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"Kirche raus aus der Sexualberatung": Johanna Dohnal, hier bei der Eröffnung des "Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch" 2007 in Wien, reagiert auf Kardinal Christoph Schönborn.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

STANDARD: Ein Empfang im Wiener Rathaus für die MitarbeiterInnen des Ambulatoriums Pro:woman am Fleischmarkt anlässlich seines 30-jährigen Bestehens hat die Kirche erzürnt. Wiens Kardinal Schönborn will jetzt flankierende Maßnahmen zur Abtreibung besprechen. Sind Sie dafür?

Dohnal: Ich bitte Sie - es wird ja immer wieder versucht, von dieser Seite, die Abtreibung zu erschweren. Und es wird leider nie aufhören, weil die Bestimmung über den Körper der Frau immer eine Machtfrage ist. In Wahrheit geht es um die Fristenlösung.

STANDARD: Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat den bewussten Empfang in den Rathauskeller verlegt - angeblich wegen technischer Probleme im Stadtsenatssitzungssaal. Glauben Sie ihm das?

Dohnal: Ich habe keinen Grund zu glauben, dass es andere Motive geben könnte. Das wäre ja lächerlich, denn warum soll man Leuten, die Frauen seit 30 Jahren helfen, nicht einmal Danke sagen?

STANDARD: Häupl will nun mit Kardinal Schönborn sprechen, der einen runden Tisch verlangt hat. Halten Sie das für notwendig?

Dohnal: Ich bin sehr dafür, dass Bürgermeister Häupl mit dem Kardinal spricht. Denn ich möchte einmal wissen, was die Kirche mit "flankierenden Maßnahmen" meint. Denn sie sagt nie dazu, dass diese ja umgesetzt wurden.

STANDARD: Nämlich wie?

Dohnal: Es gibt 300 Beratungsstellen für Schwangere in ganz Österreich - einige davon auch betrieben von kirchlichen Stellen, was mich übrigens sehr stört. Die Kirche muss raus aus der Sexualberatung, weil sie die ja auch nicht macht. Zum Glück beraten in diesen Einrichtungen zumindest viele vernünftige Frauen, die mitten im Leben stehen. Zu den flankierenden Maßnahmen gehört aber auch das erhöhte Karenzgeld für Alleinerzieherinnen, das wir nach langem Ringen durchgesetzt haben. Das hat der ÖVP, beeinflusst vom konservativen Familienbild der Kirche, aber nicht gepasst. Es schmerzt mich sehr, dass meine eigene Partei hier nicht Flagge gezeigt hat und das letztlich abgeschafft wurde.

STANDARD: Was erwarten Sie von Ihrer Partei in der Frage?

Dohnal: Ich vermisse im Moment den Aufschrei vonseiten der SPÖ, und vor allem von meinen Kolleginnen. Deshalb gehe ich ihnen auch ständig auf die Nerven damit. Denn ich gehöre noch zu der Generation, wo die ständige Furcht vor ungewollten Schwangerschaften ein lebenslanges Martyrium für Frauen war. Das wird heute gerne vergessen. Meine Partei hat hier eine Verpflichtung - es geht darum, nach 35 Jahren die Fristenlösung weiterzuentwickeln - wie es etwa Landeshauptfrau Burgstaller in Salzburg macht.

STANDARD: Was heißt das konkret?

Dohnal: Abtreibung muss in allen öffentlichen Krankenhäusern in ganz Österreich möglich sein, und wir brauchen eine bundesweite Regelung für eine Bannmeile rund um Abtreibungskliniken. Es ist unerträglich, dass Patientinnen und MitarbeiterInnen ständig belästigt werden. Und zusätzlich brauchen wir das einkommensabhängige Kindergeld für Alleinerzieherinnen - zumindest länger als vorgesehen. Aber das droht ja schon wieder an der ÖVP zu scheitern.

STANDARD: Familien-Staatssekretärin Christine Marek von der ÖVP hat vor kurzem die Einführung einer Bedenkzeit für Abtreibungen vorgeschlagen. Wäre das für Sie ein Kompromiss mit der ÖVP?

Dohnal: Das ist wieder so eine Geschichte bei der Frau Marek. Was meint sie mit Bedenkzeit? In Wirklichkeit geht es der ÖVP immer ums Erschweren der Fristenlösung. Aber das getrauen sie sich nicht zu sagen, weil dann sind wir wirklich auf der Straße - die ganz Jungen und die ganz Alten. (Die Fragen stellte Petra Stuiber, DER STANDARD, Print, 2.9.2009)