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Die Statuen auf Rapa Nui sehen bereits ziemlich alt aus. Ein dort entdeckter Wirkstoff könnte zu einer Anti-Aging-Pille werden.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

San Antonio / London - Arian G. Richardson hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass er die Entwicklung einer Anti-Aging-Pille noch erleben würde. Der Direktor des Barshop Instituts für Langlebigkeit und Alterungsstudien in San Antonio (Texas) erforscht seit 35 Jahren Prozesse des Alterns und hat jede Menge Ansätze zur Lebensverlängerung scheitern sehen.

Doch nun hat Richardson wieder Hoffnung geschöpft. Verantwortlich dafür ist ein Bodenbakterium namens Streptomyces hygroscopicus, das ausschließlich auf der südpazifischen Osterinsel vorkommt. Aus dem bereits in den 1970er-Jahren entdeckten Bakterienstamm isolierte man einen natürlichen Wirkstoff, der unter dem Namen Rapamycin bei Transplantationen eingesetzt wird, um Organabstoßungen zu verhindern.

Rapamycin - der Name leitet sich von Rapa Nui her, dem ursprünglichen Namen der Insel - hat neben der Dämpfung des Immunsystems aber auch noch andere Fähigkeiten: Es wirkt pilztötend, wird bei Stent-Operationen eingesetzt, um die Herzkranzgefäße offen zu halten und befindet sich als Krebsmittel in Versuchsstadien.

Nun hat man aber womöglich die beste Eigenschaft von Rapamycin entdeckt: Es wirkt - zumindest bei Mäusen - signifikant lebensverlängernd, wie Forscher um Davis Harrison vom Jackson Laboratory in Bar Harbor (USA) heute im Wissenschaftsmagazin "Nature" (online-Ausgabe) berichten.

Die Tiere bekamen Rapamycin ab dem Alter von 600 Tagen verabreicht, was in etwa 60 Jahren beim Menschen entspricht. Die Männchen lebten im Durchschnitt neun, die Weibchen um 14 Prozent länger als die Kontrolltiere. Umgerechnet auf ihre Lebenserwartung ab Behandlungsbeginn entspricht das einer Verlängerung um 28 bzw. 38 Prozent. Rapamycin ist damit der erste Wirkstoff, mit dem ein solcher Erfolg erzielt wurde.

Als entscheidender Schlüsselfaktor scheint sich dabei ein Enzym namens TOR herauszustellen. Das ist der Bestandteil eines Proteinkomplexes, der unterschiedliche Signalwege von Wachstumsfaktoren, Energiehaushalt und Sauerstoffkonzentration der Zelle integriert und zudem Zellwachstum und Zellzyklus steuert.

Bekannt ist außerdem, dass TOR beim Alterungsprozess von wirbellosen Tieren eine Rolle spielen könnte. Das scheint gemäß der Studie von Harrison und Kollegen nun eben auch für Säugetiere wie uns Menschen zu gelten. Bei geringerer Kalorienzufuhr dürfte sich die TOR-Aktivität verringern, was sich bei allen möglichen Versuchstieren als lebensverlängernd herausgestellt hat. Rapamycin scheint diesen Effekt rein pharmakologisch zu produzieren.

Können wir also tatsächlich auf eine wirksame Anti-Aging-Pille hoffen? Während Alterungsexperte Richardson optimistisch ist, warnen seine US-Kollegen Matt Kaeberlein und Brian L. Kennedy vor zu großen Hoffnungen. Wie die beiden in einem Nature-Begleittext schreiben, verbietet sich die Einnahme von Rapamyzin als Anti-Aging-Pille wegen seiner immununterdrückenden Wirkung.

Doch auch die beiden schließen nicht aus, dass man Rapamycin in näherer Zukunft gegen altersbedingte Krankheiten einsetzen könnte. Und irgendwann - wenn man erst die Nebenwirkungen in den Griff kriegt - vielleicht sogar als Anti-Aging-Pille. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2009)