?

Doch. Teil der Aufnahmeprüfung ist ein Hearing. Sie beschreiben dort Situationen, und fragen danach, wie man reagieren würde und warum. Aber so ein Hearing ist ja eine unnatürliche Situation – jeder weiß ganz genau, was er sagen kann und was nicht.

Könnte man durch ein intensiveres Hearing Ihrer Meinung nach besser filtern?

Man kann nie wirklich gut filtern. Wenn einer diese Meinung vertritt und nicht dumm ist, kann er sie verstecken oder die Fragen umgehen. Ich glaube aber, dass ein Typ, der die Menschenrechte missachtet, nicht lange bei der Polizei bleiben wird. Das geht vielleicht ein- oder zweimal gut, aber auch bei uns hat man keine Job-Garantie. Gerade bei diesen Themen ist man jetzt stark sensibilisiert – vor allem durch den neuen Landespolizeikommandanten, der sehr medienorientiert ist und möchte, dass die Polizei gut da steht.

Menschenrechte sind erst seit einigen Jahren expliziter Teil der Grundausbildung. Gehen "ältere" KollegInnen anders mit dem Thema um als "junge"?

Ja, ich glaube schon. Die Bevölkerung war auch noch nicht so sensibilisiert. Wenn der Inspektor irgendwo hin kam und etwas machte, dann war das so. Da muss man heute ganz anders vorgehen.

Viele nehmen Misshandlungsvorwürfe gegen einzelne BeamtInnen zum Anlass, alle PolizistInnen als rassistisch und gewalttätig zu verurteilen. Wie geht es Ihnen persönlich damit?

Meistens fühle ich mich selbst nicht kritisiert, weil ich glaube, meine Arbeit ganz gut zu machen. Meiner Ansicht nach treten manche politische Richtungen und Medien diese Fälle ziemlich in die Breite – oft ohne genaueres Hintergrundwissen. Es ist ja bekannt: negative Schlagzeilen verbreiten sich viel besser als positive.

Wie reagieren Ihre KollegInnen? Sprechen Sie darüber?

Ja sicher, das wird diskutiert und auch kritisiert. Über den Kollegen, der Anfang April bei einer Kontrolle in Wien-Währing mit einem Messer lebensgefährlich verletzt wurde, hat man beispielsweise nur sehr kurz berichtet. Wäre es umgekehrt gewesen, wäre sicher ein umfangreicher Artikel erschienen. Auch wenn ich mich nicht so darüber aufrege: Manchmal ist es aber schon ärgerlich.