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Fassadenbegrünung: Die Behörden sind dem Thema freundlich gesinnt. Aufwändig ist lediglich die regelmäßige Pflege

Collage:Friesenbichler/Fotos: APA, Newald

Leider ist die Alternative zum Garten noch nicht weit verbreitet – und das, obwohl sie nicht kostspielig ist und sich die Baubehörde durchaus wohlwollend zeigt – Von Wojciech Czaja

Vor sechs Monaten ließ Michaela Reitterer, Inhaberin des Boutiquehotels Stadthalle, die gründerzeitliche Bausubstanz ihres Betriebes thermisch sanieren. Auflage an die Professionisten: Die Fassadenbegrünung aus Efeu und wildem Wein musste unter allen Umständen erhalten bleiben. "Ich hatte zwar keine Ahnung, wie das gehen könnte, aber es hat funktioniert", erinnert sich Reitterer. Während des Umbaus wurde die gesamte Bepflanzung wie ein grünes Kleid abgenommen und provisorisch ans Baugerüst montiert. Nach dem Wiederverputzen hakten sich die Kletterpflanzen an ihrem gewohnten Ort wieder ein.

Bauphysikalische Vorteile

"Begrünte Fassaden gibt es zwar zur Genüge", sagt der Wiener Gartenkünstler Bernd Hochwartner, der gemeinsam mit seinem Partner Walter Sulser das Büro Weidlfein betreibt, "doch die meisten grünen Hausmauern sind eher dem Zufall und dem starken Willen des Efeus zu verdanken." Bewusst geplante Vertikalbegrünungen könne man dagegen an einer Hand abzählen. "Schade eigentlich, denn ein vertikaler Garten ist ein lebendiges, immerzu wachsendes Bild und hat nebenbei einige bauphysikalische Vorteile."

Grüne Fassade ist einfach angelegt

Eine grüne Fassade ist einfach angelegt. Mit 150 bis 200 Euro pro Quadratmeter inklusive Bodenvorbereitung, Rankgerüst und Bewässerungsanlage könne nach Auskunft Hochwartners bereits eine Begrünung durchgeführt werden. Bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus schlägt das grüne Kleid demnach mit rund 20.000 Euro zu Buche.

Allzu glatt darf der Putz nicht sein

Die botanische Welt steht einem offen: Der allseits bekannte Efeu, Kletterhortensien, Klettertrompeten und die Mauerkatze, besser bekannt als wilder Wein, bahnen sich ihren Weg dank kleiner Widerhaken selbstständig nach oben. Allzu glatt darf der Putz nicht sein. Größer ist die Auswahl, wenn man mit einem Gerüst aus Holzlatten oder Stahlseilen arbeitet. "Von Glyzinien über Rosen bis hin zu ganz gewöhnlichen Gräsern und Kräutern ist eigentlich alles möglich", erklärt Hochwartner. Man müsse lediglich Acht geben auf die Größe der Pflanzentröge, auf die Abstände sowie auf die Licht- und Schattenverhältnisse auf der Fassade."

Viele Leute unterschätzen den Aufwand

Etwas komplizierter ist die Pflege. "Viele Leute unterschätzen den Aufwand", meint Gerold Steinbauer vom Österreichischen Verband für Bauwerksbegrünung, "bei einer begrünten Fassade hat man es mit lebender Materie zu tun, und die braucht Pflege." Auch auf die richtige Auswahl der Pflanzen ist zu achten. Denn mit der richtigen Flora pendelt sich auch das passende Verhältnis von Schädlingen und Nützlingen ein. "Bei einer begrünten Fassade gibt es mehr Insekten. Das liegt in der Natur eines solchen Lebensraums", so Steinbauer, "ein professioneller Gartenplaner ist jedoch in der Lage, die Pflanzen so aufeinander abzustimmen, dass sich in der Tierwelt eine natürliche Balance einstellt."

Besseres Wohnraumklima

Neben den optischen Vorteilen und der Belebung des Straßenraums liegen die Vorteile einer Fassadenbegrünung vor allem im verbesserten Raumklima. "Eine grüne Fassade ist einerseits ein Schattenspender", sagt der Verbandschef, "andererseits regulieren die Pflanzen den Temperatur- und Feuchtigkeitsausgleich. Wo an Blättern Wasser verdunstet, entsteht Kälte." In der Regel könne man davon ausgehen, dass es in Räumen hinter begrünten Mauern je nach Bauweise im Sommer ein bis zwei Grad weniger Hitze hat.

Bloß, was sagt die Stadt dazu? "Es gibt in Wien viel zu wenig begrünte Fassaden", erklärt Robert Kniefacz von der Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA 19), "bis auf ein paar Schutzzonen, die strengen Vorschriften unterliegen, rennen Bauwerber, die eine Fassadenbegrünung vornehmen möchten, bei uns offene Türen ein."(Wojciech Czaja, DER STANDARD Printausgabe 21.9.2009)